Lütkemann, Joachim: Apostolische Auffmu[n]terung zum Lebendigen Glauben in Christo Jesu. Frankfurt (Main) u. a., 1652.daß wir sie lassen kund werden allen Menschen / daß wir also derselben nachstreben / daß bey allen Menschen offenbar werde / wie die Gelindigkeit Christi in vnser Seelen wohne. Es seynd viele / die wissen sich auffs allerfreundlichste zu stellen gegen Frembde / seynd freundlich mit den Freundlichen / vnterdessen bleibet bey jhnen noch eitel storrig Wesen gegen die Haußgenossen / derer sie gewohnet seyn / deßgleichen gegen den Geringen / denen man so balde nicht etwas zu gute hält / als den ansehnlichen Leuten / diß seynd Gebrechen. Die Christliche Lindigkeit erstrecket sich gegen jederman / er sey Freund oder Feind / reich oder arm / jung oder alt / frembd oder ein eigen Haußgenossen / denn der H. Geist will / daß wir die Billigkeit vnd Gelindigkeit in acht nehmen bey jederman / dem einen so wol als bey dem andern. Hieher ist ein grosser Vnterscheid zwischen der Politischen Weltlindigkeit / vnd der göttlichen vnd geistlichen Lindigkeit / viele stellen sich freundlich / vnd geben nach / da es zu jhren Sachen dienet / dencken aber nicht einmahl an die geistliche Gelindigkeit gegen jederman / vnd meynen das dürffen sie nicht / vielen scheinet die Freundligkeit in die Augen / daß sie es für groß ding halten / aber sie werden nicht gewahr deß heimlichen Gebrechen / daß ein solcher ansehnlicher Mensch nicht gelernet hat / allen Menschen kund zu thun die Lindigkeit. Daher ist diß eine seltzame Tugend / vnd der Natur fast vnmüglichLenitas virtus rara. / vnd zweifele ich nicht / daß viele diese Wort Pauli gehöret vnd offt gelesen haben / die doch nicht einmal daran gedacht / daß es Sünde sey / die Lindigkeit nicht lassen kund werden gegen jederman / je mehr du aber spürest / daß diß deiner Natur zu wider ist / je mehr du dich in acht nehmen sollest / vnd deine Natur angreiffen / daß sie vnter das sanffte Joch der Lindigkeit Christi gezwungen werde. Das ist es nun / das der Geist Gottes von vns haben will / daß wir die Lindigkeit mit vnserm Leben vnd im Werck beweisen daß wir sie lassen kund werden allen Menschen / daß wir also derselben nachstreben / daß bey allen Menschen offenbar werde / wie die Gelindigkeit Christi in vnser Seelen wohne. Es seynd viele / die wissen sich auffs allerfreundlichste zu stellen gegen Frembde / seynd freundlich mit den Freundlichen / vnterdessen bleibet bey jhnen noch eitel storrig Wesen gegen die Haußgenossen / derer sie gewohnet seyn / deßgleichen gegen den Geringen / denen man so balde nicht etwas zu gute hält / als den ansehnlichen Leuten / diß seynd Gebrechen. Die Christliche Lindigkeit erstrecket sich gegen jederman / er sey Freund oder Feind / reich oder arm / jung oder alt / frembd oder ein eigen Haußgenossen / denn der H. Geist will / daß wir die Billigkeit vnd Gelindigkeit in acht nehmen bey jederman / dem einen so wol als bey dem andern. Hieher ist ein grosser Vnterscheid zwischen der Politischen Weltlindigkeit / vnd der göttlichen vnd geistlichen Lindigkeit / viele stellen sich freundlich / vnd geben nach / da es zu jhren Sachen dienet / dencken aber nicht einmahl an die geistliche Gelindigkeit gegen jederman / vnd meynen das dürffen sie nicht / vielen scheinet die Freundligkeit in die Augen / daß sie es für groß ding halten / aber sie werden nicht gewahr deß heimlichen Gebrechen / daß ein solcher ansehnlicher Mensch nicht gelernet hat / allen Menschen kund zu thun die Lindigkeit. Daher ist diß eine seltzame Tugend / vnd der Natur fast vnmüglichLenitas virtus rara. / vnd zweifele ich nicht / daß viele diese Wort Pauli gehöret vnd offt gelesen haben / die doch nicht einmal daran gedacht / daß es Sünde sey / die Lindigkeit nicht lassen kund werden gegen jederman / je mehr du aber spürest / daß diß deiner Natur zu wider ist / je mehr du dich in acht nehmen sollest / vnd deine Natur angreiffen / daß sie vnter das sanffte Joch der Lindigkeit Christi gezwungen werde. 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Geist will / daß wir die Billigkeit vnd Gelindigkeit in acht nehmen bey jederman / dem einen so wol als bey dem andern.</p> <p>Hieher ist ein grosser Vnterscheid zwischen der Politischen Weltlindigkeit / vnd der göttlichen vnd geistlichen Lindigkeit / viele stellen sich freundlich / vnd geben nach / da es zu jhren Sachen dienet / dencken aber nicht einmahl an die geistliche Gelindigkeit gegen jederman / vnd meynen das dürffen sie nicht / vielen scheinet die Freundligkeit in die Augen / daß sie es für groß ding halten / aber sie werden nicht gewahr deß heimlichen Gebrechen / daß ein solcher ansehnlicher Mensch nicht gelernet hat / allen Menschen kund zu thun die Lindigkeit.</p> <p>Daher ist diß eine seltzame Tugend / vnd der Natur fast vnmüglich<note place="right">Lenitas virtus rara.</note> / vnd zweifele ich nicht / daß viele diese Wort Pauli gehöret vnd offt gelesen haben / die doch nicht einmal daran gedacht / daß es Sünde sey / die Lindigkeit nicht lassen kund werden gegen jederman / je mehr du aber spürest / daß diß deiner Natur zu wider ist / je mehr du dich in acht nehmen sollest / vnd deine Natur angreiffen / daß sie vnter das sanffte Joch der Lindigkeit Christi gezwungen werde.</p> <p>Das ist es nun / das der Geist Gottes von vns haben will / daß wir die Lindigkeit mit vnserm Leben vnd im Werck beweisen </p> </div> </body> </text> </TEI> [59/0079]
daß wir sie lassen kund werden allen Menschen / daß wir also derselben nachstreben / daß bey allen Menschen offenbar werde / wie die Gelindigkeit Christi in vnser Seelen wohne.
Es seynd viele / die wissen sich auffs allerfreundlichste zu stellen gegen Frembde / seynd freundlich mit den Freundlichen / vnterdessen bleibet bey jhnen noch eitel storrig Wesen gegen die Haußgenossen / derer sie gewohnet seyn / deßgleichen gegen den Geringen / denen man so balde nicht etwas zu gute hält / als den ansehnlichen Leuten / diß seynd Gebrechen. Die Christliche Lindigkeit erstrecket sich gegen jederman / er sey Freund oder Feind / reich oder arm / jung oder alt / frembd oder ein eigen Haußgenossen / denn der H. Geist will / daß wir die Billigkeit vnd Gelindigkeit in acht nehmen bey jederman / dem einen so wol als bey dem andern.
Hieher ist ein grosser Vnterscheid zwischen der Politischen Weltlindigkeit / vnd der göttlichen vnd geistlichen Lindigkeit / viele stellen sich freundlich / vnd geben nach / da es zu jhren Sachen dienet / dencken aber nicht einmahl an die geistliche Gelindigkeit gegen jederman / vnd meynen das dürffen sie nicht / vielen scheinet die Freundligkeit in die Augen / daß sie es für groß ding halten / aber sie werden nicht gewahr deß heimlichen Gebrechen / daß ein solcher ansehnlicher Mensch nicht gelernet hat / allen Menschen kund zu thun die Lindigkeit.
Daher ist diß eine seltzame Tugend / vnd der Natur fast vnmüglich / vnd zweifele ich nicht / daß viele diese Wort Pauli gehöret vnd offt gelesen haben / die doch nicht einmal daran gedacht / daß es Sünde sey / die Lindigkeit nicht lassen kund werden gegen jederman / je mehr du aber spürest / daß diß deiner Natur zu wider ist / je mehr du dich in acht nehmen sollest / vnd deine Natur angreiffen / daß sie vnter das sanffte Joch der Lindigkeit Christi gezwungen werde.
Lenitas virtus rara. Das ist es nun / das der Geist Gottes von vns haben will / daß wir die Lindigkeit mit vnserm Leben vnd im Werck beweisen
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Zitationshilfe: | Lütkemann, Joachim: Apostolische Auffmu[n]terung zum Lebendigen Glauben in Christo Jesu. Frankfurt (Main) u. a., 1652, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/luetkemann_auffmunterung_1652/79>, abgerufen am 22.07.2024. |