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Lütkemann, Joachim: Harpffe Von zehen Seyten. Frankfurt/Leipzig, 1674.

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Die dritte Betrachtung.
Höchste. Wenns scheinet/ daß er der Elendste
ist/ so ist er der Glückseligste. Da entgegen/
wehe denen/ die mit ihrem Hertzen der Welt an-
hangen. Wenn sie meinen/ daß sie die Reichsten
seyn/ so sind sie die aller Armsten; Wenn sie
meinen/ daß sie in den höchsten Ehren sitzen/ so
stecken sie in der tieffsten Schande. Wenn sie
meinen/ daß sie die allerglückseligsten seyn/ so
seynd sie die aller Elendesten.

So gläube nun/ meine Seele/ daß dir viel
besser ist/ wenn du nur der Geringste bist im
Hause deß HErrn/ als wenn du der aller Vor-
nehmste unter dem Welt-Hauffen wärest. Dein
Christenthum halte viel höher/ als das aller-
grösseste Käyserthum. Laß dich nicht betriegen
durch den Schein der Welt. Freue dich/ du
gläubige Seele/ wenn du dich nur hältest zu den
Vorhöfen deß HErrn/ so muß dir nicht anders
als wohl gehen. Da findest du deine rechte Lust;
Ein Tag in Gottes Vorhöfen ist besser denn
sonst tausend. Lege bey dir selbst über/ wie groß
diese Glückseligkeit wird seyn/ wenn du nicht
nur einen Tag/ sondern die gantze unvergäng-
liche Ewigkeit über in dem inwendigsten Pal-
last deß grossen Königes wohnen wirst/ und
freue dich bey dir selbst über solche Glückselig-
keit. Daher laß auch dieses deine einige Be-

gier-

Die dritte Betrachtung.
Höchſte. Wenns ſcheinet/ daß er der Elendſte
iſt/ ſo iſt er der Glückſeligſte. Da entgegen/
wehe denen/ die mit ihrem Hertzen der Welt an-
hangen. Wenn ſie meinen/ daß ſie die Reichſten
ſeyn/ ſo ſind ſie die aller Armſten; Wenn ſie
meinen/ daß ſie in den höchſten Ehren ſitzen/ ſo
ſtecken ſie in der tieffſten Schande. Wenn ſie
meinen/ daß ſie die allerglückſeligſten ſeyn/ ſo
ſeynd ſie die aller Elendeſten.

So gläube nun/ meine Seele/ daß dir viel
beſſer iſt/ wenn du nur der Geringſte biſt im
Hauſe deß HErrn/ als wenn du der aller Vor-
nehmſte unter dem Welt-Hauffen wäreſt. Dein
Chriſtenthum halte viel höher/ als das aller-
gröſſeſte Käyſerthum. Laß dich nicht betriegen
durch den Schein der Welt. Freue dich/ du
gläubige Seele/ wenn du dich nur hälteſt zu den
Vorhöfen deß HErrn/ ſo muß dir nicht anders
als wohl gehen. Da findeſt du deine rechte Luſt;
Ein Tag in Gottes Vorhöfen iſt beſſer denn
ſonſt tauſend. Lege bey dir ſelbſt über/ wie groß
dieſe Glückſeligkeit wird ſeyn/ wenn du nicht
nur einen Tag/ ſondern die gantze unvergäng-
liche Ewigkeit über in dem inwendigſten Pal-
laſt deß groſſen Königes wohnen wirſt/ und
freue dich bey dir ſelbſt über ſolche Glückſelig-
keit. Daher laß auch dieſes deine einige Be-

gier-
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[491/0514] Die dritte Betrachtung. Höchſte. Wenns ſcheinet/ daß er der Elendſte iſt/ ſo iſt er der Glückſeligſte. Da entgegen/ wehe denen/ die mit ihrem Hertzen der Welt an- hangen. Wenn ſie meinen/ daß ſie die Reichſten ſeyn/ ſo ſind ſie die aller Armſten; Wenn ſie meinen/ daß ſie in den höchſten Ehren ſitzen/ ſo ſtecken ſie in der tieffſten Schande. Wenn ſie meinen/ daß ſie die allerglückſeligſten ſeyn/ ſo ſeynd ſie die aller Elendeſten. So gläube nun/ meine Seele/ daß dir viel beſſer iſt/ wenn du nur der Geringſte biſt im Hauſe deß HErrn/ als wenn du der aller Vor- nehmſte unter dem Welt-Hauffen wäreſt. Dein Chriſtenthum halte viel höher/ als das aller- gröſſeſte Käyſerthum. Laß dich nicht betriegen durch den Schein der Welt. Freue dich/ du gläubige Seele/ wenn du dich nur hälteſt zu den Vorhöfen deß HErrn/ ſo muß dir nicht anders als wohl gehen. Da findeſt du deine rechte Luſt; Ein Tag in Gottes Vorhöfen iſt beſſer denn ſonſt tauſend. Lege bey dir ſelbſt über/ wie groß dieſe Glückſeligkeit wird ſeyn/ wenn du nicht nur einen Tag/ ſondern die gantze unvergäng- liche Ewigkeit über in dem inwendigſten Pal- laſt deß groſſen Königes wohnen wirſt/ und freue dich bey dir ſelbſt über ſolche Glückſelig- keit. Daher laß auch dieſes deine einige Be- gier-

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Zitationshilfe: Lütkemann, Joachim: Harpffe Von zehen Seyten. Frankfurt/Leipzig, 1674, S. 491. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/luettkemann_harpffe_1674/514>, abgerufen am 22.11.2024.