Lütkemann, Joachim: Harpffe Von zehen Seyten. Frankfurt/Leipzig, 1674.Die dritte Betrachtung. Gewehne dich nicht allein auff die Noth zu se- hen/ wie groß die ist/ sondern auff GOtt. Du weist/ wie kläglich die armen dürfftigen Leute den ansehen/ von welchem sie etwas bitten; Du weist wie kläglich ein Kind die Mutter ansiehet/ wann es kranck ist/ als wolt es sprechen/ ach hert- zen Mutter/ könnt ihr mir nicht helffen! Eben also/ wende auch du die Augen deiner Seelen zu GOtt in deiner Noth demütiglich und kläglich/ und wenn du für Angst deiner Seelen kaum reden kanst/ so richte doch deine Gedancken zu Gott/ und gedencke/ ach mein Gott/ wilst du mir nicht helffen! Also macht es Josaphat: Wir wissen nicht/ was wir thun sollen/ sondern unsere Augen sehen nach dir. 2. Chr. 20. v. 12. Also machte es David im 25. Psalm v. 15. 16: Meine Augen sehen stets zu dem HErrn/ wende dich zu mir/ denn ich bin einsam und elend/ die Angst meines Hertzens ist groß/ füh- re mich auß meinen Nöthen. Gedencke nicht/ daß einer Mutter Hertz mehr gerühret werde von dem kläglichen Anschauen ihres krancken Kindes/ als Gott/ so offt du zu ihm in deiner Angst und Noth deine Augen wendest. Ich merck auch endlich/ daß mein Gebet muß dringt H iij
Die dritte Betrachtung. Gewehne dich nicht allein auff die Noth zu ſe- hen/ wie groß die iſt/ ſondern auff GOtt. Du weiſt/ wie kläglich die armen dürfftigen Leute den anſehen/ von welchem ſie etwas bitten; Du weiſt wie kläglich ein Kind die Mutter anſiehet/ wann es kranck iſt/ als wolt es ſprechen/ ach hert- zen Mutter/ könnt ihr mir nicht helffen! Eben alſo/ wende auch du die Augen deiner Seelen zu GOtt in deiner Noth demütiglich und kläglich/ und wenn du für Angſt deiner Seelen kaum reden kanſt/ ſo richte doch deine Gedancken zu Gott/ und gedencke/ ach mein Gott/ wilſt du mir nicht helffen! Alſo macht es Joſaphat: Wir wiſſen nicht/ was wir thun ſollen/ ſondern unſere Augen ſehen nach dir. 2. Chr. 20. v. 12. Alſo machte es David im 25. Pſalm v. 15. 16: Meine Augen ſehen ſtets zu dem HErrn/ wende dich zu mir/ denn ich bin einſam und elend/ die Angſt meines Hertzẽs iſt groß/ füh- re mich auß meinen Nöthen. Gedencke nicht/ daß einer Mutter Hertz mehr gerühret werde von dem kläglichen Anſchauen ihres krancken Kindes/ als Gott/ ſo offt du zu ihm in deiner Angſt und Noth deine Augen wendeſt. Ich merck auch endlich/ daß mein Gebet muß dringt H iij
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Die dritte Betrachtung.
Gewehne dich nicht allein auff die Noth zu ſe-
hen/ wie groß die iſt/ ſondern auff GOtt. Du
weiſt/ wie kläglich die armen dürfftigen Leute
den anſehen/ von welchem ſie etwas bitten; Du
weiſt wie kläglich ein Kind die Mutter anſiehet/
wann es kranck iſt/ als wolt es ſprechen/ ach hert-
zen Mutter/ könnt ihr mir nicht helffen! Eben
alſo/ wende auch du die Augen deiner Seelen zu
GOtt in deiner Noth demütiglich und kläglich/
und wenn du für Angſt deiner Seelen kaum
reden kanſt/ ſo richte doch deine Gedancken zu
Gott/ und gedencke/ ach mein Gott/ wilſt du mir
nicht helffen! Alſo macht es Joſaphat: Wir
wiſſen nicht/ was wir thun ſollen/ ſondern
unſere Augen ſehen nach dir. 2. Chr. 20. v. 12.
Alſo machte es David im 25. Pſalm v. 15. 16:
Meine Augen ſehen ſtets zu dem HErrn/
wende dich zu mir/ denn ich bin einſam und
elend/ die Angſt meines Hertzẽs iſt groß/ füh-
re mich auß meinen Nöthen. Gedencke nicht/
daß einer Mutter Hertz mehr gerühret werde
von dem kläglichen Anſchauen ihres krancken
Kindes/ als Gott/ ſo offt du zu ihm in deiner Angſt
und Noth deine Augen wendeſt.
Ich merck auch endlich/ daß mein Gebet muß
ſeyn/ ein unverſchämtes Anlauffen. Wie ein
Waſſer mit Ungeſtüm von einer Höhe herab
dringt
H iij
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