Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lütkemann, Joachim: Ander Theil Apostolischer Auffmu[n]terung zum Lebendigen Glauben in Christo Jesu. Frankfurt (Main) u. a., 1652.

Bild:
<< vorherige Seite
Utriusque differentia.

Den alten Bund heisset Paulus den Buchstab / den newen heisset er den Geist. Der Buchstab heisset hie alles / das also entweder geschrieben oder gelehret wird / daß es nur bleibe ein Wort / vnd nicht ins Hertz geschrieben / vnd lebendig gemacht Deut. 6, 9.wird. Ein solch Wort ist das Gesetz / das ward zwar in steinerne Taffeln gebildet / vnd auff die Pfoste deß Hauses nachgeschrieben; aber das Hertz konte es nicht bekehren vnd fromm machen: so wenig ein Buch oder Stein / darinnen die Zehen Gebott geschrieben stehen / dieselbige erfüllen können / so wenig wirds auch in den steinern Hertzen deß Menschen erfüllet. Darumb geschahe es zum Fürbilde / daß GOtt das Gesetz auff steinerne Taffeln geschrieben. Das Gesetz zeiget zwar / was man thun soll / gibt aber keine Kräffte dazu / daß wirs thun: Es rühret zwar vnd über zeuget das Gewissen / vnd treibet vns / daß wir anfangen etwas zu versuchen im äusserlichen Gehorsam; aber damit ist das Gesetz noch lang nicht erfüllet: Es erfordert den Geist / vnd ist doch bey dem natürlichen Menschen kein Geist / weil er gantz fleischlich ist. Hingegen ist das Evangelium von Christo ein Ampt deß Geistes / denn es bringet mit den Geist / der den Menschen gantz new machet vnd vmbkehret. Da wird nicht allein das Wort gepredigt / sondern der Heilige Geist wircket auch durchs Wort im Hertzen / vnd ernewert es.

Es macht Paulus auch diesen Vnterscheid vnter dem Gesetz vnd Evangelium: das Gesetz nennet er ein Ampt deß Todtes / das Evangelium ein Ampt deß Lebens / denn der Buchstabe tödtet / aber der Geist macht lebendig. Das Gesetz wircket den Todt allwege / es werde recht verstanden / oder nicht. Verstehet man das Gesetz nicht recht / so meynet man mit den Phariseern / wir seyn gar heilig / wann wir nur äusserlich vns wol gehalten / vnd seyn schon im Himmel; vnd dadurch wircket das Gesetz recht den Todt: Verstehet mans aber recht / wie es geistlich ist / vnd eine geistliche Heiligkeit deß Hertzens von vns fodere / so tödtet

Utriusque differentia.

Den alten Bund heisset Paulus den Buchstab / den newen heisset er den Geist. Der Buchstab heisset hie alles / das also entweder geschrieben oder gelehret wird / daß es nur bleibe ein Wort / vnd nicht ins Hertz geschrieben / vnd lebendig gemacht Deut. 6, 9.wird. Ein solch Wort ist das Gesetz / das ward zwar in steinerne Taffeln gebildet / vnd auff die Pfoste deß Hauses nachgeschrieben; aber das Hertz konte es nicht bekehren vnd fromm machen: so wenig ein Buch oder Stein / darinnen die Zehen Gebott geschrieben stehen / dieselbige erfüllen können / so wenig wirds auch in den steinern Hertzen deß Menschen erfüllet. Darumb geschahe es zum Fürbilde / daß GOtt das Gesetz auff steinerne Taffeln geschrieben. Das Gesetz zeiget zwar / was man thun soll / gibt aber keine Kräffte dazu / daß wirs thun: Es rühret zwar vnd über zeuget das Gewissen / vnd treibet vns / daß wir anfangen etwas zu versuchen im äusserlichen Gehorsam; aber damit ist das Gesetz noch lang nicht erfüllet: Es erfordert den Geist / vnd ist doch bey dem natürlichen Menschen kein Geist / weil er gantz fleischlich ist. Hingegen ist das Evangelium von Christo ein Ampt deß Geistes / denn es bringet mit den Geist / der den Menschen gantz new machet vnd vmbkehret. Da wird nicht allein das Wort gepredigt / sondern der Heilige Geist wircket auch durchs Wort im Hertzen / vnd ernewert es.

Es macht Paulus auch diesen Vnterscheid vnter dem Gesetz vnd Evangelium: das Gesetz nennet er ein Ampt deß Todtes / das Evangelium ein Ampt deß Lebens / denn der Buchstabe tödtet / aber der Geist macht lebendig. Das Gesetz wircket den Todt allwege / es werde recht verstanden / oder nicht. Verstehet man das Gesetz nicht recht / so meynet man mit den Phariseern / wir seyn gar heilig / wann wir nur äusserlich vns wol gehalten / vnd seyn schon im Himmel; vnd dadurch wircket das Gesetz recht den Todt: Verstehet mans aber recht / wie es geistlich ist / vnd eine geistliche Heiligkeit deß Hertzens von vns fodere / so tödtet

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <pb facs="#f0262" n="246"/>
        <note place="left">Utriusque differentia.</note>
        <p>Den alten Bund heisset Paulus den Buchstab / den newen heisset er den Geist. Der                      Buchstab heisset hie alles / das also entweder geschrieben oder gelehret wird /                      daß es nur bleibe ein Wort / vnd nicht ins Hertz geschrieben / vnd lebendig                      gemacht <note place="left">Deut. 6, 9.</note>wird. Ein solch Wort ist das                      Gesetz / das ward zwar in steinerne Taffeln gebildet / vnd auff die Pfoste deß                      Hauses nachgeschrieben; aber das Hertz konte es nicht bekehren vnd fromm machen:                      so wenig ein Buch oder Stein / darinnen die Zehen Gebott geschrieben stehen /                      dieselbige erfüllen können / so wenig wirds auch in den steinern Hertzen deß                      Menschen erfüllet. Darumb geschahe es zum Fürbilde / daß GOtt das Gesetz auff                      steinerne Taffeln geschrieben. Das Gesetz zeiget zwar / was man thun soll / gibt                      aber keine Kräffte dazu / daß wirs thun: Es rühret zwar vnd über zeuget das                      Gewissen / vnd treibet vns / daß wir anfangen etwas zu versuchen im äusserlichen                      Gehorsam; aber damit ist das Gesetz noch lang nicht erfüllet: Es erfordert den                      Geist / vnd ist doch bey dem natürlichen Menschen kein Geist / weil er gantz                      fleischlich ist. Hingegen ist das Evangelium von Christo ein Ampt deß Geistes /                      denn es bringet mit den Geist / der den Menschen gantz new machet vnd vmbkehret.                      Da wird nicht allein das Wort gepredigt / sondern der Heilige Geist wircket auch                      durchs Wort im Hertzen / vnd ernewert es.</p>
        <p>Es macht Paulus auch diesen Vnterscheid vnter dem Gesetz vnd Evangelium: das                      Gesetz nennet er ein Ampt deß Todtes / das Evangelium ein Ampt deß Lebens / denn                      der Buchstabe tödtet / aber der Geist macht lebendig. Das Gesetz wircket den                      Todt allwege / es werde recht verstanden / oder nicht. Verstehet man das Gesetz                      nicht recht / so meynet man mit den Phariseern / wir seyn gar heilig / wann wir                      nur äusserlich vns wol gehalten / vnd seyn schon im Himmel; vnd dadurch wircket                      das Gesetz recht den Todt: Verstehet mans aber recht / wie es geistlich ist /                      vnd eine geistliche Heiligkeit deß Hertzens von vns fodere / so tödtet
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[246/0262] Den alten Bund heisset Paulus den Buchstab / den newen heisset er den Geist. Der Buchstab heisset hie alles / das also entweder geschrieben oder gelehret wird / daß es nur bleibe ein Wort / vnd nicht ins Hertz geschrieben / vnd lebendig gemacht wird. Ein solch Wort ist das Gesetz / das ward zwar in steinerne Taffeln gebildet / vnd auff die Pfoste deß Hauses nachgeschrieben; aber das Hertz konte es nicht bekehren vnd fromm machen: so wenig ein Buch oder Stein / darinnen die Zehen Gebott geschrieben stehen / dieselbige erfüllen können / so wenig wirds auch in den steinern Hertzen deß Menschen erfüllet. Darumb geschahe es zum Fürbilde / daß GOtt das Gesetz auff steinerne Taffeln geschrieben. Das Gesetz zeiget zwar / was man thun soll / gibt aber keine Kräffte dazu / daß wirs thun: Es rühret zwar vnd über zeuget das Gewissen / vnd treibet vns / daß wir anfangen etwas zu versuchen im äusserlichen Gehorsam; aber damit ist das Gesetz noch lang nicht erfüllet: Es erfordert den Geist / vnd ist doch bey dem natürlichen Menschen kein Geist / weil er gantz fleischlich ist. Hingegen ist das Evangelium von Christo ein Ampt deß Geistes / denn es bringet mit den Geist / der den Menschen gantz new machet vnd vmbkehret. Da wird nicht allein das Wort gepredigt / sondern der Heilige Geist wircket auch durchs Wort im Hertzen / vnd ernewert es. Deut. 6, 9. Es macht Paulus auch diesen Vnterscheid vnter dem Gesetz vnd Evangelium: das Gesetz nennet er ein Ampt deß Todtes / das Evangelium ein Ampt deß Lebens / denn der Buchstabe tödtet / aber der Geist macht lebendig. Das Gesetz wircket den Todt allwege / es werde recht verstanden / oder nicht. Verstehet man das Gesetz nicht recht / so meynet man mit den Phariseern / wir seyn gar heilig / wann wir nur äusserlich vns wol gehalten / vnd seyn schon im Himmel; vnd dadurch wircket das Gesetz recht den Todt: Verstehet mans aber recht / wie es geistlich ist / vnd eine geistliche Heiligkeit deß Hertzens von vns fodere / so tödtet

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/luetkemann_auffmunterung2_1652
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/luetkemann_auffmunterung2_1652/262
Zitationshilfe: Lütkemann, Joachim: Ander Theil Apostolischer Auffmu[n]terung zum Lebendigen Glauben in Christo Jesu. Frankfurt (Main) u. a., 1652, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/luetkemann_auffmunterung2_1652/262>, abgerufen am 03.05.2024.