Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lütkemann, Joachim: Harpffe Von zehen Seyten. Frankfurt/Leipzig, 1674.

Bild:
<< vorherige Seite

über den 84. Psalm
verzehret sich gleichsam für hefftigen Verlan-
gen/ wie auch auß dem 42. Psalm/ v. 2. zu erse-
hen/ da sie spricht: Wie der Hirsch schreyet
nach frischem Wasser/ so schreyet meine
Seele/ O Gott/ zu dir. Meine Seele dürstet
nach Gott/ nach dem lebendigen GOtt. Ach
wenn werde ich dahin kommen:
Im hohen
Lied gehet sie herum und suchet ängstiglich/ den sie
liebet; Wo ist/ spricht die Braut/ wo ist/ den
meine Seele liebet? Habt ihr nicht gesehen/
den meine Seele liebet? Ich beschwere euch
ihr Töchter Jerusalem/ findet ihr meinen
Freund/ so saget ihm/ daß ich für Liebe
kranck liege
/ Cant. 3. v. 3. c. 5, 8. Sie spricht
nicht/ wo ist Geld/ wo ist Ehr und Hoheit in
der Welt/ sondern/ wo ist/ den meine Seele
liebet? Wenn man anfänget den Geist zu schme-
cken/ so schmeckt uns kein Fleisch mehr.

Zum dritten/ wenn die Seele findet/ das sie
mit hertzlichem Verlangen sucht/ kan ja nicht
anders folgen als innigliche Freude. Mein Leib
und Seele freuen sich in dem lebendigen
GOtt.
GOttes Freundligkeit kan es nicht zu-
geben/ daß das heilige Verlangen solte unbeloh-
net bleiben/ sondern sie verwandelt das hertz-
liche Verlangen in hertzliche Erqvickung.
Alles Verlangen führet eine kleine Trau-
rigkeit mit sich/ weil die Seele noch nicht

hat

über den 84. Pſalm
verzehret ſich gleichſam für hefftigen Verlan-
gen/ wie auch auß dem 42. Pſalm/ v. 2. zu erſe-
hen/ da ſie ſpricht: Wie der Hirſch ſchreyet
nach friſchem Waſſer/ ſo ſchreyet meine
Seele/ O Gott/ zu dir. Meine Seele dürſtet
nach Gott/ nach dem lebendigen GOtt. Ach
wenn werde ich dahin kommen:
Im hohen
Lied gehet ſie herum uñ ſuchet ängſtiglich/ den ſie
liebet; Wo iſt/ ſpricht die Braut/ wo iſt/ den
meine Seele liebet? Habt ihr nicht geſehen/
den meine Seele liebet? Ich beſchwere euch
ihr Töchter Jeruſalem/ findet ihr meinen
Freund/ ſo ſaget ihm/ daß ich für Liebe
kranck liege
/ Cant. 3. v. 3. c. 5, 8. Sie ſpricht
nicht/ wo iſt Geld/ wo iſt Ehr und Hoheit in
der Welt/ ſondern/ wo iſt/ den meine Seele
liebet? Wenn man anfänget den Geiſt zu ſchme-
cken/ ſo ſchmeckt uns kein Fleiſch mehr.

Zum dritten/ wenn die Seele findet/ das ſie
mit hertzlichem Verlangen ſucht/ kan ja nicht
anders folgen als innigliche Freude. Mein Leib
und Seele freuen ſich in dem lebendigen
GOtt.
GOttes Freundligkeit kan es nicht zu-
geben/ daß das heilige Verlangen ſolte unbeloh-
net bleiben/ ſondern ſie verwandelt das hertz-
liche Verlangen in hertzliche Erqvickung.
Alles Verlangen führet eine kleine Trau-
rigkeit mit ſich/ weil die Seele noch nicht

hat
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0463" n="440"/><fw place="top" type="header">über den 84. P&#x017F;alm</fw><lb/>
verzehret &#x017F;ich gleich&#x017F;am für hefftigen Verlan-<lb/>
gen/ wie auch auß dem 42. P&#x017F;alm/ v. 2. zu er&#x017F;e-<lb/>
hen/ da &#x017F;ie &#x017F;pricht: <hi rendition="#fr">Wie der Hir&#x017F;ch &#x017F;chreyet<lb/>
nach fri&#x017F;chem Wa&#x017F;&#x017F;er/ &#x017F;o &#x017F;chreyet meine<lb/>
Seele/ O Gott/ zu dir. Meine Seele dür&#x017F;tet<lb/>
nach Gott/ nach dem lebendigen GOtt. Ach<lb/>
wenn werde ich dahin kommen:</hi> Im hohen<lb/>
Lied gehet &#x017F;ie herum uñ &#x017F;uchet äng&#x017F;tiglich/ den &#x017F;ie<lb/>
liebet; Wo i&#x017F;t/ &#x017F;pricht die Braut/ <hi rendition="#fr">wo i&#x017F;t/ den<lb/>
meine Seele liebet? Habt ihr nicht ge&#x017F;ehen/<lb/>
den meine Seele liebet? Ich be&#x017F;chwere euch<lb/>
ihr Töchter Jeru&#x017F;alem/ findet ihr meinen<lb/>
Freund/ &#x017F;o &#x017F;aget ihm/ daß ich für Liebe<lb/>
kranck liege</hi>/ <hi rendition="#aq">Cant. 3. v. 3. c.</hi> 5, 8. Sie &#x017F;pricht<lb/>
nicht/ wo i&#x017F;t Geld/ wo i&#x017F;t Ehr und Hoheit in<lb/>
der Welt/ &#x017F;ondern/ wo i&#x017F;t/ den meine Seele<lb/>
liebet? Wenn man anfänget den Gei&#x017F;t zu &#x017F;chme-<lb/>
cken/ &#x017F;o &#x017F;chmeckt uns kein Flei&#x017F;ch mehr.</p><lb/>
          <p>Zum dritten/ wenn die Seele findet/ das &#x017F;ie<lb/>
mit hertzlichem Verlangen &#x017F;ucht/ kan ja nicht<lb/>
anders folgen als innigliche Freude. <hi rendition="#fr">Mein Leib<lb/>
und Seele freuen &#x017F;ich in dem lebendigen<lb/>
GOtt.</hi> GOttes Freundligkeit kan es nicht zu-<lb/>
geben/ daß das heilige Verlangen &#x017F;olte unbeloh-<lb/>
net bleiben/ &#x017F;ondern &#x017F;ie verwandelt das hertz-<lb/>
liche Verlangen in hertzliche Erqvickung.<lb/>
Alles Verlangen führet eine kleine Trau-<lb/>
rigkeit mit &#x017F;ich/ weil die Seele noch nicht<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">hat</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[440/0463] über den 84. Pſalm verzehret ſich gleichſam für hefftigen Verlan- gen/ wie auch auß dem 42. Pſalm/ v. 2. zu erſe- hen/ da ſie ſpricht: Wie der Hirſch ſchreyet nach friſchem Waſſer/ ſo ſchreyet meine Seele/ O Gott/ zu dir. Meine Seele dürſtet nach Gott/ nach dem lebendigen GOtt. Ach wenn werde ich dahin kommen: Im hohen Lied gehet ſie herum uñ ſuchet ängſtiglich/ den ſie liebet; Wo iſt/ ſpricht die Braut/ wo iſt/ den meine Seele liebet? Habt ihr nicht geſehen/ den meine Seele liebet? Ich beſchwere euch ihr Töchter Jeruſalem/ findet ihr meinen Freund/ ſo ſaget ihm/ daß ich für Liebe kranck liege/ Cant. 3. v. 3. c. 5, 8. Sie ſpricht nicht/ wo iſt Geld/ wo iſt Ehr und Hoheit in der Welt/ ſondern/ wo iſt/ den meine Seele liebet? Wenn man anfänget den Geiſt zu ſchme- cken/ ſo ſchmeckt uns kein Fleiſch mehr. Zum dritten/ wenn die Seele findet/ das ſie mit hertzlichem Verlangen ſucht/ kan ja nicht anders folgen als innigliche Freude. Mein Leib und Seele freuen ſich in dem lebendigen GOtt. GOttes Freundligkeit kan es nicht zu- geben/ daß das heilige Verlangen ſolte unbeloh- net bleiben/ ſondern ſie verwandelt das hertz- liche Verlangen in hertzliche Erqvickung. Alles Verlangen führet eine kleine Trau- rigkeit mit ſich/ weil die Seele noch nicht hat

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Weitere Informationen:

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/luettkemann_harpffe_1674
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/luettkemann_harpffe_1674/463
Zitationshilfe: Lütkemann, Joachim: Harpffe Von zehen Seyten. Frankfurt/Leipzig, 1674, S. 440. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/luettkemann_harpffe_1674/463>, abgerufen am 22.11.2024.