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Lütkemann, Joachim: Harpffe Von zehen Seyten. Frankfurt/Leipzig, 1674.

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über den 34. Psalm


ihn anruffen. Es wil David nicht angesehen
seyn/ als wäre ers allein/ den GOtt in der Noth
erhöret; Sondern er setzet sich zum Exempel/
und bezeuget in seiner eigenen Erfahrung/ daß ers
wahr befunden/ was Gott allen Gläubigen ver-
sprochen/ denn es ist eine gemeine Regel: Wel-
che ihn ansehen und anlauffen/ derer Ange-
sicht wird nicht zu schanden.
Wir auch/ wenn
wir hören und sehen/ wie Gott David und an-
dern frommen Seelen in der Noth beystehe/
sollen solches nicht anders annehmen/ als eine
Bestetigung der allgemeinen Zusage: Ruffe
mich an/ so wil ich dich erhören.
Ps. 50. v. 15.

Erwege hie zu erst/ die Beschaffenheit ei-
nes ernstlichen Gebets.
Wir hören hie von
Suchen/ von Ruffen/ von Ansehen und An-
lauffen.
Dabey merck ich/ daß ein Christlich
Gebet zu erst soll ein starck Geschrey seyn. Das
Geschrey aber/ das durch den Himmel dringt/
kommt nicht auß dem Munde/ sondern auß dem
Hertzen/ auß dem innersten Grund der Seelen/
und ist nichts anders/ als das innerliche Ver-
trauen zu GOtt. Denn Gott hat geistliche Oh-
ren/ so muß die Stimme auch geistlich seyn.
Was mir auß dem Munde gehet/ das ist nur
fleischlich/ was aber auß dem Hertzen gehet/ das
ist geistlich. Wenn du nun in der Angst bist/

so

über den 34. Pſalm


ihn anruffen. Es wil David nicht angeſehen
ſeyn/ als wäre ers allein/ den GOtt in der Noth
erhöret; Sondern er ſetzet ſich zum Exempel/
und bezeuget in ſeiner eigenẽ Erfahrung/ daß ers
wahr befunden/ was Gott allen Gläubigen ver-
ſprochen/ denn es iſt eine gemeine Regel: Wel-
che ihn anſehen und anlauffen/ derer Ange-
ſicht wird nicht zu ſchanden.
Wir auch/ wenn
wir hören und ſehen/ wie Gott David und an-
dern frommen Seelen in der Noth beyſtehe/
ſollen ſolches nicht anders annehmen/ als eine
Beſtetigung der allgemeinen Zuſage: Ruffe
mich an/ ſo wil ich dich erhören.
Pſ. 50. v. 15.

Erwege hie zu erſt/ die Beſchaffenheit ei-
nes ernſtlichen Gebets.
Wir hören hie von
Suchen/ von Ruffen/ von Anſehen und An-
lauffen.
Dabey merck ich/ daß ein Chriſtlich
Gebet zu erſt ſoll ein ſtarck Geſchrey ſeyn. Das
Geſchrey aber/ das durch den Himmel dringt/
kommt nicht auß dem Munde/ ſondern auß dem
Hertzen/ auß dem innerſten Grund der Seelen/
und iſt nichts anders/ als das innerliche Ver-
trauen zu GOtt. Denn Gott hat geiſtliche Oh-
ren/ ſo muß die Stimme auch geiſtlich ſeyn.
Was mir auß dem Munde gehet/ das iſt nur
fleiſchlich/ was aber auß dem Hertzen gehet/ das
iſt geiſtlich. Wenn du nun in der Angſt biſt/

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[114/0137] über den 34. Pſalm ihn anruffen. Es wil David nicht angeſehen ſeyn/ als wäre ers allein/ den GOtt in der Noth erhöret; Sondern er ſetzet ſich zum Exempel/ und bezeuget in ſeiner eigenẽ Erfahrung/ daß ers wahr befunden/ was Gott allen Gläubigen ver- ſprochen/ denn es iſt eine gemeine Regel: Wel- che ihn anſehen und anlauffen/ derer Ange- ſicht wird nicht zu ſchanden. Wir auch/ wenn wir hören und ſehen/ wie Gott David und an- dern frommen Seelen in der Noth beyſtehe/ ſollen ſolches nicht anders annehmen/ als eine Beſtetigung der allgemeinen Zuſage: Ruffe mich an/ ſo wil ich dich erhören. Pſ. 50. v. 15. Erwege hie zu erſt/ die Beſchaffenheit ei- nes ernſtlichen Gebets. Wir hören hie von Suchen/ von Ruffen/ von Anſehen und An- lauffen. Dabey merck ich/ daß ein Chriſtlich Gebet zu erſt ſoll ein ſtarck Geſchrey ſeyn. Das Geſchrey aber/ das durch den Himmel dringt/ kommt nicht auß dem Munde/ ſondern auß dem Hertzen/ auß dem innerſten Grund der Seelen/ und iſt nichts anders/ als das innerliche Ver- trauen zu GOtt. Denn Gott hat geiſtliche Oh- ren/ ſo muß die Stimme auch geiſtlich ſeyn. Was mir auß dem Munde gehet/ das iſt nur fleiſchlich/ was aber auß dem Hertzen gehet/ das iſt geiſtlich. Wenn du nun in der Angſt biſt/ ſo

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Zitationshilfe: Lütkemann, Joachim: Harpffe Von zehen Seyten. Frankfurt/Leipzig, 1674, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/luettkemann_harpffe_1674/137>, abgerufen am 26.11.2024.