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Lütkemann, Joachim: Harpffe Von zehen Seyten. Frankfurt/Leipzig, 1674.

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Die dritte Betrachtung.


so fang an zu schreyen/ aber also/ daß es die himm-
lische Ohren hören können. Du möchtest sa-
gen/ es mangelt mir offt Andacht; Ey lieber/ das
Winseln und das Verlangen deiner Seelen ist
die recht durch dringende Stimme. Es ist nicht
eben damit auß gerichtet/ daß du fühlest/ wie an-
dächtig du bist. Das elende Heulen/ das nicht
auß einem falschen Hertzen kömmt/ höret der
HErr am liebsten.

Ich mercke auch/ daß mein Gebet soll ein
sorgfältiges Suchen seyn. Man sucht GOtt
auff zweyerley Weise: Erstlich/ durch einen hei-
ligen Wandel/ wenn ich mit allem Vermögen
dahin trachte/ daß ich meinen GOtt recht ehre
und ihm diene; Denn wenn ich das thue/ so weiß
ich/ daß GOtt sich zu mir hält. Hernach suche
ich auch Gott im Creutz durchs gläubige Gebet/
wenn ich ihn um Hülff anruffe. Im Creutz
verbirget sich GOtt offt so sehr/ daß man ihn
ängstiglich suchen muß. Wir nehmen uns offt
ein Ding für/ und meinen so werden wir dem
Unglück abhelffen/ gerathen aber erst recht ins
Unglück/ eben wie David/ da er seine Zuflucht
zu den Philistern nahm. Wenn uns denn al-
so unser Rath mißlinget/ da scheints/ als hab sich
der HErr verborgen/ da muß mannigmahl die
arme Seel den 13. Psalm her winseln: Wie

lang
H ij

Die dritte Betrachtung.


ſo fang an zu ſchreyen/ aber alſo/ daß es die him̃-
liſche Ohren hören können. Du möchteſt ſa-
gen/ es mangelt mir offt Andacht; Ey lieber/ das
Winſeln und das Verlangen deiner Seelen iſt
die recht durch dringende Stimme. Es iſt nicht
eben damit auß gerichtet/ daß du fühleſt/ wie an-
dächtig du biſt. Das elende Heulen/ das nicht
auß einem falſchen Hertzen kömmt/ höret der
HErr am liebſten.

Ich mercke auch/ daß mein Gebet ſoll ein
ſorgfältiges Suchen ſeyn. Man ſucht GOtt
auff zweyerley Weiſe: Erſtlich/ durch einen hei-
ligen Wandel/ wenn ich mit allem Vermögen
dahin trachte/ daß ich meinen GOtt recht ehre
und ihm diene; Denn wenn ich das thue/ ſo weiß
ich/ daß GOtt ſich zu mir hält. Hernach ſuche
ich auch Gott im Creutz durchs gläubige Gebet/
wenn ich ihn um Hülff anruffe. Im Creutz
verbirget ſich GOtt offt ſo ſehr/ daß man ihn
ängſtiglich ſuchen muß. Wir nehmen uns offt
ein Ding für/ und meinen ſo werden wir dem
Unglück abhelffen/ gerathen aber erſt recht ins
Unglück/ eben wie David/ da er ſeine Zuflucht
zu den Philiſtern nahm. Wenn uns denn al-
ſo unſer Rath mißlinget/ da ſcheints/ als hab ſich
der HErr verborgen/ da muß mannigmahl die
arme Seel den 13. Pſalm her winſeln: Wie

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[115/0138] Die dritte Betrachtung. ſo fang an zu ſchreyen/ aber alſo/ daß es die him̃- liſche Ohren hören können. Du möchteſt ſa- gen/ es mangelt mir offt Andacht; Ey lieber/ das Winſeln und das Verlangen deiner Seelen iſt die recht durch dringende Stimme. Es iſt nicht eben damit auß gerichtet/ daß du fühleſt/ wie an- dächtig du biſt. Das elende Heulen/ das nicht auß einem falſchen Hertzen kömmt/ höret der HErr am liebſten. Ich mercke auch/ daß mein Gebet ſoll ein ſorgfältiges Suchen ſeyn. Man ſucht GOtt auff zweyerley Weiſe: Erſtlich/ durch einen hei- ligen Wandel/ wenn ich mit allem Vermögen dahin trachte/ daß ich meinen GOtt recht ehre und ihm diene; Denn wenn ich das thue/ ſo weiß ich/ daß GOtt ſich zu mir hält. Hernach ſuche ich auch Gott im Creutz durchs gläubige Gebet/ wenn ich ihn um Hülff anruffe. Im Creutz verbirget ſich GOtt offt ſo ſehr/ daß man ihn ängſtiglich ſuchen muß. Wir nehmen uns offt ein Ding für/ und meinen ſo werden wir dem Unglück abhelffen/ gerathen aber erſt recht ins Unglück/ eben wie David/ da er ſeine Zuflucht zu den Philiſtern nahm. Wenn uns denn al- ſo unſer Rath mißlinget/ da ſcheints/ als hab ſich der HErr verborgen/ da muß mannigmahl die arme Seel den 13. Pſalm her winſeln: Wie lang H ij

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Zitationshilfe: Lütkemann, Joachim: Harpffe Von zehen Seyten. Frankfurt/Leipzig, 1674, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/luettkemann_harpffe_1674/138>, abgerufen am 26.11.2024.