Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883.

Bild:
<< vorherige Seite
Einleitung.

1. Jener Theil der Physik, welcher der älteste und
einfachste ist, und daher auch als Grundlage für das Ver-
ständniss vieler anderer Theile der Physik betrachtet
wird, beschäftigt sich mit der Untersuchung der Be-
wegung und des Gleichgewichtes der Massen. Er führt
den Namen Mechanik.

2. Die Entwickelungsgeschichte der Mechanik, deren
Kenntniss auch zum vollen Verständniss der heutigen
Form dieser Wissenschaft unerlässlich ist, liefert ein
einfaches und lehrreiches Beispiel der Processe, durch
welche die Naturwissenschaft überhaupt zu Stande
kommt.

Die instinctive unwillkürliche Kenntniss der
Naturvorgänge wird wol stets der wissenschaftlichen
willkürlichen Erkenntniss, der Erforschung der Er-
scheinungen vorausgehen. Erstere wird erworben durch
die Beziehung der Naturvorgänge zur Befriedigung
unserer Bedürfnisse. Die Erwerbung der elementarsten
Erkenntnisse fällt sogar sicherlich nicht dem Indivi-
duum allein anheim, sondern wird durch die Entwicke-
lung der Art vorbereitet.

In der That haben wir zu unterscheiden zwischen
mechanischen Erfahrungen und Wissenschaft der Mechanik
im heutigen Sinne. Mechanische Erfahrungen sind ohne
Zweifel sehr alt. Wenn wir die altägyptischen oder
assyrischen Denkmäler durchmustern, finden wir die
Abbildung von mancherlei Werkzeugen und mechanischen

Mach. 1
Einleitung.

1. Jener Theil der Physik, welcher der älteste und
einfachste ist, und daher auch als Grundlage für das Ver-
ständniss vieler anderer Theile der Physik betrachtet
wird, beschäftigt sich mit der Untersuchung der Be-
wegung und des Gleichgewichtes der Massen. Er führt
den Namen Mechanik.

2. Die Entwickelungsgeschichte der Mechanik, deren
Kenntniss auch zum vollen Verständniss der heutigen
Form dieser Wissenschaft unerlässlich ist, liefert ein
einfaches und lehrreiches Beispiel der Processe, durch
welche die Naturwissenschaft überhaupt zu Stande
kommt.

Die instinctive unwillkürliche Kenntniss der
Naturvorgänge wird wol stets der wissenschaftlichen
willkürlichen Erkenntniss, der Erforschung der Er-
scheinungen vorausgehen. Erstere wird erworben durch
die Beziehung der Naturvorgänge zur Befriedigung
unserer Bedürfnisse. Die Erwerbung der elementarsten
Erkenntnisse fällt sogar sicherlich nicht dem Indivi-
duum allein anheim, sondern wird durch die Entwicke-
lung der Art vorbereitet.

In der That haben wir zu unterscheiden zwischen
mechanischen Erfahrungen und Wissenschaft der Mechanik
im heutigen Sinne. Mechanische Erfahrungen sind ohne
Zweifel sehr alt. Wenn wir die altägyptischen oder
assyrischen Denkmäler durchmustern, finden wir die
Abbildung von mancherlei Werkzeugen und mechanischen

Mach. 1
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0013" n="[1]"/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Einleitung.</hi> </head><lb/>
        <p>1. Jener Theil der Physik, welcher der älteste und<lb/>
einfachste ist, und daher auch als Grundlage für das Ver-<lb/>
ständniss vieler anderer Theile der Physik betrachtet<lb/>
wird, beschäftigt sich mit der Untersuchung der Be-<lb/>
wegung und des Gleichgewichtes der Massen. Er führt<lb/>
den Namen Mechanik.</p><lb/>
        <p>2. Die Entwickelungsgeschichte der Mechanik, deren<lb/>
Kenntniss auch zum vollen Verständniss der heutigen<lb/>
Form dieser Wissenschaft unerlässlich ist, liefert ein<lb/>
einfaches und lehrreiches Beispiel der Processe, durch<lb/>
welche die Naturwissenschaft überhaupt zu Stande<lb/>
kommt.</p><lb/>
        <p>Die <hi rendition="#g">instinctive</hi> unwillkürliche Kenntniss der<lb/>
Naturvorgänge wird wol stets der wissenschaftlichen<lb/>
willkürlichen Erkenntniss, der <hi rendition="#g">Erforschung</hi> der Er-<lb/>
scheinungen vorausgehen. Erstere wird erworben durch<lb/>
die Beziehung der Naturvorgänge zur Befriedigung<lb/>
unserer Bedürfnisse. Die Erwerbung der elementarsten<lb/>
Erkenntnisse fällt sogar sicherlich nicht dem Indivi-<lb/>
duum allein anheim, sondern wird durch die Entwicke-<lb/>
lung der Art vorbereitet.</p><lb/>
        <p>In der That haben wir zu unterscheiden zwischen<lb/>
mechanischen Erfahrungen und Wissenschaft der Mechanik<lb/>
im heutigen Sinne. Mechanische Erfahrungen sind ohne<lb/>
Zweifel sehr alt. Wenn wir die altägyptischen oder<lb/>
assyrischen Denkmäler durchmustern, finden wir die<lb/>
Abbildung von mancherlei Werkzeugen und mechanischen<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#k">Mach.</hi> 1</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[1]/0013] Einleitung. 1. Jener Theil der Physik, welcher der älteste und einfachste ist, und daher auch als Grundlage für das Ver- ständniss vieler anderer Theile der Physik betrachtet wird, beschäftigt sich mit der Untersuchung der Be- wegung und des Gleichgewichtes der Massen. Er führt den Namen Mechanik. 2. Die Entwickelungsgeschichte der Mechanik, deren Kenntniss auch zum vollen Verständniss der heutigen Form dieser Wissenschaft unerlässlich ist, liefert ein einfaches und lehrreiches Beispiel der Processe, durch welche die Naturwissenschaft überhaupt zu Stande kommt. Die instinctive unwillkürliche Kenntniss der Naturvorgänge wird wol stets der wissenschaftlichen willkürlichen Erkenntniss, der Erforschung der Er- scheinungen vorausgehen. Erstere wird erworben durch die Beziehung der Naturvorgänge zur Befriedigung unserer Bedürfnisse. Die Erwerbung der elementarsten Erkenntnisse fällt sogar sicherlich nicht dem Indivi- duum allein anheim, sondern wird durch die Entwicke- lung der Art vorbereitet. In der That haben wir zu unterscheiden zwischen mechanischen Erfahrungen und Wissenschaft der Mechanik im heutigen Sinne. Mechanische Erfahrungen sind ohne Zweifel sehr alt. Wenn wir die altägyptischen oder assyrischen Denkmäler durchmustern, finden wir die Abbildung von mancherlei Werkzeugen und mechanischen Mach. 1

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mach_mechanik_1883
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mach_mechanik_1883/13
Zitationshilfe: Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883, S. [1]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mach_mechanik_1883/13>, abgerufen am 24.11.2024.