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Lütkemann, Joachim: Ander Theil Apostolischer Auffmu[n]terung zum Lebendigen Glauben in Christo Jesu. Frankfurt (Main) u. a., 1652.

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Es heisst vnser GOtt nicht allein ein liebreicher GOtt / sondern die Liebe selbst. Er ist wesentlich die Liebe / vnd könte GOtt nicht GOtt seyn / wann er nicht die Liebe wäre. Daher ist er auch der Vrsprung aller Liebe / die man findet in den Creaturen. Das zeiget Christus an beym Matthaeo am 19. Cap. da ein Jüngling zu jhm kompt / vnd nennet jhn einen guten Meister; antwortet er: Wie heissestu mich gut? niemand ist gut / denn der einigeMatth. 19, 17. GOtt. Wie GOtt wesentlich gut ist / also ist alles Gut von Ihm; eben so / weil GOtt die Liebe ist wesentlich / so ist auch alle Liebe von jhm.

Daher ist offenbahr / wie wahr es sey / daß die liebhabende Seele in GOtt sey / vnd in sich habe: denn GOtt ist die Liebe / vnd alle Liebe in den Creaturen ist ein Flämmlein / angezündet von dem vnendlichen Fewr der Liebe Gottes.

Hie könte man aber gedencken: Man findet die Liebe nicht allein bey den Glaubigen / sondern auch bey den Vnglaubigen / ja auch bey den vnvernünfftigen Thieren. Seynd dann auch die Vnglaubigen in GOtt / vnd haben GOtt in jhnen / was ist denn für eine sonderbare Fürtreffligkeit / in GOtt seyn? So wisse ein Christ / daß die Liebe nicht einerley / sondern fürnemblich zweyerley sey. Erstlich eine natürliche Liebe / die GOtt in der Natur gepflantzet hat / daß Eltern jhre Kinder lieben. Zum andern / eine Christliche Liebe / wann ein Mensch die Liebe Gottes in Christo Jesu erkennet / vnd dadurch angezündet wird / GOtt wieder zu lieben / vnd vmb Gottes willen alle Menschen. Solche Liebe wird vns nicht durchs Fleisch angeboren / sondern kompt auß der newen Geburt. So bleibts nun wol wahr / wo Liebe ist / da findet sich GOtt / doch mit Vnterscheid. Wo natürliche Liebe ist / da lässt sich GOtt mercken / als ein Schöpffer vnd Erhalter der Natur. Wo Christliche Liebe ist / da lässt sich GOtt mercken in seiner Gnadengegenwart / vnd wissen / daß wir in GOtt / als in vnserm Himmel seynd / vnd haben GOtt in vns / als vnser ewiges Leben vnd Seligkeit.

Es heisst vnser GOtt nicht allein ein liebreicher GOtt / sondern die Liebe selbst. Er ist wesentlich die Liebe / vnd könte GOtt nicht GOtt seyn / wann er nicht die Liebe wäre. Daher ist er auch der Vrsprung aller Liebe / die man findet in den Creaturen. Das zeiget Christus an beym Matthaeo am 19. Cap. da ein Jüngling zu jhm kompt / vnd nennet jhn einen guten Meister; antwortet er: Wie heissestu mich gut? niemand ist gut / denn der einigeMatth. 19, 17. GOtt. Wie GOtt wesentlich gut ist / also ist alles Gut von Ihm; eben so / weil GOtt die Liebe ist wesentlich / so ist auch alle Liebe von jhm.

Daher ist offenbahr / wie wahr es sey / daß die liebhabende Seele in GOtt sey / vnd in sich habe: denn GOtt ist die Liebe / vnd alle Liebe in den Creaturen ist ein Flämmlein / angezündet von dem vnendlichen Fewr der Liebe Gottes.

Hie könte man aber gedencken: Man findet die Liebe nicht allein bey den Glaubigen / sondern auch bey den Vnglaubigen / ja auch bey den vnvernünfftigen Thieren. Seynd dann auch die Vnglaubigen in GOtt / vnd haben GOtt in jhnen / was ist denn für eine sonderbare Fürtreffligkeit / in GOtt seyn? So wisse ein Christ / daß die Liebe nicht einerley / sondern fürnemblich zweyerley sey. Erstlich eine natürliche Liebe / die GOtt in der Natur gepflantzet hat / daß Eltern jhre Kinder lieben. Zum andern / eine Christliche Liebe / wann ein Mensch die Liebe Gottes in Christo Jesu erkennet / vnd dadurch angezündet wird / GOtt wieder zu lieben / vnd vmb Gottes willen alle Menschen. Solche Liebe wird vns nicht durchs Fleisch angeboren / sondern kompt auß der newen Geburt. So bleibts nun wol wahr / wo Liebe ist / da findet sich GOtt / doch mit Vnterscheid. Wo natürliche Liebe ist / da lässt sich GOtt mercken / als ein Schöpffer vnd Erhalter der Natur. Wo Christliche Liebe ist / da lässt sich GOtt mercken in seiner Gnadengegenwart / vnd wissen / daß wir in GOtt / als in vnserm Himmel seynd / vnd haben GOtt in vns / als vnser ewiges Leben vnd Seligkeit.

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[29/0045] Es heisst vnser GOtt nicht allein ein liebreicher GOtt / sondern die Liebe selbst. Er ist wesentlich die Liebe / vnd könte GOtt nicht GOtt seyn / wann er nicht die Liebe wäre. Daher ist er auch der Vrsprung aller Liebe / die man findet in den Creaturen. Das zeiget Christus an beym Matthaeo am 19. Cap. da ein Jüngling zu jhm kompt / vnd nennet jhn einen guten Meister; antwortet er: Wie heissestu mich gut? niemand ist gut / denn der einige GOtt. Wie GOtt wesentlich gut ist / also ist alles Gut von Ihm; eben so / weil GOtt die Liebe ist wesentlich / so ist auch alle Liebe von jhm. Matth. 19, 17. Daher ist offenbahr / wie wahr es sey / daß die liebhabende Seele in GOtt sey / vnd in sich habe: denn GOtt ist die Liebe / vnd alle Liebe in den Creaturen ist ein Flämmlein / angezündet von dem vnendlichen Fewr der Liebe Gottes. Hie könte man aber gedencken: Man findet die Liebe nicht allein bey den Glaubigen / sondern auch bey den Vnglaubigen / ja auch bey den vnvernünfftigen Thieren. Seynd dann auch die Vnglaubigen in GOtt / vnd haben GOtt in jhnen / was ist denn für eine sonderbare Fürtreffligkeit / in GOtt seyn? So wisse ein Christ / daß die Liebe nicht einerley / sondern fürnemblich zweyerley sey. Erstlich eine natürliche Liebe / die GOtt in der Natur gepflantzet hat / daß Eltern jhre Kinder lieben. Zum andern / eine Christliche Liebe / wann ein Mensch die Liebe Gottes in Christo Jesu erkennet / vnd dadurch angezündet wird / GOtt wieder zu lieben / vnd vmb Gottes willen alle Menschen. Solche Liebe wird vns nicht durchs Fleisch angeboren / sondern kompt auß der newen Geburt. So bleibts nun wol wahr / wo Liebe ist / da findet sich GOtt / doch mit Vnterscheid. Wo natürliche Liebe ist / da lässt sich GOtt mercken / als ein Schöpffer vnd Erhalter der Natur. Wo Christliche Liebe ist / da lässt sich GOtt mercken in seiner Gnadengegenwart / vnd wissen / daß wir in GOtt / als in vnserm Himmel seynd / vnd haben GOtt in vns / als vnser ewiges Leben vnd Seligkeit.

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Zitationshilfe: Lütkemann, Joachim: Ander Theil Apostolischer Auffmu[n]terung zum Lebendigen Glauben in Christo Jesu. Frankfurt (Main) u. a., 1652, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/luetkemann_auffmunterung2_1652/45>, abgerufen am 19.04.2024.