man auch übereingekommen, sie mit dem Namen der Auswürflinge zu bezeichnen.
Zwischen den Fetten und dem Eiweiss einerseits und den Auswürf- lingen oder den letzten Produkten des thierischen Stoffwechsels ander- seits liegt somit eine grosse Zahl von Atomgruppen in der Mitte, welche man als die allmähligen Uebergänge der wesentlichen Bestandtheile des Bluts in die des Harns, der Lungen und des Hautdunstes ansehen kann. Diese Mittelprodukte verdienen hier noch einige Aufmerksamkeit.
Rücksichtlich ihrer Entstehung kann als gewiss angesehen werden, dass die Bedingungen für diese Umsetzungen erster Ordnung, wie wir sie nennen wollen, sich nicht gleichmässig durch den ganzen Körper hindurch vertheilt finden, so dass in einem jeden Organe ein jedes dieser Produkte zum Vorschein kommen könnte, im Gegentheil, es knüpfen sich an bestimmte Organe auch ganz bestimmte Umsetzungsprozesse. In die- sem Sinne kann also ein jedes Organ als ein spezifischer chemischer Herd betrachtet werden. So wird u. A. gebildet: im Hirn Cerebrin, Lecithin, Oleophosphorsäure, Cholestearin(?) (Fremy und Gobley); in den Muskeln die niedern Glieder der Fettsäurenreihe von der Butter- säure abwärts, Milchsäure, Inosinsäure, Kreatin, Kreatinin und Muskel- zucker (Liebig und Scherer); in der Leber Biliphain und Biliverdin (Heintz), Glyco- und Taurocholsäure (Strecker), Tyrosin und Leucin (Frerichs und Staedeler), Traubenzucker (Bernard); in der Milz und dem Pankres Leucin (Frerichs, Staedeler, Virchow), Hypo- xanthin und Harnsäure (Scherer); in der Lunge neben andern cry- stallinischen S und N haltigen Produkten Harnsäure (Cloetta); in den Synovialsäcken, Schleim- und Speicheldrüsen Schleimstoff; in den Milch- drüsen Casein und Milchzucker; in dem Bindegewebe und den Knochen Collagen; in dem elastischen Gewebe elastischer Stoff; in den Knorpeln Chondrin (J. Müller); in den Epithelialzellen und den Haaren eine sehr schwefelreiche Atomgruppe (Mulder) u. s. w.
Der Mechanismus, durch welchen in den bezeichneten Orten die Umsetzung eingeleitet wird, ist nun freilich noch in Finsterniss ge- hüllt, welche, so tief sie auch sein mag, uns doch wenigstens er- kennen lässt, dass die aufgezählten Produkte aus Fetten und Eiweiss gebildet wurden, entweder mittelst einer blossen Umlegung ihrer Atome ohne gleichzeitige Veränderung ihrer Zahl, oder durch eine einfache Spal- tung, oder durch eine Spaltung mit nachfolgender Wiedervereinigung ein- zelner Spaltungsprodukte, oder endlich durch eine Spaltung, welche von einer theilweisen Oxydation begleitet wurde. Es wird erst die Aufgabe der besondern Absonderungslehre sein können, im einzelnen Fall auf die wahrscheinlichste Entstehungsweise hin zu deuten; im Allgemeinen lässt sich aber hier gleich einsehen, dass das gleichzeitige Erscheinen von stickstofffreien und stickstoffreichen oder schwefelfreien und schwefel-
Abkömmlinge erster und zweiter Ordnung.
man auch übereingekommen, sie mit dem Namen der Auswürflinge zu bezeichnen.
Zwischen den Fetten und dem Eiweiss einerseits und den Auswürf- lingen oder den letzten Produkten des thierischen Stoffwechsels ander- seits liegt somit eine grosse Zahl von Atomgruppen in der Mitte, welche man als die allmähligen Uebergänge der wesentlichen Bestandtheile des Bluts in die des Harns, der Lungen und des Hautdunstes ansehen kann. Diese Mittelprodukte verdienen hier noch einige Aufmerksamkeit.
Rücksichtlich ihrer Entstehung kann als gewiss angesehen werden, dass die Bedingungen für diese Umsetzungen erster Ordnung, wie wir sie nennen wollen, sich nicht gleichmässig durch den ganzen Körper hindurch vertheilt finden, so dass in einem jeden Organe ein jedes dieser Produkte zum Vorschein kommen könnte, im Gegentheil, es knüpfen sich an bestimmte Organe auch ganz bestimmte Umsetzungsprozesse. In die- sem Sinne kann also ein jedes Organ als ein spezifischer chemischer Herd betrachtet werden. So wird u. A. gebildet: im Hirn Cerebrin, Lecithin, Oleophosphorsäure, Cholestearin(?) (Fremy und Gobley); in den Muskeln die niedern Glieder der Fettsäurenreihe von der Butter- säure abwärts, Milchsäure, Inosinsäure, Kreatin, Kreatinin und Muskel- zucker (Liebig und Scherer); in der Leber Biliphain und Biliverdin (Heintz), Glyco- und Taurocholsäure (Strecker), Tyrosin und Leucin (Frerichs und Staedeler), Traubenzucker (Bernard); in der Milz und dem Pankres Leucin (Frerichs, Staedeler, Virchow), Hypo- xanthin und Harnsäure (Scherer); in der Lunge neben andern cry- stallinischen S und N haltigen Produkten Harnsäure (Cloetta); in den Synovialsäcken, Schleim- und Speicheldrüsen Schleimstoff; in den Milch- drüsen Casein und Milchzucker; in dem Bindegewebe und den Knochen Collagen; in dem elastischen Gewebe elastischer Stoff; in den Knorpeln Chondrin (J. Müller); in den Epithelialzellen und den Haaren eine sehr schwefelreiche Atomgruppe (Mulder) u. s. w.
Der Mechanismus, durch welchen in den bezeichneten Orten die Umsetzung eingeleitet wird, ist nun freilich noch in Finsterniss ge- hüllt, welche, so tief sie auch sein mag, uns doch wenigstens er- kennen lässt, dass die aufgezählten Produkte aus Fetten und Eiweiss gebildet wurden, entweder mittelst einer blossen Umlegung ihrer Atome ohne gleichzeitige Veränderung ihrer Zahl, oder durch eine einfache Spal- tung, oder durch eine Spaltung mit nachfolgender Wiedervereinigung ein- zelner Spaltungsprodukte, oder endlich durch eine Spaltung, welche von einer theilweisen Oxydation begleitet wurde. Es wird erst die Aufgabe der besondern Absonderungslehre sein können, im einzelnen Fall auf die wahrscheinlichste Entstehungsweise hin zu deuten; im Allgemeinen lässt sich aber hier gleich einsehen, dass das gleichzeitige Erscheinen von stickstofffreien und stickstoffreichen oder schwefelfreien und schwefel-
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[152/0168]
Abkömmlinge erster und zweiter Ordnung.
man auch übereingekommen, sie mit dem Namen der Auswürflinge zu
bezeichnen.
Zwischen den Fetten und dem Eiweiss einerseits und den Auswürf-
lingen oder den letzten Produkten des thierischen Stoffwechsels ander-
seits liegt somit eine grosse Zahl von Atomgruppen in der Mitte, welche
man als die allmähligen Uebergänge der wesentlichen Bestandtheile des
Bluts in die des Harns, der Lungen und des Hautdunstes ansehen kann.
Diese Mittelprodukte verdienen hier noch einige Aufmerksamkeit.
Rücksichtlich ihrer Entstehung kann als gewiss angesehen werden,
dass die Bedingungen für diese Umsetzungen erster Ordnung, wie wir
sie nennen wollen, sich nicht gleichmässig durch den ganzen Körper
hindurch vertheilt finden, so dass in einem jeden Organe ein jedes dieser
Produkte zum Vorschein kommen könnte, im Gegentheil, es knüpfen sich
an bestimmte Organe auch ganz bestimmte Umsetzungsprozesse. In die-
sem Sinne kann also ein jedes Organ als ein spezifischer chemischer
Herd betrachtet werden. So wird u. A. gebildet: im Hirn Cerebrin,
Lecithin, Oleophosphorsäure, Cholestearin(?) (Fremy und Gobley);
in den Muskeln die niedern Glieder der Fettsäurenreihe von der Butter-
säure abwärts, Milchsäure, Inosinsäure, Kreatin, Kreatinin und Muskel-
zucker (Liebig und Scherer); in der Leber Biliphain und Biliverdin
(Heintz), Glyco- und Taurocholsäure (Strecker), Tyrosin und Leucin
(Frerichs und Staedeler), Traubenzucker (Bernard); in der Milz
und dem Pankres Leucin (Frerichs, Staedeler, Virchow), Hypo-
xanthin und Harnsäure (Scherer); in der Lunge neben andern cry-
stallinischen S und N haltigen Produkten Harnsäure (Cloetta); in den
Synovialsäcken, Schleim- und Speicheldrüsen Schleimstoff; in den Milch-
drüsen Casein und Milchzucker; in dem Bindegewebe und den Knochen
Collagen; in dem elastischen Gewebe elastischer Stoff; in den Knorpeln
Chondrin (J. Müller); in den Epithelialzellen und den Haaren eine sehr
schwefelreiche Atomgruppe (Mulder) u. s. w.
Der Mechanismus, durch welchen in den bezeichneten Orten die
Umsetzung eingeleitet wird, ist nun freilich noch in Finsterniss ge-
hüllt, welche, so tief sie auch sein mag, uns doch wenigstens er-
kennen lässt, dass die aufgezählten Produkte aus Fetten und Eiweiss
gebildet wurden, entweder mittelst einer blossen Umlegung ihrer Atome
ohne gleichzeitige Veränderung ihrer Zahl, oder durch eine einfache Spal-
tung, oder durch eine Spaltung mit nachfolgender Wiedervereinigung ein-
zelner Spaltungsprodukte, oder endlich durch eine Spaltung, welche von
einer theilweisen Oxydation begleitet wurde. Es wird erst die Aufgabe
der besondern Absonderungslehre sein können, im einzelnen Fall auf
die wahrscheinlichste Entstehungsweise hin zu deuten; im Allgemeinen
lässt sich aber hier gleich einsehen, dass das gleichzeitige Erscheinen
von stickstofffreien und stickstoffreichen oder schwefelfreien und schwefel-
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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856/168>, abgerufen am 21.11.2024.
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