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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856.

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Anordnung und Wirkung der Muskelröhren des Herzens.
alles Druckes, gefüllt wurden, so ergab sich doch constant ein Ueber-
gewicht des rechten Inhaltes über den linken. -- Dagegen muss der
Theil des Inhalts, welcher während des Lebens in das Gefässsystem
strömt, für beide Ventrikel derselben sein; denn es entleert sich ja mit
mancherlei Umwegen schliesslich der eine Ventrikel in den andern, und
somit würde eine Anhäufung des Bluts rechts oder links geschehen,
wenn nicht fortwährend aus beiden Höhlen gleichviel ausgestossen
würde. --

2. Anordnung und Wirkung der Muskelröhren *). Die
Vorhöfe werden bekanntlich von einer dünnen, nicht überall vollstän-
digen Lage von Muskelmasse umzogen, die an keinem Orte in die Mus-
keln der Kammern übergeht (Donders); an einzelnen Stellen läuft die
Faserung annähernd parallel, an andern senkrecht mit der Längenachse
des Herzens, nur an wenigen Orten kommen gleichzeitig Fasern von
beiden Richtungen vor. Die Fasern beider Vorhöfe gehen an der vor-
dern Fläche ineinander über. An den Venenmündungen finden sich Ring-
fasern. Nach allen diesen müssen bei der Muskelverkürzung die Vor-
höfe zusammengezogen werden; die Höhle eines jeden einzelnen Vor-
hofs kann nicht überall in zwei aufeinander senkrechten Ebenen veren-
gert werden; der Durchmesser der Venenmündungen wird verkleinert,
derjenige der arteriellen (ostia atrioventricularia) bleibt dagegen unverändert.

Die Kammern. a. Ihre Fasern gehen nur in Sehnen über, ent-
weder geradezu in dem fibrösen Kranze, welcher die an der Kammer-
basis gelegenen Oeffnungen umgiebt, oder in solche, welche in diesem
Kranze ein Ende nehmen. Zwischen diesem Anfang und Ende umspan-

[Abbildung] Fig. 32.
nen sie jedesmal eine, öfter auch zwei Kam-
mern, sie bilden also Schleifen, die, wie
die freilich unvollkommene Herzpräparation
wahrscheinlich macht, häufig sogar in sich
zurücklaufen, indem Ursprung und Ende
einer Faser an demselben Ort zu liegen
scheinen. -- b. Für sehr viele Fasern ist
es sehr wahrscheinlich, dass sie nicht bloss
mit einfacher, sondern mit doppelter Schlinge
den Herzkegel umschliessen, indem sie einen
8 förmigen Umgang machen (Siehe Fig. 32.
a b c d). Die von links nach rechts gehen-
den Richtungen dieser Fasern liegen im
Allgemeinen näher gegen die äussere Herz-
oberfläche, die umgekehrt laufenden aber

*) C. Ludwig, Henle u. Pfeuffers Zeitschrift. VII. 189. -- Donders in seiner und Bauduin's
Handleiding tot de Natuurkunde von den gezonden Mensch. Deel II. Utrecht 1853. p. 14. u. f. --
Kölliker, mikroskopische Anatomie. II. Bd. 483.

Anordnung und Wirkung der Muskelröhren des Herzens.
alles Druckes, gefüllt wurden, so ergab sich doch constant ein Ueber-
gewicht des rechten Inhaltes über den linken. — Dagegen muss der
Theil des Inhalts, welcher während des Lebens in das Gefässsystem
strömt, für beide Ventrikel derselben sein; denn es entleert sich ja mit
mancherlei Umwegen schliesslich der eine Ventrikel in den andern, und
somit würde eine Anhäufung des Bluts rechts oder links geschehen,
wenn nicht fortwährend aus beiden Höhlen gleichviel ausgestossen
würde. —

2. Anordnung und Wirkung der Muskelröhren *). Die
Vorhöfe werden bekanntlich von einer dünnen, nicht überall vollstän-
digen Lage von Muskelmasse umzogen, die an keinem Orte in die Mus-
keln der Kammern übergeht (Donders); an einzelnen Stellen läuft die
Faserung annähernd parallel, an andern senkrecht mit der Längenachse
des Herzens, nur an wenigen Orten kommen gleichzeitig Fasern von
beiden Richtungen vor. Die Fasern beider Vorhöfe gehen an der vor-
dern Fläche ineinander über. An den Venenmündungen finden sich Ring-
fasern. Nach allen diesen müssen bei der Muskelverkürzung die Vor-
höfe zusammengezogen werden; die Höhle eines jeden einzelnen Vor-
hofs kann nicht überall in zwei aufeinander senkrechten Ebenen veren-
gert werden; der Durchmesser der Venenmündungen wird verkleinert,
derjenige der arteriellen (ostia atrioventricularia) bleibt dagegen unverändert.

Die Kammern. a. Ihre Fasern gehen nur in Sehnen über, ent-
weder geradezu in dem fibrösen Kranze, welcher die an der Kammer-
basis gelegenen Oeffnungen umgiebt, oder in solche, welche in diesem
Kranze ein Ende nehmen. Zwischen diesem Anfang und Ende umspan-

[Abbildung] Fig. 32.
nen sie jedesmal eine, öfter auch zwei Kam-
mern, sie bilden also Schleifen, die, wie
die freilich unvollkommene Herzpräparation
wahrscheinlich macht, häufig sogar in sich
zurücklaufen, indem Ursprung und Ende
einer Faser an demselben Ort zu liegen
scheinen. — b. Für sehr viele Fasern ist
es sehr wahrscheinlich, dass sie nicht bloss
mit einfacher, sondern mit doppelter Schlinge
den Herzkegel umschliessen, indem sie einen
8 förmigen Umgang machen (Siehe Fig. 32.
a b c d). Die von links nach rechts gehen-
den Richtungen dieser Fasern liegen im
Allgemeinen näher gegen die äussere Herz-
oberfläche, die umgekehrt laufenden aber

*) C. Ludwig, Henle u. Pfeuffers Zeitschrift. VII. 189. — Donders in seiner und Bauduin’s
Handleiding tot de Natuurkunde von den gezonden Mensch. Deel II. Utrecht 1853. p. 14. u. f. —
Kölliker, mikroskopische Anatomie. II. Bd. 483.
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[58/0074] Anordnung und Wirkung der Muskelröhren des Herzens. alles Druckes, gefüllt wurden, so ergab sich doch constant ein Ueber- gewicht des rechten Inhaltes über den linken. — Dagegen muss der Theil des Inhalts, welcher während des Lebens in das Gefässsystem strömt, für beide Ventrikel derselben sein; denn es entleert sich ja mit mancherlei Umwegen schliesslich der eine Ventrikel in den andern, und somit würde eine Anhäufung des Bluts rechts oder links geschehen, wenn nicht fortwährend aus beiden Höhlen gleichviel ausgestossen würde. — 2. Anordnung und Wirkung der Muskelröhren *). Die Vorhöfe werden bekanntlich von einer dünnen, nicht überall vollstän- digen Lage von Muskelmasse umzogen, die an keinem Orte in die Mus- keln der Kammern übergeht (Donders); an einzelnen Stellen läuft die Faserung annähernd parallel, an andern senkrecht mit der Längenachse des Herzens, nur an wenigen Orten kommen gleichzeitig Fasern von beiden Richtungen vor. Die Fasern beider Vorhöfe gehen an der vor- dern Fläche ineinander über. An den Venenmündungen finden sich Ring- fasern. Nach allen diesen müssen bei der Muskelverkürzung die Vor- höfe zusammengezogen werden; die Höhle eines jeden einzelnen Vor- hofs kann nicht überall in zwei aufeinander senkrechten Ebenen veren- gert werden; der Durchmesser der Venenmündungen wird verkleinert, derjenige der arteriellen (ostia atrioventricularia) bleibt dagegen unverändert. Die Kammern. a. Ihre Fasern gehen nur in Sehnen über, ent- weder geradezu in dem fibrösen Kranze, welcher die an der Kammer- basis gelegenen Oeffnungen umgiebt, oder in solche, welche in diesem Kranze ein Ende nehmen. Zwischen diesem Anfang und Ende umspan- [Abbildung Fig. 32.] nen sie jedesmal eine, öfter auch zwei Kam- mern, sie bilden also Schleifen, die, wie die freilich unvollkommene Herzpräparation wahrscheinlich macht, häufig sogar in sich zurücklaufen, indem Ursprung und Ende einer Faser an demselben Ort zu liegen scheinen. — b. Für sehr viele Fasern ist es sehr wahrscheinlich, dass sie nicht bloss mit einfacher, sondern mit doppelter Schlinge den Herzkegel umschliessen, indem sie einen 8 förmigen Umgang machen (Siehe Fig. 32. a b c d). Die von links nach rechts gehen- den Richtungen dieser Fasern liegen im Allgemeinen näher gegen die äussere Herz- oberfläche, die umgekehrt laufenden aber *) C. Ludwig, Henle u. Pfeuffers Zeitschrift. VII. 189. — Donders in seiner und Bauduin’s Handleiding tot de Natuurkunde von den gezonden Mensch. Deel II. Utrecht 1853. p. 14. u. f. — Kölliker, mikroskopische Anatomie. II. Bd. 483.

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Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856/74>, abgerufen am 18.04.2024.