4. Der Einfluss, den diese Veränderungen auf die Athmungen im Allgemeinen üben, gestaltet sich folgendermaassen. -- a) Den Druck- schwankungen der trockenen Atmosphäre entsprechend, wird die Dich- tigkeit des im Blut diffundirten Sauerstoff- und Stickstoffgases sich meh- ren oder mindern, nach dem bekannten Grundsatz der Diffusionslehre, dass sich die Dichtigkeit eines in einer Flüssigkeit aufgelösten Gases ausgleicht mit derjenigen des gleichartigen Gases, welches über der Flüs- sigkeit steht. Wir verfehlen nicht, hier noch einmal darauf aufmerksam zu machen, dass jedoch keineswegs das in das Blut verbreitete Ogas oder Ngas dichter wird, wenn der Barometerstand bei sonst gleichblei- benden Verhältnissen nur steigt durch eine Vermehrung des atmosphä- rischen Wassergehaltes. -- b) Da in der freien Luft die CO2 nur un- wesentliche Veränderungen erfährt, so wird die Dichtigkeit der im Blut diffundirten CO2 sich in Folge der atmosphärischen nicht wesent- lich ändern. Da nun aber unzweifelhaft ein grosser Theil der CO2, welche aus dem Blute unter dem Einfluss physikalischer Hilfsmittel aus- treten kann, nicht diffundirt, sondern in irgend welcher andern Form vorhanden ist, so ist es wenigstens denkbar, dass der Barometerdruck der Gesammtluft von Bedeutung ist für die Geschwindigkeit, mit der diese CO2 verdunstet. Wäre sie z. B. in einer flüssigen Verbindung vor- handen, so würden auf ihren Uebergang in den Gaszustand ganz dieselben Grundsätze anzuwenden sein, welche für das Wasser gelten. -- c) Der Wasserdampfgehalt, die Temperatur und die Gesammtspannung (Baro- meterstand) der Atmosphäre werden sich sämmtlich geltend machen für die Verdunstung des Wassers. Was zunächst den Dampfgehalt der At- mosphäre anlangt, so ist seine Bedeutung für den Wasserverlust bei der Athmung verschieden, je nachdem die Luft, in welcher die Verdunstung geschieht, bei der Athmung auf die Normaltemperatur des menschlichen Körpers gebracht wird, oder ob sie diejenige der Atmosphäre behält. Im ersten Fall, der sich z. B. mit der in die Lungen aufgenommenen Luft ereignet, wird um so mehr verdunsten können, je geringer der absolute Wassergehalt der eingenommenen Luft ist, also ceteris paribus am meisten im Winter, bei Sonnenaufgang, auf hohen Bergen, bei Nordostwind. Die- ses bedarf kaum einer Erläuterung; da die Luft in der Lunge auf etwa 36° C. erwärmt und nahezu für diese Temperatur mit Wasserdampf ge- sättigt wird, so muss die trockene Luft mehr Wasser ausführen, als die feuchte. -- Gerade umgekehrt verhält sich dagegen der Wasserverlust beim Hautathmen; dieser wird um so bedeutender sein, je grösser die Capazität der umgebenden Luft für Wasserdampf ist und je entfernter diese Luft von ihrem Sättigungspunkt steht (bei niedrigem relativen Dampfgehalt). Da sich nun beide Zustände erfahrungsgemäss zur Mit- tagszeit und im hohen Sommer ereignen, während im Winter die Luft fast vollkommen mit Wasserdampf gesättigt ist, so finden sich die Ver-
Athmungsflächen; Luftkreis.
4. Der Einfluss, den diese Veränderungen auf die Athmungen im Allgemeinen üben, gestaltet sich folgendermaassen. — a) Den Druck- schwankungen der trockenen Atmosphäre entsprechend, wird die Dich- tigkeit des im Blut diffundirten Sauerstoff- und Stickstoffgases sich meh- ren oder mindern, nach dem bekannten Grundsatz der Diffusionslehre, dass sich die Dichtigkeit eines in einer Flüssigkeit aufgelösten Gases ausgleicht mit derjenigen des gleichartigen Gases, welches über der Flüs- sigkeit steht. Wir verfehlen nicht, hier noch einmal darauf aufmerksam zu machen, dass jedoch keineswegs das in das Blut verbreitete Ogas oder Ngas dichter wird, wenn der Barometerstand bei sonst gleichblei- benden Verhältnissen nur steigt durch eine Vermehrung des atmosphä- rischen Wassergehaltes. — b) Da in der freien Luft die CO2 nur un- wesentliche Veränderungen erfährt, so wird die Dichtigkeit der im Blut diffundirten CO2 sich in Folge der atmosphärischen nicht wesent- lich ändern. Da nun aber unzweifelhaft ein grosser Theil der CO2, welche aus dem Blute unter dem Einfluss physikalischer Hilfsmittel aus- treten kann, nicht diffundirt, sondern in irgend welcher andern Form vorhanden ist, so ist es wenigstens denkbar, dass der Barometerdruck der Gesammtluft von Bedeutung ist für die Geschwindigkeit, mit der diese CO2 verdunstet. Wäre sie z. B. in einer flüssigen Verbindung vor- handen, so würden auf ihren Uebergang in den Gaszustand ganz dieselben Grundsätze anzuwenden sein, welche für das Wasser gelten. — c) Der Wasserdampfgehalt, die Temperatur und die Gesammtspannung (Baro- meterstand) der Atmosphäre werden sich sämmtlich geltend machen für die Verdunstung des Wassers. Was zunächst den Dampfgehalt der At- mosphäre anlangt, so ist seine Bedeutung für den Wasserverlust bei der Athmung verschieden, je nachdem die Luft, in welcher die Verdunstung geschieht, bei der Athmung auf die Normaltemperatur des menschlichen Körpers gebracht wird, oder ob sie diejenige der Atmosphäre behält. Im ersten Fall, der sich z. B. mit der in die Lungen aufgenommenen Luft ereignet, wird um so mehr verdunsten können, je geringer der absolute Wassergehalt der eingenommenen Luft ist, also ceteris paribus am meisten im Winter, bei Sonnenaufgang, auf hohen Bergen, bei Nordostwind. Die- ses bedarf kaum einer Erläuterung; da die Luft in der Lunge auf etwa 36° C. erwärmt und nahezu für diese Temperatur mit Wasserdampf ge- sättigt wird, so muss die trockene Luft mehr Wasser ausführen, als die feuchte. — Gerade umgekehrt verhält sich dagegen der Wasserverlust beim Hautathmen; dieser wird um so bedeutender sein, je grösser die Capazität der umgebenden Luft für Wasserdampf ist und je entfernter diese Luft von ihrem Sättigungspunkt steht (bei niedrigem relativen Dampfgehalt). Da sich nun beide Zustände erfahrungsgemäss zur Mit- tagszeit und im hohen Sommer ereignen, während im Winter die Luft fast vollkommen mit Wasserdampf gesättigt ist, so finden sich die Ver-
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[303/0319]
Athmungsflächen; Luftkreis.
4. Der Einfluss, den diese Veränderungen auf die Athmungen im
Allgemeinen üben, gestaltet sich folgendermaassen. — a) Den Druck-
schwankungen der trockenen Atmosphäre entsprechend, wird die Dich-
tigkeit des im Blut diffundirten Sauerstoff- und Stickstoffgases sich meh-
ren oder mindern, nach dem bekannten Grundsatz der Diffusionslehre,
dass sich die Dichtigkeit eines in einer Flüssigkeit aufgelösten Gases
ausgleicht mit derjenigen des gleichartigen Gases, welches über der Flüs-
sigkeit steht. Wir verfehlen nicht, hier noch einmal darauf aufmerksam
zu machen, dass jedoch keineswegs das in das Blut verbreitete Ogas
oder Ngas dichter wird, wenn der Barometerstand bei sonst gleichblei-
benden Verhältnissen nur steigt durch eine Vermehrung des atmosphä-
rischen Wassergehaltes. — b) Da in der freien Luft die CO2 nur un-
wesentliche Veränderungen erfährt, so wird die Dichtigkeit der im
Blut diffundirten CO2 sich in Folge der atmosphärischen nicht wesent-
lich ändern. Da nun aber unzweifelhaft ein grosser Theil der CO2,
welche aus dem Blute unter dem Einfluss physikalischer Hilfsmittel aus-
treten kann, nicht diffundirt, sondern in irgend welcher andern Form
vorhanden ist, so ist es wenigstens denkbar, dass der Barometerdruck
der Gesammtluft von Bedeutung ist für die Geschwindigkeit, mit der
diese CO2 verdunstet. Wäre sie z. B. in einer flüssigen Verbindung vor-
handen, so würden auf ihren Uebergang in den Gaszustand ganz dieselben
Grundsätze anzuwenden sein, welche für das Wasser gelten. — c) Der
Wasserdampfgehalt, die Temperatur und die Gesammtspannung (Baro-
meterstand) der Atmosphäre werden sich sämmtlich geltend machen für
die Verdunstung des Wassers. Was zunächst den Dampfgehalt der At-
mosphäre anlangt, so ist seine Bedeutung für den Wasserverlust bei der
Athmung verschieden, je nachdem die Luft, in welcher die Verdunstung
geschieht, bei der Athmung auf die Normaltemperatur des menschlichen
Körpers gebracht wird, oder ob sie diejenige der Atmosphäre behält.
Im ersten Fall, der sich z. B. mit der in die Lungen aufgenommenen Luft
ereignet, wird um so mehr verdunsten können, je geringer der absolute
Wassergehalt der eingenommenen Luft ist, also ceteris paribus am meisten
im Winter, bei Sonnenaufgang, auf hohen Bergen, bei Nordostwind. Die-
ses bedarf kaum einer Erläuterung; da die Luft in der Lunge auf etwa
36° C. erwärmt und nahezu für diese Temperatur mit Wasserdampf ge-
sättigt wird, so muss die trockene Luft mehr Wasser ausführen, als die
feuchte. — Gerade umgekehrt verhält sich dagegen der Wasserverlust
beim Hautathmen; dieser wird um so bedeutender sein, je grösser die
Capazität der umgebenden Luft für Wasserdampf ist und je entfernter
diese Luft von ihrem Sättigungspunkt steht (bei niedrigem relativen
Dampfgehalt). Da sich nun beide Zustände erfahrungsgemäss zur Mit-
tagszeit und im hohen Sommer ereignen, während im Winter die Luft
fast vollkommen mit Wasserdampf gesättigt ist, so finden sich die Ver-
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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856/319>, abgerufen am 22.11.2024.
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