Ludwig, Otto: Zwischen Himmel und Erde. Frankfurt (Main), 1856.von der Aehnlichkeit mit ihrem Gatten lag in ihren ""Was?"" fragte die Mutter. "Wenn du da gewesen bist und fortgehst, sieht er dir ""Wer?"" fragte die Mutter. "Nun, der Onkel Apollonius. Wer sonst? Hast Das Mädchen plauderte weiter und vergaß den von der Aehnlichkeit mit ihrem Gatten lag in ihren „„Was?““ fragte die Mutter. „Wenn du da geweſen biſt und fortgehſt, ſieht er dir „„Wer?““ fragte die Mutter. „Nun, der Onkel Apollonius. Wer ſonſt? Haſt Das Mädchen plauderte weiter und vergaß den <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0099" n="90"/> von der Aehnlichkeit mit ihrem Gatten lag in ihren<lb/> Zügen. Sie war nur eine äußerliche geweſen. Und<lb/> nur Aeußerliches ſchien die heitern Linien berührt zu<lb/> haben; kein tiefinneres Erlebniß hatte ſeine Marke<lb/> ihnen aufgeprägt. Das kleine Mädchen hatte dem<lb/> erwachſenen, ſeiner Mutter, von Puppen, Blumen,<lb/> Kindern, und in ſeiner Weiſe Manches zweimal, Man¬<lb/> ches nur halb erzählt. Jetzt erhob ſie mit altkluger<lb/> Ernſthaftigkeit das Köpfchen, ſah die Mutter bedenklich<lb/> an und ſagte: „Was das nur iſt?“</p><lb/> <p>„„Was?““ fragte die Mutter.</p><lb/> <p>„Wenn du da geweſen biſt und fortgehſt, ſieht er dir<lb/> ſo traurig nach.“</p><lb/> <p>„„Wer?““ fragte die Mutter.</p><lb/> <p>„Nun, der Onkel Apollonius. Wer ſonſt? Haſt<lb/> du ihn geſcholten? oder geſchlagen, wie mich, wenn<lb/> ich Zucker nehme und nicht frage? Du haſt ihm doch<lb/> gewiß etwas gethan; ſonſt wär' er nicht ſo betrübt.“</p><lb/> <p>Das Mädchen plauderte weiter und vergaß den<lb/> Onkel bald über einen Schmetterling. Die Mutter<lb/> nicht. Die Mutter hörte nicht mehr, was das Mäd¬<lb/> chen plauderte. Was war das doch für ein eigenes<lb/> Gefühl, wohl und weh zugleich! Sie hatte die Nadel<lb/> fallen laſſen, und merkte es nicht. War ſie erſchrocken?<lb/> Es war ihr, als wär ſie erſchrocken, etwa ſo, wie man<lb/> erſchrickt, hat man mit einem Menſchen geredet, und<lb/> wird plötzlich inne, es iſt ein anderer, als mit dem<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [90/0099]
von der Aehnlichkeit mit ihrem Gatten lag in ihren
Zügen. Sie war nur eine äußerliche geweſen. Und
nur Aeußerliches ſchien die heitern Linien berührt zu
haben; kein tiefinneres Erlebniß hatte ſeine Marke
ihnen aufgeprägt. Das kleine Mädchen hatte dem
erwachſenen, ſeiner Mutter, von Puppen, Blumen,
Kindern, und in ſeiner Weiſe Manches zweimal, Man¬
ches nur halb erzählt. Jetzt erhob ſie mit altkluger
Ernſthaftigkeit das Köpfchen, ſah die Mutter bedenklich
an und ſagte: „Was das nur iſt?“
„„Was?““ fragte die Mutter.
„Wenn du da geweſen biſt und fortgehſt, ſieht er dir
ſo traurig nach.“
„„Wer?““ fragte die Mutter.
„Nun, der Onkel Apollonius. Wer ſonſt? Haſt
du ihn geſcholten? oder geſchlagen, wie mich, wenn
ich Zucker nehme und nicht frage? Du haſt ihm doch
gewiß etwas gethan; ſonſt wär' er nicht ſo betrübt.“
Das Mädchen plauderte weiter und vergaß den
Onkel bald über einen Schmetterling. Die Mutter
nicht. Die Mutter hörte nicht mehr, was das Mäd¬
chen plauderte. Was war das doch für ein eigenes
Gefühl, wohl und weh zugleich! Sie hatte die Nadel
fallen laſſen, und merkte es nicht. War ſie erſchrocken?
Es war ihr, als wär ſie erſchrocken, etwa ſo, wie man
erſchrickt, hat man mit einem Menſchen geredet, und
wird plötzlich inne, es iſt ein anderer, als mit dem
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