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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856.

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Veränderung des gesammten Luftvolums.
den Punkt zusammenfällt, von dem er bei der beginnenden Inspiration
ausgegangen war, und dass die ausgeathmete Luft bei der Vergleichung
der betreffenden Volumina genau wieder auf den Barometerstand, Tem-
peratur und Feuchtigkeitsgrad gebracht werde, den die eingeathmete
besass. Bei diesen Annahmen wird der Werth der Veränderung abhän-
gig sein: von der Menge des ausgehauchten oder eingesogenen Stickstoffs;
von dem Kohlensäure- oder Sauerstoffvolum, welches die andern neben
der Lunge bestehenden athmenden Flächen des Thierleibes aufnehmen
und abgeben; von der Menge flüssiger Oxydationsprodukte, welche neben
der entstehenden CO2 mit Hilfe des verschluckten Sauerstoffgases gebil-
det werden. -- Da der erste dieser drei Punkte an und für sich klar
ist, so wenden wir uns sogleich zur Besprechung der beiden letzteren.
Nehmen wir nun zuerst an, es werde der ganze aus der Atmosphäre
aufgenommene Sauerstoff innerhalb des Organismus zur Bildung von
CO2 verwendet, die wiederum gasförmig aus dem Blute sich entfernte,
so folgte daraus, dass das Gesammtvolum der aus dem Körper ausge-
schiedenen Gase gerade so gross sein würde, als das des aufgenomme-
nen Sauerstoffs, weil bekanntlich die aus der Vereinigung von C und O2
entstehende gasförmige CO2 genau den Raum einnimmt, den vor der
Vereinigung die beiden Atome Sauerstoff besassen. Die Ausscheidung und
Aufnahme der Gasvolumina könnte sich nun aber trotz ihrer im Ganzen
bestehenden Gleichheit doch auf die verschiedenen mit der Luft in Be-
rührung befindlichen Flächen vertheilen, u. A. so, dass an einem Orte
überwiegend mehr CO2 ausgeschieden und an dem andern mehr O aufge-
nommen würde; gesetzt also, es bestände die Eigenthümlichkeit, dass
die äussere Haut mehr CO2 ausschied, als sie Sauerstoff aufnähme, so
würde in der Lunge dafür ein grösseres Volum von dem letzteren Gas
aufgesogen und ein geringeres von dem erstern abgegeben werden müs-
sen. -- Um nun die Bedeutung der dritten Bedingung, die wir oben
anführten, einzusehen, machen wir die Voraussetzung, es werde auf
jeder Athemfläche die Gewichtsmenge von Sauerstoff wieder ausgegeben,
die sie aufgenommen; dagegen aber soll das in das Blut aufgenommene
Sauerstoffgas nicht allein zur Bildung von CO2, sondern auch zur Er-
zeugung anderer Oxydationsprodukte verwendet werden. Bei dieser Vor-
aussetzung ergiebt sich, dass das Verhältniss zwischen dem von und zu
der Lunge gehenden Luftvolum abhängig ist von der Verwendung, die
das Sauerstoffgas innerhalb des Körpers erfährt, so dass, wenn z. B. die
Hälfte desselben zur Erzeugung von CO2 und die andere zur Verbren-
nung des Wasserstoffs in Wasser benutzt wird, auch nur die Hälfte des
durch die Lungenwand eingedrungenen Luftvolums von ihr wieder aus-
geschieden würde.

Eine Vergleichung der gegebenen Betrachtungen mit den bis dahin
gewonnenen Erfahrungen ergiebt: 1) Das Volum der ausgeathmeten Luft

Veränderung des gesammten Luftvolums.
den Punkt zusammenfällt, von dem er bei der beginnenden Inspiration
ausgegangen war, und dass die ausgeathmete Luft bei der Vergleichung
der betreffenden Volumina genau wieder auf den Barometerstand, Tem-
peratur und Feuchtigkeitsgrad gebracht werde, den die eingeathmete
besass. Bei diesen Annahmen wird der Werth der Veränderung abhän-
gig sein: von der Menge des ausgehauchten oder eingesogenen Stickstoffs;
von dem Kohlensäure- oder Sauerstoffvolum, welches die andern neben
der Lunge bestehenden athmenden Flächen des Thierleibes aufnehmen
und abgeben; von der Menge flüssiger Oxydationsprodukte, welche neben
der entstehenden CO2 mit Hilfe des verschluckten Sauerstoffgases gebil-
det werden. — Da der erste dieser drei Punkte an und für sich klar
ist, so wenden wir uns sogleich zur Besprechung der beiden letzteren.
Nehmen wir nun zuerst an, es werde der ganze aus der Atmosphäre
aufgenommene Sauerstoff innerhalb des Organismus zur Bildung von
CO2 verwendet, die wiederum gasförmig aus dem Blute sich entfernte,
so folgte daraus, dass das Gesammtvolum der aus dem Körper ausge-
schiedenen Gase gerade so gross sein würde, als das des aufgenomme-
nen Sauerstoffs, weil bekanntlich die aus der Vereinigung von C und O2
entstehende gasförmige CO2 genau den Raum einnimmt, den vor der
Vereinigung die beiden Atome Sauerstoff besassen. Die Ausscheidung und
Aufnahme der Gasvolumina könnte sich nun aber trotz ihrer im Ganzen
bestehenden Gleichheit doch auf die verschiedenen mit der Luft in Be-
rührung befindlichen Flächen vertheilen, u. A. so, dass an einem Orte
überwiegend mehr CO2 ausgeschieden und an dem andern mehr O aufge-
nommen würde; gesetzt also, es bestände die Eigenthümlichkeit, dass
die äussere Haut mehr CO2 ausschied, als sie Sauerstoff aufnähme, so
würde in der Lunge dafür ein grösseres Volum von dem letzteren Gas
aufgesogen und ein geringeres von dem erstern abgegeben werden müs-
sen. — Um nun die Bedeutung der dritten Bedingung, die wir oben
anführten, einzusehen, machen wir die Voraussetzung, es werde auf
jeder Athemfläche die Gewichtsmenge von Sauerstoff wieder ausgegeben,
die sie aufgenommen; dagegen aber soll das in das Blut aufgenommene
Sauerstoffgas nicht allein zur Bildung von CO2, sondern auch zur Er-
zeugung anderer Oxydationsprodukte verwendet werden. Bei dieser Vor-
aussetzung ergiebt sich, dass das Verhältniss zwischen dem von und zu
der Lunge gehenden Luftvolum abhängig ist von der Verwendung, die
das Sauerstoffgas innerhalb des Körpers erfährt, so dass, wenn z. B. die
Hälfte desselben zur Erzeugung von CO2 und die andere zur Verbren-
nung des Wasserstoffs in Wasser benutzt wird, auch nur die Hälfte des
durch die Lungenwand eingedrungenen Luftvolums von ihr wieder aus-
geschieden würde.

Eine Vergleichung der gegebenen Betrachtungen mit den bis dahin
gewonnenen Erfahrungen ergiebt: 1) Das Volum der ausgeathmeten Luft

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[346/0362] Veränderung des gesammten Luftvolums. den Punkt zusammenfällt, von dem er bei der beginnenden Inspiration ausgegangen war, und dass die ausgeathmete Luft bei der Vergleichung der betreffenden Volumina genau wieder auf den Barometerstand, Tem- peratur und Feuchtigkeitsgrad gebracht werde, den die eingeathmete besass. Bei diesen Annahmen wird der Werth der Veränderung abhän- gig sein: von der Menge des ausgehauchten oder eingesogenen Stickstoffs; von dem Kohlensäure- oder Sauerstoffvolum, welches die andern neben der Lunge bestehenden athmenden Flächen des Thierleibes aufnehmen und abgeben; von der Menge flüssiger Oxydationsprodukte, welche neben der entstehenden CO2 mit Hilfe des verschluckten Sauerstoffgases gebil- det werden. — Da der erste dieser drei Punkte an und für sich klar ist, so wenden wir uns sogleich zur Besprechung der beiden letzteren. Nehmen wir nun zuerst an, es werde der ganze aus der Atmosphäre aufgenommene Sauerstoff innerhalb des Organismus zur Bildung von CO2 verwendet, die wiederum gasförmig aus dem Blute sich entfernte, so folgte daraus, dass das Gesammtvolum der aus dem Körper ausge- schiedenen Gase gerade so gross sein würde, als das des aufgenomme- nen Sauerstoffs, weil bekanntlich die aus der Vereinigung von C und O2 entstehende gasförmige CO2 genau den Raum einnimmt, den vor der Vereinigung die beiden Atome Sauerstoff besassen. Die Ausscheidung und Aufnahme der Gasvolumina könnte sich nun aber trotz ihrer im Ganzen bestehenden Gleichheit doch auf die verschiedenen mit der Luft in Be- rührung befindlichen Flächen vertheilen, u. A. so, dass an einem Orte überwiegend mehr CO2 ausgeschieden und an dem andern mehr O aufge- nommen würde; gesetzt also, es bestände die Eigenthümlichkeit, dass die äussere Haut mehr CO2 ausschied, als sie Sauerstoff aufnähme, so würde in der Lunge dafür ein grösseres Volum von dem letzteren Gas aufgesogen und ein geringeres von dem erstern abgegeben werden müs- sen. — Um nun die Bedeutung der dritten Bedingung, die wir oben anführten, einzusehen, machen wir die Voraussetzung, es werde auf jeder Athemfläche die Gewichtsmenge von Sauerstoff wieder ausgegeben, die sie aufgenommen; dagegen aber soll das in das Blut aufgenommene Sauerstoffgas nicht allein zur Bildung von CO2, sondern auch zur Er- zeugung anderer Oxydationsprodukte verwendet werden. Bei dieser Vor- aussetzung ergiebt sich, dass das Verhältniss zwischen dem von und zu der Lunge gehenden Luftvolum abhängig ist von der Verwendung, die das Sauerstoffgas innerhalb des Körpers erfährt, so dass, wenn z. B. die Hälfte desselben zur Erzeugung von CO2 und die andere zur Verbren- nung des Wasserstoffs in Wasser benutzt wird, auch nur die Hälfte des durch die Lungenwand eingedrungenen Luftvolums von ihr wieder aus- geschieden würde. Eine Vergleichung der gegebenen Betrachtungen mit den bis dahin gewonnenen Erfahrungen ergiebt: 1) Das Volum der ausgeathmeten Luft

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Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856, S. 346. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856/362>, abgerufen am 27.04.2024.