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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856.

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Entziehung der festen Nahrung.
sprützen. Stellt man die Beobachtungen, welche Schmidt an zwei
Katzen, von denen die eine wenig, die andere viel Wasser erhielt, zu-
sammen, so ergiebt sich, dass 1 Kilogr. Katze im Mittel in 24 Stunden
verliert:

[Tabelle]

Diese Beobachtungsreihe lässt erkennen, dass mit der vermehrten
Aufnahme des Wassers auch die Ausscheidung desselben, aber nicht im
Verhältnisse der Aufnahme, zunimmt. Dieser Schluss dürfte keine An-
fechtung dadurch erleiden, dass die durch Verdunstung verlorenen Was-
sermengen nicht angegeben sind, indem mindestens die Annahme ge-
rechtfertigt ist, dass die erstere Katze, welche weniger CO2 ausathmete
als die letztere, durch die Lungenverdunstung nicht mehr Wasser ver-
loren habe als die erstere; der Wasserverlust durch die Haut dürfte aber
bei behaarten Thieren überhaupt nicht hoch anzuschlagen sein. Genügt
nun, wie in unserem ersten Falle, die eingeführte Wassermenge, um den
grössten Theil des Wasserverlustes zu decken, so muss nothwendiger
Weise bei fortschreitender Abnahme der festen Bestandtheile der pro-
zentische Wassergehalt der Organe in einem Steigen begriffen sein,
woraus mancherlei Störungen derselben erwachsen werden. In der
That stellen sich diese in der oben zusammengestellten und in einer
gleichartigen Beobachtungsreihe, welche Chossat an Tauben ausführte,
ein. -- Die mitgetheilte Zusammenstellung lässt ausserdem schliessen,
dass der tägliche Verlust an festen Bestandtheilen geringer werde bei
einer reichlichen Tränkung mit Wasser. Dieser Satz scheint aber nur
von Geltung für die Säugethiere zu sein, da Chossat ihn wohl bei
Kaninchen, nicht aber bei Tauben, die unter gleichen Verhältnissen ver-
hungerten, bestätigt fand.

Entziehung des Wassers. Zu denen des Durstes gesellen sich
sehr bald die Folgen des Hungers, indem die Thiere die trockene Nah-
rung immer mehr und mehr und endlich ganz verschmähen. Eine
Anschauung des allgemeinsten Vorganges giebt folgender Versuch von
Schuchardt, welcher aus einer grossen Reihe ausgewählt wurde. Die
verdurstete Taube wog im Beginn des ersten Versuchstages 301,0 Gr.
Ihre Nahrung bestand aus lufttrockener Gerste. Die proportionalen Ver-
luste sind auf das Anfangsgewicht eines jeden Tages bezogen.

Entziehung der festen Nahrung.
sprützen. Stellt man die Beobachtungen, welche Schmidt an zwei
Katzen, von denen die eine wenig, die andere viel Wasser erhielt, zu-
sammen, so ergiebt sich, dass 1 Kilogr. Katze im Mittel in 24 Stunden
verliert:

[Tabelle]

Diese Beobachtungsreihe lässt erkennen, dass mit der vermehrten
Aufnahme des Wassers auch die Ausscheidung desselben, aber nicht im
Verhältnisse der Aufnahme, zunimmt. Dieser Schluss dürfte keine An-
fechtung dadurch erleiden, dass die durch Verdunstung verlorenen Was-
sermengen nicht angegeben sind, indem mindestens die Annahme ge-
rechtfertigt ist, dass die erstere Katze, welche weniger CO2 ausathmete
als die letztere, durch die Lungenverdunstung nicht mehr Wasser ver-
loren habe als die erstere; der Wasserverlust durch die Haut dürfte aber
bei behaarten Thieren überhaupt nicht hoch anzuschlagen sein. Genügt
nun, wie in unserem ersten Falle, die eingeführte Wassermenge, um den
grössten Theil des Wasserverlustes zu decken, so muss nothwendiger
Weise bei fortschreitender Abnahme der festen Bestandtheile der pro-
zentische Wassergehalt der Organe in einem Steigen begriffen sein,
woraus mancherlei Störungen derselben erwachsen werden. In der
That stellen sich diese in der oben zusammengestellten und in einer
gleichartigen Beobachtungsreihe, welche Chossat an Tauben ausführte,
ein. — Die mitgetheilte Zusammenstellung lässt ausserdem schliessen,
dass der tägliche Verlust an festen Bestandtheilen geringer werde bei
einer reichlichen Tränkung mit Wasser. Dieser Satz scheint aber nur
von Geltung für die Säugethiere zu sein, da Chossat ihn wohl bei
Kaninchen, nicht aber bei Tauben, die unter gleichen Verhältnissen ver-
hungerten, bestätigt fand.

Entziehung des Wassers. Zu denen des Durstes gesellen sich
sehr bald die Folgen des Hungers, indem die Thiere die trockene Nah-
rung immer mehr und mehr und endlich ganz verschmähen. Eine
Anschauung des allgemeinsten Vorganges giebt folgender Versuch von
Schuchardt, welcher aus einer grossen Reihe ausgewählt wurde. Die
verdurstete Taube wog im Beginn des ersten Versuchstages 301,0 Gr.
Ihre Nahrung bestand aus lufttrockener Gerste. Die proportionalen Ver-
luste sind auf das Anfangsgewicht eines jeden Tages bezogen.

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[437/0453] Entziehung der festen Nahrung. sprützen. Stellt man die Beobachtungen, welche Schmidt an zwei Katzen, von denen die eine wenig, die andere viel Wasser erhielt, zu- sammen, so ergiebt sich, dass 1 Kilogr. Katze im Mittel in 24 Stunden verliert: Diese Beobachtungsreihe lässt erkennen, dass mit der vermehrten Aufnahme des Wassers auch die Ausscheidung desselben, aber nicht im Verhältnisse der Aufnahme, zunimmt. Dieser Schluss dürfte keine An- fechtung dadurch erleiden, dass die durch Verdunstung verlorenen Was- sermengen nicht angegeben sind, indem mindestens die Annahme ge- rechtfertigt ist, dass die erstere Katze, welche weniger CO2 ausathmete als die letztere, durch die Lungenverdunstung nicht mehr Wasser ver- loren habe als die erstere; der Wasserverlust durch die Haut dürfte aber bei behaarten Thieren überhaupt nicht hoch anzuschlagen sein. Genügt nun, wie in unserem ersten Falle, die eingeführte Wassermenge, um den grössten Theil des Wasserverlustes zu decken, so muss nothwendiger Weise bei fortschreitender Abnahme der festen Bestandtheile der pro- zentische Wassergehalt der Organe in einem Steigen begriffen sein, woraus mancherlei Störungen derselben erwachsen werden. In der That stellen sich diese in der oben zusammengestellten und in einer gleichartigen Beobachtungsreihe, welche Chossat an Tauben ausführte, ein. — Die mitgetheilte Zusammenstellung lässt ausserdem schliessen, dass der tägliche Verlust an festen Bestandtheilen geringer werde bei einer reichlichen Tränkung mit Wasser. Dieser Satz scheint aber nur von Geltung für die Säugethiere zu sein, da Chossat ihn wohl bei Kaninchen, nicht aber bei Tauben, die unter gleichen Verhältnissen ver- hungerten, bestätigt fand. Entziehung des Wassers. Zu denen des Durstes gesellen sich sehr bald die Folgen des Hungers, indem die Thiere die trockene Nah- rung immer mehr und mehr und endlich ganz verschmähen. Eine Anschauung des allgemeinsten Vorganges giebt folgender Versuch von Schuchardt, welcher aus einer grossen Reihe ausgewählt wurde. Die verdurstete Taube wog im Beginn des ersten Versuchstages 301,0 Gr. Ihre Nahrung bestand aus lufttrockener Gerste. Die proportionalen Ver- luste sind auf das Anfangsgewicht eines jeden Tages bezogen.

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Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856, S. 437. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856/453>, abgerufen am 22.11.2024.