Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lütkemann, Joachim: Apostolische Auffmu[n]terung zum Lebendigen Glauben in Christo Jesu. Frankfurt (Main) u. a., 1652.

Bild:
<< vorherige Seite

Da muß Kron vnd Scepter herab / vnd sich legen vnter den Stanck deß Bettlers / vnd jhm dienen. Doch soll einem Christen solches nicht zu hart vorkommen. Vnd wann ein Käyser vnd König sich dermassen zu einem Knecht deß Bettlers durch die Liebe gemacht hat / darff er nicht gedencken / er hab den Sachen zu viel gethan; Sihe / wenn auch hundert Könige mit jhrem Vermögen einem einigen Bettler auffwarteten / vnd jhm dieneten mit allem was sie hätten / wäre es doch nur ein geringes gegen der Liebe deß Sohnes Gottes Jesu Christi. So viel fodert das Gesetz der Liebe! Da finden wir mehr zu üben / als wir jmmer vermögen. Wir gereichen nicht an das Exempel der Liebe / das wir in vnserm eigen Busen tragen / viel weniger an das über hohe Exempel Christi / der vns geliebet / vnd sich selbst für vns in den Todt gegeben hat / ob er wol war der ewige einige Sohn deß hochgelobten Gottes. Darauß sehen wir nun / was die Liebe fodere; sie ergibt sich selbst mit Leib vnd Leben / Gut / Ehr / vnd allen Kräfften / sie seyn äusserlich oder jnnerlich / zu hülff vnd nutz deß Nechsten / er sey wer er wolle / Freund oder Feind. Das vermag das Gesetz der Liebe.

Nun betrachten wir weiter / wie die Liebe sey deß Gesetzes Erfüllung.Charitas legis impletio. Vnser Text spricht: Wer den andern liebet / der hat das Gesetz erfüllet. Vnd abermal: Die Liebe ist deß Gesetzes Erfüllung. Christus stimmet mit ein / wann er Matth. am 7. spricht: Alles das jhr wollet / das euch dieMatt. 7, 12. Leute thun sollen / das thut jhr jhnen / das ist das Gesetz vnd die Propheten.

Hie ist die Frage / wie diß zu verstehen. Die durchs Gesetz gedencken für GOtt gerecht zu werden / verstehen durch die Liebe eine jnnerliche Gunst / vnd sprechen: Wir können im Werck nicht allzeit thun / was das Gesetz erfodert / wann aber nur ein guter Wille da ist / vnd die jnnerliche Gunst / so wird alles durch erfüllet. Es ist aber schon vorhin gesaget / daß die Liebe nicht allein sey eine jn-

Da muß Kron vnd Scepter herab / vnd sich legen vnter den Stanck deß Bettlers / vnd jhm dienen. Doch soll einem Christen solches nicht zu hart vorkommen. Vnd wann ein Käyser vnd König sich dermassen zu einem Knecht deß Bettlers durch die Liebe gemacht hat / darff er nicht gedencken / er hab den Sachen zu viel gethan; Sihe / wenn auch hundert Könige mit jhrem Vermögen einem einigen Bettler auffwarteten / vnd jhm dieneten mit allem was sie hätten / wäre es doch nur ein geringes gegen der Liebe deß Sohnes Gottes Jesu Christi. So viel fodert das Gesetz der Liebe! Da finden wir mehr zu üben / als wir jmmer vermögen. Wir gereichen nicht an das Exempel der Liebe / das wir in vnserm eigen Busen tragen / viel weniger an das über hohe Exempel Christi / der vns geliebet / vnd sich selbst für vns in den Todt gegeben hat / ob er wol war der ewige einige Sohn deß hochgelobten Gottes. Darauß sehen wir nun / was die Liebe fodere; sie ergibt sich selbst mit Leib vnd Leben / Gut / Ehr / vnd allen Kräfften / sie seyn äusserlich oder jnnerlich / zu hülff vñ nutz deß Nechsten / er sey wer er wolle / Freund oder Feind. Das vermag das Gesetz der Liebe.

Nun betrachten wir weiter / wie die Liebe sey deß Gesetzes Erfüllung.Charitas legis impletio. Vnser Text spricht: Wer den andern liebet / der hat das Gesetz erfüllet. Vnd abermal: Die Liebe ist deß Gesetzes Erfüllung. Christus stimmet mit ein / wann er Matth. am 7. spricht: Alles das jhr wollet / das euch dieMatt. 7, 12. Leute thun sollen / das thut jhr jhnen / das ist das Gesetz vnd die Propheten.

Hie ist die Frage / wie diß zu verstehen. Die durchs Gesetz gedencken für GOtt gerecht zu werden / verstehen durch die Liebe eine jnnerliche Gunst / vnd sprechen: Wir können im Werck nicht allzeit thun / was das Gesetz erfodert / wann aber nur ein guter Wille da ist / vnd die jnnerliche Gunst / so wird alles durch erfüllet. Es ist aber schon vorhin gesaget / daß die Liebe nicht allein sey eine jn-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0305" n="285"/>
Da muß Kron vnd Scepter herab / vnd sich legen vnter den Stanck                      deß Bettlers / vnd jhm dienen. Doch soll einem Christen solches nicht zu hart                      vorkommen. Vnd wann ein Käyser vnd König sich dermassen zu einem Knecht deß                      Bettlers durch die Liebe gemacht hat / darff er nicht gedencken / er hab den                      Sachen zu viel gethan; Sihe / wenn auch hundert Könige mit jhrem Vermögen einem                      einigen Bettler auffwarteten / vnd jhm dieneten mit allem was sie hätten / wäre                      es doch nur ein geringes gegen der Liebe deß Sohnes Gottes Jesu Christi. So viel                      fodert das Gesetz der Liebe! Da finden wir mehr zu üben / als wir jmmer                      vermögen. Wir gereichen nicht an das Exempel der Liebe / das wir in vnserm eigen                      Busen tragen / viel weniger an das über hohe Exempel Christi / der vns geliebet                      / vnd sich selbst für vns in den Todt gegeben hat / ob er wol war der ewige                      einige Sohn deß hochgelobten Gottes. Darauß sehen wir nun / was die Liebe                      fodere; sie ergibt sich selbst mit Leib vnd Leben / Gut / Ehr / vnd allen                      Kräfften / sie seyn äusserlich oder jnnerlich / zu hülff vn&#x0303; nutz                      deß Nechsten / er sey wer er wolle / Freund oder Feind. Das vermag das Gesetz                      der Liebe.</p>
        <p>Nun betrachten wir weiter / wie die Liebe sey deß Gesetzes Erfüllung.<note place="right">Charitas legis impletio.</note> Vnser Text spricht: Wer                      den andern liebet / der hat das Gesetz erfüllet. Vnd abermal: Die Liebe ist deß                      Gesetzes Erfüllung. Christus stimmet mit ein / wann er Matth. am 7. spricht:                      Alles das jhr wollet / das euch die<note place="right">Matt. 7,                          12.</note> Leute thun sollen / das thut jhr jhnen / das ist das Gesetz vnd                      die Propheten.</p>
        <p>Hie ist die Frage / wie diß zu verstehen. Die durchs Gesetz gedencken für GOtt                      gerecht zu werden / verstehen durch die Liebe eine jnnerliche Gunst / vnd                      sprechen: Wir können im Werck nicht allzeit thun / was das Gesetz erfodert /                      wann aber nur ein guter Wille da ist / vnd die jnnerliche Gunst / so wird alles                      durch erfüllet. Es ist aber schon vorhin gesaget / daß die Liebe nicht allein                      sey eine jn-
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[285/0305] Da muß Kron vnd Scepter herab / vnd sich legen vnter den Stanck deß Bettlers / vnd jhm dienen. Doch soll einem Christen solches nicht zu hart vorkommen. Vnd wann ein Käyser vnd König sich dermassen zu einem Knecht deß Bettlers durch die Liebe gemacht hat / darff er nicht gedencken / er hab den Sachen zu viel gethan; Sihe / wenn auch hundert Könige mit jhrem Vermögen einem einigen Bettler auffwarteten / vnd jhm dieneten mit allem was sie hätten / wäre es doch nur ein geringes gegen der Liebe deß Sohnes Gottes Jesu Christi. So viel fodert das Gesetz der Liebe! Da finden wir mehr zu üben / als wir jmmer vermögen. Wir gereichen nicht an das Exempel der Liebe / das wir in vnserm eigen Busen tragen / viel weniger an das über hohe Exempel Christi / der vns geliebet / vnd sich selbst für vns in den Todt gegeben hat / ob er wol war der ewige einige Sohn deß hochgelobten Gottes. Darauß sehen wir nun / was die Liebe fodere; sie ergibt sich selbst mit Leib vnd Leben / Gut / Ehr / vnd allen Kräfften / sie seyn äusserlich oder jnnerlich / zu hülff vñ nutz deß Nechsten / er sey wer er wolle / Freund oder Feind. Das vermag das Gesetz der Liebe. Nun betrachten wir weiter / wie die Liebe sey deß Gesetzes Erfüllung. Vnser Text spricht: Wer den andern liebet / der hat das Gesetz erfüllet. Vnd abermal: Die Liebe ist deß Gesetzes Erfüllung. Christus stimmet mit ein / wann er Matth. am 7. spricht: Alles das jhr wollet / das euch die Leute thun sollen / das thut jhr jhnen / das ist das Gesetz vnd die Propheten. Charitas legis impletio. Matt. 7, 12. Hie ist die Frage / wie diß zu verstehen. Die durchs Gesetz gedencken für GOtt gerecht zu werden / verstehen durch die Liebe eine jnnerliche Gunst / vnd sprechen: Wir können im Werck nicht allzeit thun / was das Gesetz erfodert / wann aber nur ein guter Wille da ist / vnd die jnnerliche Gunst / so wird alles durch erfüllet. Es ist aber schon vorhin gesaget / daß die Liebe nicht allein sey eine jn-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/luetkemann_auffmunterung_1652
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/luetkemann_auffmunterung_1652/305
Zitationshilfe: Lütkemann, Joachim: Apostolische Auffmu[n]terung zum Lebendigen Glauben in Christo Jesu. Frankfurt (Main) u. a., 1652, S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/luetkemann_auffmunterung_1652/305>, abgerufen am 22.11.2024.