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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856.

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Leber; Galle.
[Tabelle]

Eine Vergleichung dieser Beobachtungen ergiebt ausser den im Text mitgetheil-
ten Resultaten, dass die Absonderungsgeschwindigkeit in dem Hunde, welchen Nasse
beobachtete, um das 3 bis 4fache diejenige in dem von Arnold beobachteten Hunde
übertraf. Der Grund ist theilweise wenigstens darin zu suchen, dass der erste Hund
in einem Zustand starb, der mit grosser Magerkeit und Blutleere verbunden war, in
Folge dessen wohl das Gewicht der Leber geringer ausgefallen ist; wahrscheinlich
war das Lebergewicht zur Beobachtungszeit, welche zu Beginn der ganzen Versuchs-
reihe fiel, beträchtlich höher gewesen *). -- Vergleichen wir nun aber auch den Ar-
nold's
chen Hund mit den von Katzen gelieferten Zahlen, so finden wir, dass die
mittlere tägliche Absonderungsgeschwindigkeit der festen Bestandtheile bei Hunden das
tägliche Maximum derselben bei den Katzen erreicht und übertrifft. Es muss dahin
gestellt bleiben, ob dieses eine Folge der Verschiedenheit der Thiere oder der grös-
sern relativen Futtermenge ist, welche bei Anwesenheit permanenter Fisteln verzehrt
wird. Die Geschwindigkeit der Wasserabsonderung ist bei Hunden sehr viel bedeu-
tender, als bei den Katzen.

Der Versuch, aus den vorliegenden Beobachtungen an Thieren die
Geschwindigkeit für die Gallenabsonderung des Menschen abzuleiten,
möchte freilich gewagt erscheinen; behält man aber im Auge, dass das
Tagesmittel derselben auch bei Menschen, je nach Individualität und
Lebensart, bedeutend schwanken mag, so kann man immerhin die bei
Hunden beobachteten Grenzfälle, welche für die Absonderungsgeschwin-
digkeit der festen Bestandtheile = 0,0225 und 0,0057 waren, auch
für solche annehmen, die einmal beim Menschen vorkommen können.
Um mit Hilfe derselben den absoluten Werth der täglichen Gallenmenge
des Menschen abzuleiten, hat man darauf nur nöthig, die obigen Zahlen
mit dem mittleren Lebergewicht des Menschen (nach Huschke, offen-
bar zu hoch, = 2500 Gr.) zu multipliziren. Das Ergebniss dieser Ope-
ration würde sein, dass aus der Menschenleber täglich zwischen 13 bis
45 Gr. fester Substanz austreten. Da nun die Menschengallen nach
Frerichs und Gorup (nach Abrechnung von 1 bis 2 pCt. Schleim)
zwischen 8 und 16 Procent fester Bestandtheile enthalten, so würde

*) Bidder und Schmidt beobachteten u. A. in sehr verschiedenen Bedingungen und zu den ver-
schiedensten Tageszeiten einen Hund 8 Wochen hindurch. Aus dem Versuch leiten sie ab, dass
der Hund im Mittel täglich 8,45 Rückstand und 155,30 Wasser entleert habe. Die Leber des 5390
Gr. schweren Thiers wog 276 Gr. Dieses würde einer Absonderungsgeschwindigkeit von gar
0,0306 für die festen Stoffe und von 0,5625 für das Wasser entsprechen.
Leber; Galle.
[Tabelle]

Eine Vergleichung dieser Beobachtungen ergiebt ausser den im Text mitgetheil-
ten Resultaten, dass die Absonderungsgeschwindigkeit in dem Hunde, welchen Nasse
beobachtete, um das 3 bis 4fache diejenige in dem von Arnold beobachteten Hunde
übertraf. Der Grund ist theilweise wenigstens darin zu suchen, dass der erste Hund
in einem Zustand starb, der mit grosser Magerkeit und Blutleere verbunden war, in
Folge dessen wohl das Gewicht der Leber geringer ausgefallen ist; wahrscheinlich
war das Lebergewicht zur Beobachtungszeit, welche zu Beginn der ganzen Versuchs-
reihe fiel, beträchtlich höher gewesen *). — Vergleichen wir nun aber auch den Ar-
nold’s
chen Hund mit den von Katzen gelieferten Zahlen, so finden wir, dass die
mittlere tägliche Absonderungsgeschwindigkeit der festen Bestandtheile bei Hunden das
tägliche Maximum derselben bei den Katzen erreicht und übertrifft. Es muss dahin
gestellt bleiben, ob dieses eine Folge der Verschiedenheit der Thiere oder der grös-
sern relativen Futtermenge ist, welche bei Anwesenheit permanenter Fisteln verzehrt
wird. Die Geschwindigkeit der Wasserabsonderung ist bei Hunden sehr viel bedeu-
tender, als bei den Katzen.

Der Versuch, aus den vorliegenden Beobachtungen an Thieren die
Geschwindigkeit für die Gallenabsonderung des Menschen abzuleiten,
möchte freilich gewagt erscheinen; behält man aber im Auge, dass das
Tagesmittel derselben auch bei Menschen, je nach Individualität und
Lebensart, bedeutend schwanken mag, so kann man immerhin die bei
Hunden beobachteten Grenzfälle, welche für die Absonderungsgeschwin-
digkeit der festen Bestandtheile = 0,0225 und 0,0057 waren, auch
für solche annehmen, die einmal beim Menschen vorkommen können.
Um mit Hilfe derselben den absoluten Werth der täglichen Gallenmenge
des Menschen abzuleiten, hat man darauf nur nöthig, die obigen Zahlen
mit dem mittleren Lebergewicht des Menschen (nach Huschke, offen-
bar zu hoch, = 2500 Gr.) zu multipliziren. Das Ergebniss dieser Ope-
ration würde sein, dass aus der Menschenleber täglich zwischen 13 bis
45 Gr. fester Substanz austreten. Da nun die Menschengallen nach
Frerichs und Gorup (nach Abrechnung von 1 bis 2 pCt. Schleim)
zwischen 8 und 16 Procent fester Bestandtheile enthalten, so würde

*) Bidder und Schmidt beobachteten u. A. in sehr verschiedenen Bedingungen und zu den ver-
schiedensten Tageszeiten einen Hund 8 Wochen hindurch. Aus dem Versuch leiten sie ab, dass
der Hund im Mittel täglich 8,45 Rückstand und 155,30 Wasser entleert habe. Die Leber des 5390
Gr. schweren Thiers wog 276 Gr. Dieses würde einer Absonderungsgeschwindigkeit von gar
0,0306 für die festen Stoffe und von 0,5625 für das Wasser entsprechen.
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[229/0245] Leber; Galle. Eine Vergleichung dieser Beobachtungen ergiebt ausser den im Text mitgetheil- ten Resultaten, dass die Absonderungsgeschwindigkeit in dem Hunde, welchen Nasse beobachtete, um das 3 bis 4fache diejenige in dem von Arnold beobachteten Hunde übertraf. Der Grund ist theilweise wenigstens darin zu suchen, dass der erste Hund in einem Zustand starb, der mit grosser Magerkeit und Blutleere verbunden war, in Folge dessen wohl das Gewicht der Leber geringer ausgefallen ist; wahrscheinlich war das Lebergewicht zur Beobachtungszeit, welche zu Beginn der ganzen Versuchs- reihe fiel, beträchtlich höher gewesen *). — Vergleichen wir nun aber auch den Ar- nold’schen Hund mit den von Katzen gelieferten Zahlen, so finden wir, dass die mittlere tägliche Absonderungsgeschwindigkeit der festen Bestandtheile bei Hunden das tägliche Maximum derselben bei den Katzen erreicht und übertrifft. Es muss dahin gestellt bleiben, ob dieses eine Folge der Verschiedenheit der Thiere oder der grös- sern relativen Futtermenge ist, welche bei Anwesenheit permanenter Fisteln verzehrt wird. Die Geschwindigkeit der Wasserabsonderung ist bei Hunden sehr viel bedeu- tender, als bei den Katzen. Der Versuch, aus den vorliegenden Beobachtungen an Thieren die Geschwindigkeit für die Gallenabsonderung des Menschen abzuleiten, möchte freilich gewagt erscheinen; behält man aber im Auge, dass das Tagesmittel derselben auch bei Menschen, je nach Individualität und Lebensart, bedeutend schwanken mag, so kann man immerhin die bei Hunden beobachteten Grenzfälle, welche für die Absonderungsgeschwin- digkeit der festen Bestandtheile = 0,0225 und 0,0057 waren, auch für solche annehmen, die einmal beim Menschen vorkommen können. Um mit Hilfe derselben den absoluten Werth der täglichen Gallenmenge des Menschen abzuleiten, hat man darauf nur nöthig, die obigen Zahlen mit dem mittleren Lebergewicht des Menschen (nach Huschke, offen- bar zu hoch, = 2500 Gr.) zu multipliziren. Das Ergebniss dieser Ope- ration würde sein, dass aus der Menschenleber täglich zwischen 13 bis 45 Gr. fester Substanz austreten. Da nun die Menschengallen nach Frerichs und Gorup (nach Abrechnung von 1 bis 2 pCt. Schleim) zwischen 8 und 16 Procent fester Bestandtheile enthalten, so würde *) Bidder und Schmidt beobachteten u. A. in sehr verschiedenen Bedingungen und zu den ver- schiedensten Tageszeiten einen Hund 8 Wochen hindurch. Aus dem Versuch leiten sie ab, dass der Hund im Mittel täglich 8,45 Rückstand und 155,30 Wasser entleert habe. Die Leber des 5390 Gr. schweren Thiers wog 276 Gr. Dieses würde einer Absonderungsgeschwindigkeit von gar 0,0306 für die festen Stoffe und von 0,5625 für das Wasser entsprechen.

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Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856/245>, abgerufen am 19.04.2024.