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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856.

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Gleichweite, gerade cylindrische Röhren.
Geschwindigkeit ist ferner veränderlich mit der Zusammensetzung der Flüssigkeit;
Dubuat, Girard *), Poiseuille **). Wesentlich unterscheiden sich die Flüssigkei-
ten, je nachdem sie die Röhrenwand benetzen, oder dieses nicht thun. Wir berücksich-
tigen nur die letzteren. Für sie ist festgestellt: a) die Geschwindigkeit in jeder Flüs-
sigkeit (unter Voraussetzung gleicher Druckhöhen und Röhrenweiten) ist unabhängig
von dem Stoff, aus dem die Röhrenwand besteht; namentlich hat Poiseuille Glas,
Metall und die Membranen der Blutgefässe hierauf untersucht. -- b) Die Reibung
einer Flüssigkeit ist unabhängig von dem spezifischen Gewicht, der Dünnflüssigkeit,
der Capillarattraction u. s. w. -- c) Die Reibung des Wassers oder Blutserums
wird wesentlich geändert durch geringe Beimengung von Salzen, Basen oder Säuren.
-- Von den besonderen Bestimmungen Poiseuille's heben wir hervor: das Serum
des Ochsenbluts fliesst, alles übrige gleichgesetzt, nahebei noch einmal so lang-
sam, als reines Wasser, und faserstofffreies (Blutkörperchen haltendes) Ochsen-
blut fliesst dreimal langsamer, als Serum. -- Im Allgemeinen erniedrigt ein Zusatz
von Neutralsalzen zum Wasser die Reibung, während sie durch Zusätze von Basen
und von Säuren (eine Ausnahme machen unter letztern nur Blausäure und Schwefel-
wasserstoff) erhöht wird; ein Zusatz von Ammoniak zum Serum erniedrigt dagegen
die Reibung desselben. -- 6) Nach den Erfahrungen von Girard und Poiseuille
wächst der Verlust an lebendiger Kraft geradezu mit der Geschwindigkeit des
Stroms, wenn die Flüssigkeit die Röhrenwand benetzt; mit dem Quadrat der Ge-
schwindigkeit dagegen, wenn die Röhrenwand nicht benetzt wird. Wir machen
bei diesem Anlass den Anfänger besonders aufmerksam auf die Folgerung aus dem
letzten Satz, dass nur, wenn Geschwindigkeit besteht, Reibung vorkommen kann.

Ueberblicken wir nun noch einmal die bis dahin vorgeführten Erscheinungen,
so sehen wir, dass der Widerstand w, den ein Strom im Rohre zu überwinden hat,
wächst mit der Länge (l), dem Durchmesser (d), respective der Peripherie p d
oder mit einer Potenz desselben (dx), ferner mit der Geschwindigkeit (v) und endlich
mit gewissen Veränderungen der Temperatur und mit der chemischen Constitution
der Flüssigkeit; die beiden letztern Einflüsse bezeichnen wir mit a. Mit unsern Zei-
chen ausgedrückt ergiebt sich w = a l d v. Diese den Strom hemmenden Einflüsse
müssen nun aber, da innerhalb des Rohres der Strom mit gleichmässiger Geschwin-
digkeit verläuft, gerade so gross wie die beschleunigenden sein. Wären diese letz-
tere gegen die erstern überwiegend, so müsste der stetig von dem den Stromerre-
genden Einfluss (z. B. von der drückenden Wassersäule) ausgehende Stoss die Be-
wegung der Flüssigkeit in eine steigende Beschleunigung setzen und ebenso offen-
bar müsste sich das umgekehrte ereignen, wenn die hemmenden Umstände die
stromerzeugende Kraft überwögen. Die beschleunigenden Einflüsse würden aber,
vorausgesetzt, dass eine drückende Wassersäule den Strom veranlasst, dargestellt
durch die Höhe derselben (h) und die Intensität der Schwere (g) (denn hiervon ist
die Kraft des Stosses abhängig, welche das flüssige Molekel erhält), und endlich von
dem Querschnitt des Rohres, [Formel 1] , denn dadurch wird die Zahl der gestossenen Mo-
lekeln bestimmt, somit ist also, wenn wir ph die beschleunigenden Kräfte nennen
ph = [Formel 2] ; und da nun ph = w ist, so ist auch a l p d v = [Formel 3] ; oder auch
a l v = [Formel 4] , oder a v = [Formel 5] . Dieses letzte Resultat ist durch Girard und
Poiseuille vollkommen bestätigt. Die Angaben der beiden Gelehrten unterscheiden
sich nur dadurch, dass der letztere bei seinen Versuchen d2 statt d erhalten hat,

*) Memoires de l'Institut. 1816.
**) Annales de chim. et physique. III. Ser. Bd. 7.

Gleichweite, gerade cylindrische Röhren.
Geschwindigkeit ist ferner veränderlich mit der Zusammensetzung der Flüssigkeit;
Dubuat, Girard *), Poiseuille **). Wesentlich unterscheiden sich die Flüssigkei-
ten, je nachdem sie die Röhrenwand benetzen, oder dieses nicht thun. Wir berücksich-
tigen nur die letzteren. Für sie ist festgestellt: a) die Geschwindigkeit in jeder Flüs-
sigkeit (unter Voraussetzung gleicher Druckhöhen und Röhrenweiten) ist unabhängig
von dem Stoff, aus dem die Röhrenwand besteht; namentlich hat Poiseuille Glas,
Metall und die Membranen der Blutgefässe hierauf untersucht. — b) Die Reibung
einer Flüssigkeit ist unabhängig von dem spezifischen Gewicht, der Dünnflüssigkeit,
der Capillarattraction u. s. w. — c) Die Reibung des Wassers oder Blutserums
wird wesentlich geändert durch geringe Beimengung von Salzen, Basen oder Säuren.
— Von den besonderen Bestimmungen Poiseuille’s heben wir hervor: das Serum
des Ochsenbluts fliesst, alles übrige gleichgesetzt, nahebei noch einmal so lang-
sam, als reines Wasser, und faserstofffreies (Blutkörperchen haltendes) Ochsen-
blut fliesst dreimal langsamer, als Serum. — Im Allgemeinen erniedrigt ein Zusatz
von Neutralsalzen zum Wasser die Reibung, während sie durch Zusätze von Basen
und von Säuren (eine Ausnahme machen unter letztern nur Blausäure und Schwefel-
wasserstoff) erhöht wird; ein Zusatz von Ammoniak zum Serum erniedrigt dagegen
die Reibung desselben. — 6) Nach den Erfahrungen von Girard und Poiseuille
wächst der Verlust an lebendiger Kraft geradezu mit der Geschwindigkeit des
Stroms, wenn die Flüssigkeit die Röhrenwand benetzt; mit dem Quadrat der Ge-
schwindigkeit dagegen, wenn die Röhrenwand nicht benetzt wird. Wir machen
bei diesem Anlass den Anfänger besonders aufmerksam auf die Folgerung aus dem
letzten Satz, dass nur, wenn Geschwindigkeit besteht, Reibung vorkommen kann.

Ueberblicken wir nun noch einmal die bis dahin vorgeführten Erscheinungen,
so sehen wir, dass der Widerstand w, den ein Strom im Rohre zu überwinden hat,
wächst mit der Länge (l), dem Durchmesser (d), respective der Peripherie π d
oder mit einer Potenz desselben (dx), ferner mit der Geschwindigkeit (v) und endlich
mit gewissen Veränderungen der Temperatur und mit der chemischen Constitution
der Flüssigkeit; die beiden letztern Einflüsse bezeichnen wir mit a. Mit unsern Zei-
chen ausgedrückt ergiebt sich w = a l d v. Diese den Strom hemmenden Einflüsse
müssen nun aber, da innerhalb des Rohres der Strom mit gleichmässiger Geschwin-
digkeit verläuft, gerade so gross wie die beschleunigenden sein. Wären diese letz-
tere gegen die erstern überwiegend, so müsste der stetig von dem den Stromerre-
genden Einfluss (z. B. von der drückenden Wassersäule) ausgehende Stoss die Be-
wegung der Flüssigkeit in eine steigende Beschleunigung setzen und ebenso offen-
bar müsste sich das umgekehrte ereignen, wenn die hemmenden Umstände die
stromerzeugende Kraft überwögen. Die beschleunigenden Einflüsse würden aber,
vorausgesetzt, dass eine drückende Wassersäule den Strom veranlasst, dargestellt
durch die Höhe derselben (h) und die Intensität der Schwere (g) (denn hiervon ist
die Kraft des Stosses abhängig, welche das flüssige Molekel erhält), und endlich von
dem Querschnitt des Rohres, [Formel 1] , denn dadurch wird die Zahl der gestossenen Mo-
lekeln bestimmt, somit ist also, wenn wir φ die beschleunigenden Kräfte nennen
φ = [Formel 2] ; und da nun φ = w ist, so ist auch a l π d v = [Formel 3] ; oder auch
a l v = [Formel 4] , oder a v = [Formel 5] . Dieses letzte Resultat ist durch Girard und
Poiseuille vollkommen bestätigt. Die Angaben der beiden Gelehrten unterscheiden
sich nur dadurch, dass der letztere bei seinen Versuchen d2 statt d erhalten hat,

*) Memoires de l’Institut. 1816.
**) Annales de chim. et physique. III. Ser. Bd. 7.
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[40/0056] Gleichweite, gerade cylindrische Röhren. Geschwindigkeit ist ferner veränderlich mit der Zusammensetzung der Flüssigkeit; Dubuat, Girard *), Poiseuille **). Wesentlich unterscheiden sich die Flüssigkei- ten, je nachdem sie die Röhrenwand benetzen, oder dieses nicht thun. Wir berücksich- tigen nur die letzteren. Für sie ist festgestellt: a) die Geschwindigkeit in jeder Flüs- sigkeit (unter Voraussetzung gleicher Druckhöhen und Röhrenweiten) ist unabhängig von dem Stoff, aus dem die Röhrenwand besteht; namentlich hat Poiseuille Glas, Metall und die Membranen der Blutgefässe hierauf untersucht. — b) Die Reibung einer Flüssigkeit ist unabhängig von dem spezifischen Gewicht, der Dünnflüssigkeit, der Capillarattraction u. s. w. — c) Die Reibung des Wassers oder Blutserums wird wesentlich geändert durch geringe Beimengung von Salzen, Basen oder Säuren. — Von den besonderen Bestimmungen Poiseuille’s heben wir hervor: das Serum des Ochsenbluts fliesst, alles übrige gleichgesetzt, nahebei noch einmal so lang- sam, als reines Wasser, und faserstofffreies (Blutkörperchen haltendes) Ochsen- blut fliesst dreimal langsamer, als Serum. — Im Allgemeinen erniedrigt ein Zusatz von Neutralsalzen zum Wasser die Reibung, während sie durch Zusätze von Basen und von Säuren (eine Ausnahme machen unter letztern nur Blausäure und Schwefel- wasserstoff) erhöht wird; ein Zusatz von Ammoniak zum Serum erniedrigt dagegen die Reibung desselben. — 6) Nach den Erfahrungen von Girard und Poiseuille wächst der Verlust an lebendiger Kraft geradezu mit der Geschwindigkeit des Stroms, wenn die Flüssigkeit die Röhrenwand benetzt; mit dem Quadrat der Ge- schwindigkeit dagegen, wenn die Röhrenwand nicht benetzt wird. Wir machen bei diesem Anlass den Anfänger besonders aufmerksam auf die Folgerung aus dem letzten Satz, dass nur, wenn Geschwindigkeit besteht, Reibung vorkommen kann. Ueberblicken wir nun noch einmal die bis dahin vorgeführten Erscheinungen, so sehen wir, dass der Widerstand w, den ein Strom im Rohre zu überwinden hat, wächst mit der Länge (l), dem Durchmesser (d), respective der Peripherie π d oder mit einer Potenz desselben (dx), ferner mit der Geschwindigkeit (v) und endlich mit gewissen Veränderungen der Temperatur und mit der chemischen Constitution der Flüssigkeit; die beiden letztern Einflüsse bezeichnen wir mit a. Mit unsern Zei- chen ausgedrückt ergiebt sich w = a l d v. Diese den Strom hemmenden Einflüsse müssen nun aber, da innerhalb des Rohres der Strom mit gleichmässiger Geschwin- digkeit verläuft, gerade so gross wie die beschleunigenden sein. Wären diese letz- tere gegen die erstern überwiegend, so müsste der stetig von dem den Stromerre- genden Einfluss (z. B. von der drückenden Wassersäule) ausgehende Stoss die Be- wegung der Flüssigkeit in eine steigende Beschleunigung setzen und ebenso offen- bar müsste sich das umgekehrte ereignen, wenn die hemmenden Umstände die stromerzeugende Kraft überwögen. Die beschleunigenden Einflüsse würden aber, vorausgesetzt, dass eine drückende Wassersäule den Strom veranlasst, dargestellt durch die Höhe derselben (h) und die Intensität der Schwere (g) (denn hiervon ist die Kraft des Stosses abhängig, welche das flüssige Molekel erhält), und endlich von dem Querschnitt des Rohres, [FORMEL], denn dadurch wird die Zahl der gestossenen Mo- lekeln bestimmt, somit ist also, wenn wir φ die beschleunigenden Kräfte nennen φ = [FORMEL]; und da nun φ = w ist, so ist auch a l π d v = [FORMEL]; oder auch a l v = [FORMEL], oder a v = [FORMEL]. Dieses letzte Resultat ist durch Girard und Poiseuille vollkommen bestätigt. Die Angaben der beiden Gelehrten unterscheiden sich nur dadurch, dass der letztere bei seinen Versuchen d2 statt d erhalten hat, *) Memoires de l’Institut. 1816. **) Annales de chim. et physique. III. Ser. Bd. 7.

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Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856/56>, abgerufen am 23.11.2024.