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Lütkemann, Joachim: Apostolische Auffmu[n]terung zum Lebendigen Glauben in Christo Jesu. Frankfurt (Main) u. a., 1652.

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schwach. Denn wie ein frommer Vatter / wann er einen verzweiffelten bösen Sohn hat / nicht auffhöret für jhn zu bitten / so lang er lebet / ob er schon sitzet / wie alles verlohren / denn die Liebe zwinget jhn / daß er noch jmmer wünschet vnd hoffet; also soll es auch mit allen liebhabenden Hertzen seyn.

15. Die Liebe duldet alles. Gleich wie Christus vns zu gut viel erduldet hat / also muß auch die liebhabende Seele alles erdulden / damit nur dem Nechsten möge geholffen werden. So sie auch über jhrer Einfalt betrogen wird / lässet sie sich gerne betriegen / denn sie weiß daß jhr nichts schadet / so lang sie hat den reichen GOtt vnd Vatter im Himmel / in welchem sie alles hat. Darumb wird sie nicht müde / lässt sich nicht verhindern durch der Leute Boßheit oder Vndanck. Wer nun nicht viel vmb deß Nechsten willen dulden kan oder will / der ist schwach in der Liebe.

Diß seynd die Eigenschafften der Liebe / die Paulus in diesem Register erzehlet. Wer ist aber / der also nach der Liebe lebet? es muß ein Engel / vnd nicht ein Mensch seyn. Warumb wird vns denn solches fürgeschrieben? Hie findet sich der Deckel der Boßheit bey den Weltkindern. Sage ich: man möge nach dieser Vollkommenheit die Liebe nicht erreichen / wir seyn zu schwach; so spricht ein Weltkind: So dürffen wir nicht viel darauff sehen; wir können es doch nicht erreichen. Spreche ich: es ist vonnöthen / wir sollen vnd müssen es thun / so betrübe ich das Gewissen frommer Hertzen / vnd rede nicht nach dem Evangelio. Darumb merck den vnterscheid der Kinder Gottes vnd der Welt in diesem Stück. Die Welt spricht: Solt ich das thun? das ist Thorheit. Vnd also verwirfft sie die Liebe / vnd begehret nicht nach jhr zu wandeln. Ein glaubiges Kind Gottes sehnet sich darnach / ob es schon dasselbe nicht erreichen kan / vnd wird betrübet / so es befindet / wie es in einem vnd anderem Stück wider die Liebe thue. So hat auch der Apostel hie kein Gesetz gegeben. Paulus ist nicht Moses / er treibet nicht / sondern zeiget das Wolgefallen Gottes. Welche Seele

schwach. Denn wie ein frommer Vatter / wann er einen verzweiffelten bösen Sohn hat / nicht auffhöret für jhn zu bitten / so lang er lebet / ob er schon sitzet / wie alles verlohren / denn die Liebe zwinget jhn / daß er noch jmmer wünschet vnd hoffet; also soll es auch mit allen liebhabenden Hertzen seyn.

15. Die Liebe duldet alles. Gleich wie Christus vns zu gut viel erduldet hat / also muß auch die liebhabende Seele alles erdulden / damit nur dem Nechsten möge geholffen werden. So sie auch über jhrer Einfalt betrogen wird / lässet sie sich gerne betriegen / denn sie weiß daß jhr nichts schadet / so lang sie hat den reichen GOtt vnd Vatter im Himmel / in welchem sie alles hat. Darumb wird sie nicht müde / lässt sich nicht verhindern durch der Leute Boßheit oder Vndanck. Wer nun nicht viel vmb deß Nechsten willen dulden kan oder will / der ist schwach in der Liebe.

Diß seynd die Eigenschafften der Liebe / die Paulus in diesem Register erzehlet. Wer ist aber / der also nach der Liebe lebet? es muß ein Engel / vnd nicht ein Mensch seyn. Warumb wird vns denn solches fürgeschrieben? Hie findet sich der Deckel der Boßheit bey den Weltkindern. Sage ich: man möge nach dieser Vollkommenheit die Liebe nicht erreichen / wir seyn zu schwach; so spricht ein Weltkind: So dürffen wir nicht viel darauff sehen; wir können es doch nicht erreichen. Spreche ich: es ist vonnöthen / wir sollen vnd müssen es thun / so betrübe ich das Gewissen frommer Hertzen / vnd rede nicht nach dem Evangelio. Darumb merck den vnterscheid der Kinder Gottes vnd der Welt in diesem Stück. Die Welt spricht: Solt ich das thun? das ist Thorheit. Vnd also verwirfft sie die Liebe / vnd begehret nicht nach jhr zu wandeln. Ein glaubiges Kind Gottes sehnet sich darnach / ob es schon dasselbe nicht erreichen kan / vnd wird betrübet / so es befindet / wie es in einem vnd anderem Stück wider die Liebe thue. So hat auch der Apostel hie kein Gesetz gegeben. Paulus ist nicht Moses / er treibet nicht / sondern zeiget das Wolgefallen Gottes. Welche Seele

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[412/0432] schwach. Denn wie ein frommer Vatter / wann er einen verzweiffelten bösen Sohn hat / nicht auffhöret für jhn zu bitten / so lang er lebet / ob er schon sitzet / wie alles verlohren / denn die Liebe zwinget jhn / daß er noch jmmer wünschet vnd hoffet; also soll es auch mit allen liebhabenden Hertzen seyn. 15. Die Liebe duldet alles. Gleich wie Christus vns zu gut viel erduldet hat / also muß auch die liebhabende Seele alles erdulden / damit nur dem Nechsten möge geholffen werden. So sie auch über jhrer Einfalt betrogen wird / lässet sie sich gerne betriegen / denn sie weiß daß jhr nichts schadet / so lang sie hat den reichen GOtt vnd Vatter im Himmel / in welchem sie alles hat. Darumb wird sie nicht müde / lässt sich nicht verhindern durch der Leute Boßheit oder Vndanck. Wer nun nicht viel vmb deß Nechsten willen dulden kan oder will / der ist schwach in der Liebe. Diß seynd die Eigenschafften der Liebe / die Paulus in diesem Register erzehlet. Wer ist aber / der also nach der Liebe lebet? es muß ein Engel / vnd nicht ein Mensch seyn. Warumb wird vns denn solches fürgeschrieben? Hie findet sich der Deckel der Boßheit bey den Weltkindern. Sage ich: man möge nach dieser Vollkommenheit die Liebe nicht erreichen / wir seyn zu schwach; so spricht ein Weltkind: So dürffen wir nicht viel darauff sehen; wir können es doch nicht erreichen. Spreche ich: es ist vonnöthen / wir sollen vnd müssen es thun / so betrübe ich das Gewissen frommer Hertzen / vnd rede nicht nach dem Evangelio. Darumb merck den vnterscheid der Kinder Gottes vnd der Welt in diesem Stück. Die Welt spricht: Solt ich das thun? das ist Thorheit. Vnd also verwirfft sie die Liebe / vnd begehret nicht nach jhr zu wandeln. Ein glaubiges Kind Gottes sehnet sich darnach / ob es schon dasselbe nicht erreichen kan / vnd wird betrübet / so es befindet / wie es in einem vnd anderem Stück wider die Liebe thue. So hat auch der Apostel hie kein Gesetz gegeben. Paulus ist nicht Moses / er treibet nicht / sondern zeiget das Wolgefallen Gottes. Welche Seele

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Zitationshilfe: Lütkemann, Joachim: Apostolische Auffmu[n]terung zum Lebendigen Glauben in Christo Jesu. Frankfurt (Main) u. a., 1652, S. 412. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/luetkemann_auffmunterung_1652/432>, abgerufen am 24.11.2024.