Drittens. Da aber bey den Schicksalen nicht nur ganzer Länder, sondern auch einzelner Menschen, Fälle vorkommen, die zwar durch die ordentlichen Würkungen der Natur entstehen; die aber nicht ge- wöhnlich oder alltäglich, sondern selten sind; -- bey denen man eine sonderbare Absicht Gottes bemerken kann, -- und die auch am Ende, wenn sie sich auf- klären, vielfältig eine weise und gütige Regierung Gottes verrathen: so muß bey der göttlichen Regie- rung über die Welt allerdings noch etwas mehr seyn, als daß Gott nur gleich im Anfang eine solche Einrich- tung gemacht, und die Würkungen der natürlichen Dinge unter sich also geordnet habe, daß nach diesen alles biß ans Ende der Welt, der Absicht Gottes ge- mäß gehen müße.
Allein auch hier haben wir nicht nöthig zu etwas übernatürlichen unsere Zuflucht zu nehmen. Gott ist der Herr der Natur. So wie ein Künstler einerley Werkzeug zu verschiedener Entzweck gebraucht; so kann auch Gott die Dinge der Natur zu verschiedenen Ab- sichten anwenden. Oder, so wie durch die geringste Verrückung, die man an dem einen oder andern klei- nen Glied einer Maschine vornimmt, durch die nehm- liche Maschine eine ganz andere Wirkung hervorge- bracht wird; so darf auch Gott die Dinge in der Natur nur ein wenig verrücken, oder in eine andere Lage und Ordnung bringen, um dadurch etwas ganz anderes zu bewürken. Die Dinge bleiben wie sie sind; -- sie bringen noch immer ihre gewöhnliche natürliche Wür- kung hervor, aber sie werden nur in eine andere Lage gebracht und auf andere Gegenstände gelenket. Strenge Naturforscher werden hierinnen mit mir
frey-
Drittens. Da aber bey den Schickſalen nicht nur ganzer Laͤnder, ſondern auch einzelner Menſchen, Faͤlle vorkommen, die zwar durch die ordentlichen Wuͤrkungen der Natur entſtehen; die aber nicht ge- woͤhnlich oder alltaͤglich, ſondern ſelten ſind; — bey denen man eine ſonderbare Abſicht Gottes bemerken kann, — und die auch am Ende, wenn ſie ſich auf- klaͤren, vielfaͤltig eine weiſe und guͤtige Regierung Gottes verrathen: ſo muß bey der goͤttlichen Regie- rung uͤber die Welt allerdings noch etwas mehr ſeyn, als daß Gott nur gleich im Anfang eine ſolche Einrich- tung gemacht, und die Wuͤrkungen der natuͤrlichen Dinge unter ſich alſo geordnet habe, daß nach dieſen alles biß ans Ende der Welt, der Abſicht Gottes ge- maͤß gehen muͤße.
Allein auch hier haben wir nicht noͤthig zu etwas uͤbernatuͤrlichen unſere Zuflucht zu nehmen. Gott iſt der Herr der Natur. So wie ein Kuͤnſtler einerley Werkzeug zu verſchiedener Entzweck gebraucht; ſo kann auch Gott die Dinge der Natur zu verſchiedenen Ab- ſichten anwenden. Oder, ſo wie durch die geringſte Verruͤckung, die man an dem einen oder andern klei- nen Glied einer Maſchine vornimmt, durch die nehm- liche Maſchine eine ganz andere Wirkung hervorge- bracht wird; ſo darf auch Gott die Dinge in der Natur nur ein wenig verruͤcken, oder in eine andere Lage und Ordnung bringen, um dadurch etwas ganz anderes zu bewuͤrken. Die Dinge bleiben wie ſie ſind; — ſie bringen noch immer ihre gewoͤhnliche natuͤrliche Wuͤr- kung hervor, aber ſie werden nur in eine andere Lage gebracht und auf andere Gegenſtaͤnde gelenket. Strenge Naturforſcher werden hierinnen mit mir
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Drittens. Da aber bey den Schickſalen nicht
nur ganzer Laͤnder, ſondern auch einzelner Menſchen,
Faͤlle vorkommen, die zwar durch die ordentlichen
Wuͤrkungen der Natur entſtehen; die aber nicht ge-
woͤhnlich oder alltaͤglich, ſondern ſelten ſind; — bey
denen man eine ſonderbare Abſicht Gottes bemerken
kann, — und die auch am Ende, wenn ſie ſich auf-
klaͤren, vielfaͤltig eine weiſe und guͤtige Regierung
Gottes verrathen: ſo muß bey der goͤttlichen Regie-
rung uͤber die Welt allerdings noch etwas mehr ſeyn,
als daß Gott nur gleich im Anfang eine ſolche Einrich-
tung gemacht, und die Wuͤrkungen der natuͤrlichen
Dinge unter ſich alſo geordnet habe, daß nach dieſen
alles biß ans Ende der Welt, der Abſicht Gottes ge-
maͤß gehen muͤße.
Allein auch hier haben wir nicht noͤthig zu etwas
uͤbernatuͤrlichen unſere Zuflucht zu nehmen. Gott iſt
der Herr der Natur. So wie ein Kuͤnſtler einerley
Werkzeug zu verſchiedener Entzweck gebraucht; ſo kann
auch Gott die Dinge der Natur zu verſchiedenen Ab-
ſichten anwenden. Oder, ſo wie durch die geringſte
Verruͤckung, die man an dem einen oder andern klei-
nen Glied einer Maſchine vornimmt, durch die nehm-
liche Maſchine eine ganz andere Wirkung hervorge-
bracht wird; ſo darf auch Gott die Dinge in der Natur
nur ein wenig verruͤcken, oder in eine andere Lage und
Ordnung bringen, um dadurch etwas ganz anderes zu
bewuͤrken. Die Dinge bleiben wie ſie ſind; — ſie
bringen noch immer ihre gewoͤhnliche natuͤrliche Wuͤr-
kung hervor, aber ſie werden nur in eine andere Lage
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Luz, Johann Friedrich: Unterricht vom Blitz und den Blitz- oder Wetter-Ableitern. Frankfurt und Leipzig, 1784, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/luz_blitz_1784/148>, abgerufen am 16.02.2025.
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