des Vacuums. Guericke beschreibt, mit welcher Gewalt die Luft beim Oeffnen des Hahnes eindringt.
9. Nach diesen Experimenten construirt Guericke eine besondere Luftpumpe. Eine grosse Glaskugel wird durch eine Fassung und einen grossen abnehmbaren Zapfen mit einem Hahn geschlossen. Durch diese Oeffnung können die zu untersuchenden Gegenstände in die Kugel gebracht werden. Die Kugel steht des bessern Schlusses wegen mit dem Hahn unter Wasser auf einem Dreifuss, unter dem sich die eigentliche Pumpe befindet. Später werden auch noch besondere Nebengefässe verwendet, welche mit der ausgepumpten Kugel in Verbindung ge- setzt werden.
Die Erscheinungen, die Guericke mit seinem Apparat beobachtet, sind schon sehr mannichfaltig. Das Geräusch, welches luftfreies Wasser beim Anschlagen an die Glas- wände verursacht, das heftige Eindringen der Luft und des Wassers in die Gefässe beim plötzlichen Oeffnen derselben, das Entweichen der in Flüssigkeiten absor- birten Gase beim Evacuiren, das Freigeben des Duftes, wie Guericke sich ausdrückt, fällt zunächst auf. Eine brennende Kerze verlischt beim Evacuiren, weil sie, wie Guericke vermuthet, aus der Luft ihre Nahrung be- zieht. Das Brennen ist, wie ausdrücklich bemerkt wird, keine Vernichtung, sondern eine Umwandlung der Luft.
Die Glocke tönt im Vacuum nicht. Vögel sterben im Vacuum, manche Fische schwellen daselbst an, und bersten schliesslich. Eine Traube erhält sich über ein halbes Jahr frisch.
Durch Ansetzen eines langen ins Wasser tauchenden Rohres an einen luftleeren Kolben wird ein Wasser- barometer hergestellt. Die gehobene Säule ist 19--20 Ellen hoch. Alle dem horror vacui zugeschriebenen Wirkungen werden durch den Luftdruck erklärt.
Ein wichtiger Versuch besteht in dem Abwägen eines lufterfüllten und nachher leergepumpten Recipienten. Das Gewicht der Luft variirt nach den Umständen (Temperatur und Barometerstand). Ein bestimmtes
Erstes Kapitel.
des Vacuums. Guericke beschreibt, mit welcher Gewalt die Luft beim Oeffnen des Hahnes eindringt.
9. Nach diesen Experimenten construirt Guericke eine besondere Luftpumpe. Eine grosse Glaskugel wird durch eine Fassung und einen grossen abnehmbaren Zapfen mit einem Hahn geschlossen. Durch diese Oeffnung können die zu untersuchenden Gegenstände in die Kugel gebracht werden. Die Kugel steht des bessern Schlusses wegen mit dem Hahn unter Wasser auf einem Dreifuss, unter dem sich die eigentliche Pumpe befindet. Später werden auch noch besondere Nebengefässe verwendet, welche mit der ausgepumpten Kugel in Verbindung ge- setzt werden.
Die Erscheinungen, die Guericke mit seinem Apparat beobachtet, sind schon sehr mannichfaltig. Das Geräusch, welches luftfreies Wasser beim Anschlagen an die Glas- wände verursacht, das heftige Eindringen der Luft und des Wassers in die Gefässe beim plötzlichen Oeffnen derselben, das Entweichen der in Flüssigkeiten absor- birten Gase beim Evacuiren, das Freigeben des Duftes, wie Guericke sich ausdrückt, fällt zunächst auf. Eine brennende Kerze verlischt beim Evacuiren, weil sie, wie Guericke vermuthet, aus der Luft ihre Nahrung be- zieht. Das Brennen ist, wie ausdrücklich bemerkt wird, keine Vernichtung, sondern eine Umwandlung der Luft.
Die Glocke tönt im Vacuum nicht. Vögel sterben im Vacuum, manche Fische schwellen daselbst an, und bersten schliesslich. Eine Traube erhält sich über ein halbes Jahr frisch.
Durch Ansetzen eines langen ins Wasser tauchenden Rohres an einen luftleeren Kolben wird ein Wasser- barometer hergestellt. Die gehobene Säule ist 19—20 Ellen hoch. Alle dem horror vacui zugeschriebenen Wirkungen werden durch den Luftdruck erklärt.
Ein wichtiger Versuch besteht in dem Abwägen eines lufterfüllten und nachher leergepumpten Recipienten. Das Gewicht der Luft variirt nach den Umständen (Temperatur und Barometerstand). Ein bestimmtes
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Erstes Kapitel.
des Vacuums. Guericke beschreibt, mit welcher Gewalt
die Luft beim Oeffnen des Hahnes eindringt.
9. Nach diesen Experimenten construirt Guericke
eine besondere Luftpumpe. Eine grosse Glaskugel wird
durch eine Fassung und einen grossen abnehmbaren
Zapfen mit einem Hahn geschlossen. Durch diese Oeffnung
können die zu untersuchenden Gegenstände in die Kugel
gebracht werden. Die Kugel steht des bessern Schlusses
wegen mit dem Hahn unter Wasser auf einem Dreifuss,
unter dem sich die eigentliche Pumpe befindet. Später
werden auch noch besondere Nebengefässe verwendet,
welche mit der ausgepumpten Kugel in Verbindung ge-
setzt werden.
Die Erscheinungen, die Guericke mit seinem Apparat
beobachtet, sind schon sehr mannichfaltig. Das Geräusch,
welches luftfreies Wasser beim Anschlagen an die Glas-
wände verursacht, das heftige Eindringen der Luft und
des Wassers in die Gefässe beim plötzlichen Oeffnen
derselben, das Entweichen der in Flüssigkeiten absor-
birten Gase beim Evacuiren, das Freigeben des Duftes,
wie Guericke sich ausdrückt, fällt zunächst auf. Eine
brennende Kerze verlischt beim Evacuiren, weil sie,
wie Guericke vermuthet, aus der Luft ihre Nahrung be-
zieht. Das Brennen ist, wie ausdrücklich bemerkt wird,
keine Vernichtung, sondern eine Umwandlung der Luft.
Die Glocke tönt im Vacuum nicht. Vögel sterben
im Vacuum, manche Fische schwellen daselbst an, und
bersten schliesslich. Eine Traube erhält sich über ein
halbes Jahr frisch.
Durch Ansetzen eines langen ins Wasser tauchenden
Rohres an einen luftleeren Kolben wird ein Wasser-
barometer hergestellt. Die gehobene Säule ist 19—20
Ellen hoch. Alle dem horror vacui zugeschriebenen
Wirkungen werden durch den Luftdruck erklärt.
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Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mach_mechanik_1883/124>, abgerufen am 24.11.2024.
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