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Ludwig, Otto: Zwischen Himmel und Erde. Frankfurt (Main), 1856.

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nach dem Verhältniß Apollonius zu der Tochter des
Vetters und lachte dann wieder über den Bruder Spa߬
vogel, in dem man den alten Träumer gar nicht wieder¬
erkenne.

Nach Tisch kamen die Kinder wieder herein und mit
ihnen mehr Leben und Gemüthlichkeit. Während Apol¬
lonius vor den alten Verhältnissen noch als vor neuen
und fremden stand, hatte das neue zu den Kleinen schon
die ganze Vertraulichkeit eines alten gewonnen. Den
ganzen Nachmittag beschäftigte den Bruder und, wie
es schien, auch die Schwägerin nur der Ball. Der
Bruder vergaß immer mehr, was ihm unbehaglich sein
mochte, über dem Eindruck, den er als Hauptperson bei
dem Feste auf den Ankömmling machen würde, und
benutzte die Zeit bis zum Beginne desselben, ihm durch
Erzählungen und hingeworfene Winke von Ehre und
Aufmerksamkeit, die ihm bei solchen Gelegenheiten von
den angesehensten Bürgern erwiesen werde, einen Vor¬
geschmack zu geben. Er wurde zusehends heiterer und
schritt immer stolzer in der Stube hin und her. Das
Knarren seiner wohlgewichsten Stiefeln sagte einstwei¬
len, eh's die Ballgäste thaten: Ei, da ist er ja! da ist
er ja! und wenn er dazwischen mit beiden Händen in
den Hosentaschen mit Geld klapperte, klang's aus allen
Saalecken: Nun wird's famos! Nun wird's famos!
Und dahin zwischen den Bewillkommnenden -- aber
schon ging er nicht mehr, er schwebte, er schwamm auf

nach dem Verhältniß Apollonius zu der Tochter des
Vetters und lachte dann wieder über den Bruder Spa߬
vogel, in dem man den alten Träumer gar nicht wieder¬
erkenne.

Nach Tiſch kamen die Kinder wieder herein und mit
ihnen mehr Leben und Gemüthlichkeit. Während Apol¬
lonius vor den alten Verhältniſſen noch als vor neuen
und fremden ſtand, hatte das neue zu den Kleinen ſchon
die ganze Vertraulichkeit eines alten gewonnen. Den
ganzen Nachmittag beſchäftigte den Bruder und, wie
es ſchien, auch die Schwägerin nur der Ball. Der
Bruder vergaß immer mehr, was ihm unbehaglich ſein
mochte, über dem Eindruck, den er als Hauptperſon bei
dem Feſte auf den Ankömmling machen würde, und
benutzte die Zeit bis zum Beginne desſelben, ihm durch
Erzählungen und hingeworfene Winke von Ehre und
Aufmerkſamkeit, die ihm bei ſolchen Gelegenheiten von
den angeſehenſten Bürgern erwieſen werde, einen Vor¬
geſchmack zu geben. Er wurde zuſehends heiterer und
ſchritt immer ſtolzer in der Stube hin und her. Das
Knarren ſeiner wohlgewichſten Stiefeln ſagte einſtwei¬
len, eh's die Ballgäſte thaten: Ei, da iſt er ja! da iſt
er ja! und wenn er dazwiſchen mit beiden Händen in
den Hoſentaſchen mit Geld klapperte, klang's aus allen
Saalecken: Nun wird's famos! Nun wird's famos!
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[52/0061] nach dem Verhältniß Apollonius zu der Tochter des Vetters und lachte dann wieder über den Bruder Spa߬ vogel, in dem man den alten Träumer gar nicht wieder¬ erkenne. Nach Tiſch kamen die Kinder wieder herein und mit ihnen mehr Leben und Gemüthlichkeit. Während Apol¬ lonius vor den alten Verhältniſſen noch als vor neuen und fremden ſtand, hatte das neue zu den Kleinen ſchon die ganze Vertraulichkeit eines alten gewonnen. Den ganzen Nachmittag beſchäftigte den Bruder und, wie es ſchien, auch die Schwägerin nur der Ball. Der Bruder vergaß immer mehr, was ihm unbehaglich ſein mochte, über dem Eindruck, den er als Hauptperſon bei dem Feſte auf den Ankömmling machen würde, und benutzte die Zeit bis zum Beginne desſelben, ihm durch Erzählungen und hingeworfene Winke von Ehre und Aufmerkſamkeit, die ihm bei ſolchen Gelegenheiten von den angeſehenſten Bürgern erwieſen werde, einen Vor¬ geſchmack zu geben. Er wurde zuſehends heiterer und ſchritt immer ſtolzer in der Stube hin und her. Das Knarren ſeiner wohlgewichſten Stiefeln ſagte einſtwei¬ len, eh's die Ballgäſte thaten: Ei, da iſt er ja! da iſt er ja! und wenn er dazwiſchen mit beiden Händen in den Hoſentaſchen mit Geld klapperte, klang's aus allen Saalecken: Nun wird's famos! Nun wird's famos! Und dahin zwiſchen den Bewillkommnenden — aber ſchon ging er nicht mehr, er ſchwebte, er ſchwamm auf

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Zitationshilfe: Ludwig, Otto: Zwischen Himmel und Erde. Frankfurt (Main), 1856, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_himmel_1856/61>, abgerufen am 24.11.2024.