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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856.

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Zotten.
beobachtet werden kann, und zwar mit einer Kraft, welche die durch den
Blutstrom gesteiften Blutgefässe zusammendrückt, so muss dadurch der
vorhandene Inhalt des Centalkanales nach den Lymphgefässen in dem
Unterschleimhautgewebe entleert werden, während die einzelnen Epithe-
liumszellen durch die Verkürzung der Zotte comprimirt werden. Falls sie an
ihren Enden offen sind, muss hierdurch ein Theil ihres Inhaltes in die
Darmhöhle zurücktreten. Man kann nicht sagen, ob dasselbe auch für den
Inhalt der äusseren Gewebsräume des Stroma's eintreten müsse, da man nicht
weiss, ob die Epitheliumszellen so eingepflanzt sind, dass der Chylus ebenso
leicht aus dem Stroma in die Zellen, als aus den Zellen in das Stroma tritt.
Diese Darstellung, welche der klassischen Arbeit von Brücke entlehnt ist,
lässt uns erkennen, wie zierlich und zweckmässig zugleich die Zotte zum
Behufe der Filtration und der Weiterbewegung ihres Inhaltes gebaut ist.

2. Stoffaufnahme in die Chylusgefässe. Die Kräfte, welche unter
normalen Verhältnissen die Schleimhautlücken und die damit in Verbin-
dung stehenden Ampullen füllen, können, so weit unsere Einsicht reicht,
nur bestehen in Capillaranziehung, Diffusion und Druckunterschieden.
Die Lücken sind eng und ihre Wände mit wässerigen Lösungen be-
netzbar, also muss die erste der drei aufgezählten Füllungsursachen in
Betracht kommen. -- Wäre aber aus einem oder dem anderen Grunde der
Anfang der Chylusgefässe mit auch noch so wenig Flüssigkeit gefüllt, so
muss sich ein Diffusionsstrom entwickeln zwischen Darm- und Blutgefäss-
inhalt oder mindestens gegen einen von beiden, da beide Flüssigkeiten in
einander diffusibel und zugleich von verschiedener Zusammensetzung sind. --
Läge aber der Darm- und Blutgefässinhalt unter einem höheren Drucke,
als derjenige der Chylusgefässanfänge, so müssten die letzteren allmählig
sich auf dem Wege der Filtration anfüllen. Das Vorkommen eines solchen
Spannungsunterschiedes der Flüssigkeiten kann aber nicht bestritten wer-
den, da sich die Ampullen und Lücken entleeren durch die periodisch
wiederkehrenden Zusammenziehungen der Schleimhautmuskeln und dann,
wenn die letzteren erschlafft sind, wieder ausgespannt werden durch die
vom Blutstrome gestreckten Blutgefässe. Ihr Inhalt wird also oft genug
unter einer sehr geringen Spannung verweilen, während der Darminhalt
unter einer, wenn auch geringen, Pressung liegt, die sich namentlich
ereignen muss, wenn eine abwärts hängende Darmschlinge mehr oder
weniger angefüllt ist. Anderseits wird zu einem Filtrationsstrome von Sei-
ten der Blutgefässe her Veranlassung gegeben durch die normale Spannung
des Stromes. Die Stoffe, welche durch Diffusion und Capillarattraktion von
beliebiger Seite her oder durch Filtration aus den Blutgefässen in die
Anfänge der Chylusröhren gelangen sollen, müssen, wie ohne Weiteres
klar ist, flüssig und mit Wasser mischbar sein. Aus der Darmhöhle
können aber erfahrungsgemäss, und zwar, wie man allgemein annimmt,
unter Vermittelung des Druckes, auch noch sehr kleine Fetttröpfchen

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Zotten.
beobachtet werden kann, und zwar mit einer Kraft, welche die durch den
Blutstrom gesteiften Blutgefässe zusammendrückt, so muss dadurch der
vorhandene Inhalt des Centalkanales nach den Lymphgefässen in dem
Unterschleimhautgewebe entleert werden, während die einzelnen Epithe-
liumszellen durch die Verkürzung der Zotte comprimirt werden. Falls sie an
ihren Enden offen sind, muss hierdurch ein Theil ihres Inhaltes in die
Darmhöhle zurücktreten. Man kann nicht sagen, ob dasselbe auch für den
Inhalt der äusseren Gewebsräume des Stroma’s eintreten müsse, da man nicht
weiss, ob die Epitheliumszellen so eingepflanzt sind, dass der Chylus ebenso
leicht aus dem Stroma in die Zellen, als aus den Zellen in das Stroma tritt.
Diese Darstellung, welche der klassischen Arbeit von Brücke entlehnt ist,
lässt uns erkennen, wie zierlich und zweckmässig zugleich die Zotte zum
Behufe der Filtration und der Weiterbewegung ihres Inhaltes gebaut ist.

2. Stoffaufnahme in die Chylusgefässe. Die Kräfte, welche unter
normalen Verhältnissen die Schleimhautlücken und die damit in Verbin-
dung stehenden Ampullen füllen, können, so weit unsere Einsicht reicht,
nur bestehen in Capillaranziehung, Diffusion und Druckunterschieden.
Die Lücken sind eng und ihre Wände mit wässerigen Lösungen be-
netzbar, also muss die erste der drei aufgezählten Füllungsursachen in
Betracht kommen. — Wäre aber aus einem oder dem anderen Grunde der
Anfang der Chylusgefässe mit auch noch so wenig Flüssigkeit gefüllt, so
muss sich ein Diffusionsstrom entwickeln zwischen Darm- und Blutgefäss-
inhalt oder mindestens gegen einen von beiden, da beide Flüssigkeiten in
einander diffusibel und zugleich von verschiedener Zusammensetzung sind. —
Läge aber der Darm- und Blutgefässinhalt unter einem höheren Drucke,
als derjenige der Chylusgefässanfänge, so müssten die letzteren allmählig
sich auf dem Wege der Filtration anfüllen. Das Vorkommen eines solchen
Spannungsunterschiedes der Flüssigkeiten kann aber nicht bestritten wer-
den, da sich die Ampullen und Lücken entleeren durch die periodisch
wiederkehrenden Zusammenziehungen der Schleimhautmuskeln und dann,
wenn die letzteren erschlafft sind, wieder ausgespannt werden durch die
vom Blutstrome gestreckten Blutgefässe. Ihr Inhalt wird also oft genug
unter einer sehr geringen Spannung verweilen, während der Darminhalt
unter einer, wenn auch geringen, Pressung liegt, die sich namentlich
ereignen muss, wenn eine abwärts hängende Darmschlinge mehr oder
weniger angefüllt ist. Anderseits wird zu einem Filtrationsstrome von Sei-
ten der Blutgefässe her Veranlassung gegeben durch die normale Spannung
des Stromes. Die Stoffe, welche durch Diffusion und Capillarattraktion von
beliebiger Seite her oder durch Filtration aus den Blutgefässen in die
Anfänge der Chylusröhren gelangen sollen, müssen, wie ohne Weiteres
klar ist, flüssig und mit Wasser mischbar sein. Aus der Darmhöhle
können aber erfahrungsgemäss, und zwar, wie man allgemein annimmt,
unter Vermittelung des Druckes, auch noch sehr kleine Fetttröpfchen

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[419/0435] Zotten. beobachtet werden kann, und zwar mit einer Kraft, welche die durch den Blutstrom gesteiften Blutgefässe zusammendrückt, so muss dadurch der vorhandene Inhalt des Centalkanales nach den Lymphgefässen in dem Unterschleimhautgewebe entleert werden, während die einzelnen Epithe- liumszellen durch die Verkürzung der Zotte comprimirt werden. Falls sie an ihren Enden offen sind, muss hierdurch ein Theil ihres Inhaltes in die Darmhöhle zurücktreten. Man kann nicht sagen, ob dasselbe auch für den Inhalt der äusseren Gewebsräume des Stroma’s eintreten müsse, da man nicht weiss, ob die Epitheliumszellen so eingepflanzt sind, dass der Chylus ebenso leicht aus dem Stroma in die Zellen, als aus den Zellen in das Stroma tritt. Diese Darstellung, welche der klassischen Arbeit von Brücke entlehnt ist, lässt uns erkennen, wie zierlich und zweckmässig zugleich die Zotte zum Behufe der Filtration und der Weiterbewegung ihres Inhaltes gebaut ist. 2. Stoffaufnahme in die Chylusgefässe. Die Kräfte, welche unter normalen Verhältnissen die Schleimhautlücken und die damit in Verbin- dung stehenden Ampullen füllen, können, so weit unsere Einsicht reicht, nur bestehen in Capillaranziehung, Diffusion und Druckunterschieden. Die Lücken sind eng und ihre Wände mit wässerigen Lösungen be- netzbar, also muss die erste der drei aufgezählten Füllungsursachen in Betracht kommen. — Wäre aber aus einem oder dem anderen Grunde der Anfang der Chylusgefässe mit auch noch so wenig Flüssigkeit gefüllt, so muss sich ein Diffusionsstrom entwickeln zwischen Darm- und Blutgefäss- inhalt oder mindestens gegen einen von beiden, da beide Flüssigkeiten in einander diffusibel und zugleich von verschiedener Zusammensetzung sind. — Läge aber der Darm- und Blutgefässinhalt unter einem höheren Drucke, als derjenige der Chylusgefässanfänge, so müssten die letzteren allmählig sich auf dem Wege der Filtration anfüllen. Das Vorkommen eines solchen Spannungsunterschiedes der Flüssigkeiten kann aber nicht bestritten wer- den, da sich die Ampullen und Lücken entleeren durch die periodisch wiederkehrenden Zusammenziehungen der Schleimhautmuskeln und dann, wenn die letzteren erschlafft sind, wieder ausgespannt werden durch die vom Blutstrome gestreckten Blutgefässe. Ihr Inhalt wird also oft genug unter einer sehr geringen Spannung verweilen, während der Darminhalt unter einer, wenn auch geringen, Pressung liegt, die sich namentlich ereignen muss, wenn eine abwärts hängende Darmschlinge mehr oder weniger angefüllt ist. Anderseits wird zu einem Filtrationsstrome von Sei- ten der Blutgefässe her Veranlassung gegeben durch die normale Spannung des Stromes. Die Stoffe, welche durch Diffusion und Capillarattraktion von beliebiger Seite her oder durch Filtration aus den Blutgefässen in die Anfänge der Chylusröhren gelangen sollen, müssen, wie ohne Weiteres klar ist, flüssig und mit Wasser mischbar sein. Aus der Darmhöhle können aber erfahrungsgemäss, und zwar, wie man allgemein annimmt, unter Vermittelung des Druckes, auch noch sehr kleine Fetttröpfchen 27*

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Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856, S. 419. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856/435>, abgerufen am 22.11.2024.