Lütkemann, Joachim: Harpffe Von zehen Seyten. Frankfurt/Leipzig, 1674.Die dritte Betrachtung. ber. Aber die Außerwehlte werden durchsCreutz/ wie das Silber geläutert. Lauter frö- liche Tage machen den Menschen frech/ da er- kennet er sein Elend nicht/ liebet die Eitelkeit/ und fraget wenig nach GOtt. Im Creutz kommt er auff andere Gedancken/ siehet sein Elend/ wird der Eitelkeit feind/ suchet Ruhe und Lust in GOtt; iemehr von der Welt bey uns bleibet/ je unreiner wir seynd/ wenn aber die Welt-Liebe verzehret wird/ daß wir so weit kommen/ daß wir nichts begehren in der Welt zu seyn/ und bloß und allein mit Gott zu frieden seyn/ so seynd wir ein reines Silber. Darum thut GOtt wohl an uns/ wenn er unsere fleischliche Anschlä- ge umstösset und sie in Elend verkehret/ denn je weniger Gott zuläst/ daß unsere Seelen etwas süß schmecken/ das er nicht selbst ist/ je höber die Gnad zu achten. 2. Versucht uns GOtt im Creutz. Ohne Creutz kan man viele Tugen- den/ entweder gar nicht oder wenig üben. Wenn aber Creutz da ist/ gibt das Creutz Gelegenheit zur Gedult/ zur Sanfftmuth/ zur Demuth/ zum Glauben/ zur Hoffnung/ da kan man gute Probe ablegen/ wie wir Gott gelassen seynd/ und wie wir Gott vertrauen/ das sucht GOtt/ wie auch Moses redet in seinem 5. Buch am 8. Cap. v. 2. GOtt hat dich gedemütiget und versuchet/ das
Die dritte Betrachtung. ber. Aber die Außerwehlte werden durchsCreutz/ wie das Silber geläutert. Lauter frö- liche Tage machen den Menſchen frech/ da er- kennet er ſein Elend nicht/ liebet die Eitelkeit/ und fraget wenig nach GOtt. Im Creutz kom̃t er auff andere Gedancken/ ſiehet ſein Elend/ wird der Eitelkeit feind/ ſuchet Ruhe und Luſt in GOtt; iemehr von der Welt bey uns bleibet/ je unreiner wir ſeynd/ wenn aber die Welt-Liebe verzehret wird/ daß wir ſo weit kommen/ daß wir nichts begehren in der Welt zu ſeyn/ und bloß uñ allein mit Gott zu frieden ſeyn/ ſo ſeynd wir ein reines Silber. Darum thut GOtt wohl an uns/ wenn er unſere fleiſchliche Anſchlä- ge umſtöſſet und ſie in Elend verkehret/ denn je weniger Gott zuläſt/ daß unſere Seelen etwas ſüß ſchmecken/ das er nicht ſelbſt iſt/ je höber die Gnad zu achten. 2. Verſucht uns GOtt im Creutz. Ohne Creutz kan man viele Tugen- den/ entweder gar nicht oder wenig üben. Wenn aber Creutz da iſt/ gibt das Creutz Gelegenheit zur Gedult/ zur Sanfftmuth/ zur Demuth/ zum Glauben/ zur Hoffnung/ da kan man gute Probe ablegen/ wie wir Gott gelaſſen ſeynd/ und wie wir Gott vertrauen/ das ſucht GOtt/ wie auch Moſes redet in ſeinem 5. Buch am 8. Cap. v. 2. GOtt hat dich gedemütiget und verſuchet/ das
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0244" n="221"/><fw place="top" type="header">Die dritte Betrachtung.</fw><lb/><hi rendition="#fr">ber.</hi> Aber die Außerwehlte werden durchs<lb/> Creutz/ wie das Silber geläutert. Lauter frö-<lb/> liche Tage machen den Menſchen frech/ da er-<lb/> kennet er ſein Elend nicht/ liebet die Eitelkeit/<lb/> und fraget wenig nach GOtt. Im Creutz kom̃t<lb/> er auff andere Gedancken/ ſiehet ſein Elend/<lb/> wird der Eitelkeit feind/ ſuchet Ruhe und Luſt in<lb/> GOtt; iemehr von der Welt bey uns bleibet/ je<lb/> unreiner wir ſeynd/ wenn aber die Welt-Liebe<lb/> verzehret wird/ daß wir ſo weit kommen/ daß<lb/> wir nichts begehren in der Welt zu ſeyn/ und<lb/> bloß uñ allein mit Gott zu frieden ſeyn/ ſo ſeynd<lb/> wir ein reines Silber. Darum thut GOtt<lb/> wohl an uns/ wenn er unſere fleiſchliche Anſchlä-<lb/> ge umſtöſſet und ſie in Elend verkehret/ denn je<lb/> weniger Gott zuläſt/ daß unſere Seelen etwas<lb/> ſüß ſchmecken/ das er nicht ſelbſt iſt/ je höber die<lb/> Gnad zu achten. 2. <hi rendition="#fr">Verſucht</hi> uns GOtt im<lb/> Creutz. Ohne Creutz kan man viele Tugen-<lb/> den/ entweder gar nicht oder wenig üben. Wenn<lb/> aber Creutz da iſt/ gibt das Creutz Gelegenheit<lb/> zur Gedult/ zur Sanfftmuth/ zur Demuth/ zum<lb/> Glauben/ zur Hoffnung/ da kan man gute Probe<lb/> ablegen/ wie wir Gott gelaſſen ſeynd/ und wie<lb/> wir Gott vertrauen/ das ſucht GOtt/ wie auch<lb/> Moſes redet in ſeinem 5. Buch am 8. Cap. v. 2.<lb/><hi rendition="#fr">GOtt hat dich gedemütiget und verſuchet</hi>/<lb/> <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">das</hi></fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [221/0244]
Die dritte Betrachtung.
ber. Aber die Außerwehlte werden durchs
Creutz/ wie das Silber geläutert. Lauter frö-
liche Tage machen den Menſchen frech/ da er-
kennet er ſein Elend nicht/ liebet die Eitelkeit/
und fraget wenig nach GOtt. Im Creutz kom̃t
er auff andere Gedancken/ ſiehet ſein Elend/
wird der Eitelkeit feind/ ſuchet Ruhe und Luſt in
GOtt; iemehr von der Welt bey uns bleibet/ je
unreiner wir ſeynd/ wenn aber die Welt-Liebe
verzehret wird/ daß wir ſo weit kommen/ daß
wir nichts begehren in der Welt zu ſeyn/ und
bloß uñ allein mit Gott zu frieden ſeyn/ ſo ſeynd
wir ein reines Silber. Darum thut GOtt
wohl an uns/ wenn er unſere fleiſchliche Anſchlä-
ge umſtöſſet und ſie in Elend verkehret/ denn je
weniger Gott zuläſt/ daß unſere Seelen etwas
ſüß ſchmecken/ das er nicht ſelbſt iſt/ je höber die
Gnad zu achten. 2. Verſucht uns GOtt im
Creutz. Ohne Creutz kan man viele Tugen-
den/ entweder gar nicht oder wenig üben. Wenn
aber Creutz da iſt/ gibt das Creutz Gelegenheit
zur Gedult/ zur Sanfftmuth/ zur Demuth/ zum
Glauben/ zur Hoffnung/ da kan man gute Probe
ablegen/ wie wir Gott gelaſſen ſeynd/ und wie
wir Gott vertrauen/ das ſucht GOtt/ wie auch
Moſes redet in ſeinem 5. Buch am 8. Cap. v. 2.
GOtt hat dich gedemütiget und verſuchet/
das
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |