Herzhöhlen; auf einem zur Län- genachse des Herzens senkrech- ten Querschnitt erscheint nem- lich die rechte um die linke herum gekrümmt. Die auf der der rechten Herzhöhle zugewen- deten Scheidewandfläche verlau- fenden Fasern verhalten sich aber zum linken Herzen wie diejenigen, welche auf der Herz- oberfläche verlaufen.
Ein System so verwickelter Mus- kelröhren, wie das beschriebene, wird bei seiner Zusammenziehung je nach der Vertheilung seiner Mas- se, der relativen Verkürzung ein- zelner Theile u. s. w., die man- nigfachsten Erscheinungen bieten, die sich bis in ihre Einzelheiten in keinem Falle werden voraussagen las- sen, theils weil die Verflechtung der Fasern zu complizirt, theils auch noch zu wenig bekannt ist, um sie mittelst der mechanischen Theorie zu be- handeln. Wir sind darum auf die Beobachtung des lebenden Herzens angewiesen, wenn wir erfahren wollen, wie es sich, während es im Kreis- lauf thätig ist, bewegt. Die Beobachtung dieser Bewegung wird aber, weil die Untersuchung rein im technischen Interesse unternommen wird, nur dann werthvoll sein, wenn sie unter den mittleren Bedingungen des normalen Lebens angestellt ist. Dahin zählen wir aber: einen unge- störten Kreislauf des Bluts, eine ungeschwächte Muskelkraft und eine der Norm möglichst angenäherte Lage.
Die Erscheinungen, die das bewegte Herz für sich, abgesehen von der Veränderung seiner Gesammtlage, bietet, sind: a. die Herzkammer übt bei ihrer Zusammenziehung auf ihren Inhalt überall, ausgenommen von der arteriellen Mündung her, einen Druck aus. Die Möglichkeit, dass das zusammengezogene Herz auch von seiner venösen Mündung her gegen den Inhalt drückt, ist durch die Papillarmuskeln und deren Anheftung an die venösen Klappen gegeben. Denn da der Papillarmus- kel frei in die Herzhöhle ragt, so wird er bei seiner Verkürzung sich gegen die Wand zurückziehen und somit einen Zug von innen und oben nach aussen und unten gegen die Klappen üben. Da aber jede Klappe zwei Papillarmuskeln besitzt, welche einander gegenüberstehen, so wird der aus beiden Zügen resultirende Weg der Klappe gerade gegen die Mitte der Herzhöhle fallen. Wenn z. B. in Fig. 36. A A einen freien Klap- penrand der linken venösen Herzmündung darstellt, so werden sich die
Zusammenziehung der Ventrikularmuskeln.
[Abbildung]
Fig. 35.
Herzhöhlen; auf einem zur Län- genachse des Herzens senkrech- ten Querschnitt erscheint nem- lich die rechte um die linke herum gekrümmt. Die auf der der rechten Herzhöhle zugewen- deten Scheidewandfläche verlau- fenden Fasern verhalten sich aber zum linken Herzen wie diejenigen, welche auf der Herz- oberfläche verlaufen.
Ein System so verwickelter Mus- kelröhren, wie das beschriebene, wird bei seiner Zusammenziehung je nach der Vertheilung seiner Mas- se, der relativen Verkürzung ein- zelner Theile u. s. w., die man- nigfachsten Erscheinungen bieten, die sich bis in ihre Einzelheiten in keinem Falle werden voraussagen las- sen, theils weil die Verflechtung der Fasern zu complizirt, theils auch noch zu wenig bekannt ist, um sie mittelst der mechanischen Theorie zu be- handeln. Wir sind darum auf die Beobachtung des lebenden Herzens angewiesen, wenn wir erfahren wollen, wie es sich, während es im Kreis- lauf thätig ist, bewegt. Die Beobachtung dieser Bewegung wird aber, weil die Untersuchung rein im technischen Interesse unternommen wird, nur dann werthvoll sein, wenn sie unter den mittleren Bedingungen des normalen Lebens angestellt ist. Dahin zählen wir aber: einen unge- störten Kreislauf des Bluts, eine ungeschwächte Muskelkraft und eine der Norm möglichst angenäherte Lage.
Die Erscheinungen, die das bewegte Herz für sich, abgesehen von der Veränderung seiner Gesammtlage, bietet, sind: a. die Herzkammer übt bei ihrer Zusammenziehung auf ihren Inhalt überall, ausgenommen von der arteriellen Mündung her, einen Druck aus. Die Möglichkeit, dass das zusammengezogene Herz auch von seiner venösen Mündung her gegen den Inhalt drückt, ist durch die Papillarmuskeln und deren Anheftung an die venösen Klappen gegeben. Denn da der Papillarmus- kel frei in die Herzhöhle ragt, so wird er bei seiner Verkürzung sich gegen die Wand zurückziehen und somit einen Zug von innen und oben nach aussen und unten gegen die Klappen üben. Da aber jede Klappe zwei Papillarmuskeln besitzt, welche einander gegenüberstehen, so wird der aus beiden Zügen resultirende Weg der Klappe gerade gegen die Mitte der Herzhöhle fallen. Wenn z. B. in Fig. 36. A A einen freien Klap- penrand der linken venösen Herzmündung darstellt, so werden sich die
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[60/0076]
Zusammenziehung der Ventrikularmuskeln.
[Abbildung Fig. 35.]
Herzhöhlen; auf einem zur Län-
genachse des Herzens senkrech-
ten Querschnitt erscheint nem-
lich die rechte um die linke
herum gekrümmt. Die auf der
der rechten Herzhöhle zugewen-
deten Scheidewandfläche verlau-
fenden Fasern verhalten sich
aber zum linken Herzen wie
diejenigen, welche auf der Herz-
oberfläche verlaufen.
Ein System so verwickelter Mus-
kelröhren, wie das beschriebene,
wird bei seiner Zusammenziehung
je nach der Vertheilung seiner Mas-
se, der relativen Verkürzung ein-
zelner Theile u. s. w., die man-
nigfachsten Erscheinungen bieten,
die sich bis in ihre Einzelheiten in keinem Falle werden voraussagen las-
sen, theils weil die Verflechtung der Fasern zu complizirt, theils auch noch
zu wenig bekannt ist, um sie mittelst der mechanischen Theorie zu be-
handeln. Wir sind darum auf die Beobachtung des lebenden Herzens
angewiesen, wenn wir erfahren wollen, wie es sich, während es im Kreis-
lauf thätig ist, bewegt. Die Beobachtung dieser Bewegung wird aber,
weil die Untersuchung rein im technischen Interesse unternommen wird,
nur dann werthvoll sein, wenn sie unter den mittleren Bedingungen des
normalen Lebens angestellt ist. Dahin zählen wir aber: einen unge-
störten Kreislauf des Bluts, eine ungeschwächte Muskelkraft und eine
der Norm möglichst angenäherte Lage.
Die Erscheinungen, die das bewegte Herz für sich, abgesehen von
der Veränderung seiner Gesammtlage, bietet, sind: a. die Herzkammer
übt bei ihrer Zusammenziehung auf ihren Inhalt überall, ausgenommen
von der arteriellen Mündung her, einen Druck aus. Die Möglichkeit,
dass das zusammengezogene Herz auch von seiner venösen Mündung
her gegen den Inhalt drückt, ist durch die Papillarmuskeln und deren
Anheftung an die venösen Klappen gegeben. Denn da der Papillarmus-
kel frei in die Herzhöhle ragt, so wird er bei seiner Verkürzung sich
gegen die Wand zurückziehen und somit einen Zug von innen und oben
nach aussen und unten gegen die Klappen üben. Da aber jede Klappe
zwei Papillarmuskeln besitzt, welche einander gegenüberstehen, so wird
der aus beiden Zügen resultirende Weg der Klappe gerade gegen die
Mitte der Herzhöhle fallen. Wenn z. B. in Fig. 36. A A einen freien Klap-
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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856/76>, abgerufen am 24.11.2024.
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