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Ludwig, Otto: Zwischen Himmel und Erde. Frankfurt (Main), 1856.

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oder ihre Kinder sah! Die drei schnellkräftigen Wesen
hoben die niedergedrückten Köpfchen wieder, sobald die
Last entfernt, war, die sie niedergedrückt. Die junge
Wittib sah nicht aus, als wäre sie schon Frau, noch
weniger, als wäre sie schon eine unglückliche Frau ge¬
wesen; sie erschien von Tag zu Tag mehr ein bräut¬
lich Mädchen oder eine mädchenhafte Braut. Und sollte
sie nicht? Wußte sie nicht, daß er sie liebte? liebte sie
ihn nicht? Mußte sie nicht das Necken Dritter darauf
bringen, fiel es ihr auch selbst nicht ein, daß ihre Liebe
nun eine erlaubte war? Wie oft mußte sie sich fragen lassen,
ob sie schon an ihrer Ausstattung nähe? die Kinder fragen
hören, ob ihnen ein neuer Papa auch recht sei? Konnte sie
anders darauf antworten, als mit stummem Erröthen und
indem sie rasch von etwas Anderem zu sprechen begann?
Und so machen es bräutliche Mädchen und mädchenhafte
Bräute; daß weiß Jeder. Und die Heirath war so
natürlich, ja nach den hergebrachten Begriffen so noth¬
wendig, daß die Ernsteren und die über das Necken
hinaus waren, dieß unausgesprochen voraussetzten und
es eben deßhalb nicht aussprachen, weil es sich ihnen von
selbst verstand. Auch der alte Herr ließ es in seiner
diplomatischen Art zu reden an dergleichen Andeutungen
nicht fehlen. Christiane sah den Mann, von dem die
Leute meinten, er könne, ja er müsse sie heirathen, noch
immer hoch über sich; es war ihr in dieser Beziehung,
wie in allen, Bedürfniß, Pflicht und Wollust, sich in

oder ihre Kinder ſah! Die drei ſchnellkräftigen Weſen
hoben die niedergedrückten Köpfchen wieder, ſobald die
Laſt entfernt, war, die ſie niedergedrückt. Die junge
Wittib ſah nicht aus, als wäre ſie ſchon Frau, noch
weniger, als wäre ſie ſchon eine unglückliche Frau ge¬
weſen; ſie erſchien von Tag zu Tag mehr ein bräut¬
lich Mädchen oder eine mädchenhafte Braut. Und ſollte
ſie nicht? Wußte ſie nicht, daß er ſie liebte? liebte ſie
ihn nicht? Mußte ſie nicht das Necken Dritter darauf
bringen, fiel es ihr auch ſelbſt nicht ein, daß ihre Liebe
nun eine erlaubte war? Wie oft mußte ſie ſich fragen laſſen,
ob ſie ſchon an ihrer Ausſtattung nähe? die Kinder fragen
hören, ob ihnen ein neuer Papa auch recht ſei? Konnte ſie
anders darauf antworten, als mit ſtummem Erröthen und
indem ſie raſch von etwas Anderem zu ſprechen begann?
Und ſo machen es bräutliche Mädchen und mädchenhafte
Bräute; daß weiß Jeder. Und die Heirath war ſo
natürlich, ja nach den hergebrachten Begriffen ſo noth¬
wendig, daß die Ernſteren und die über das Necken
hinaus waren, dieß unausgeſprochen vorausſetzten und
es eben deßhalb nicht ausſprachen, weil es ſich ihnen von
ſelbſt verſtand. Auch der alte Herr ließ es in ſeiner
diplomatiſchen Art zu reden an dergleichen Andeutungen
nicht fehlen. Chriſtiane ſah den Mann, von dem die
Leute meinten, er könne, ja er müſſe ſie heirathen, noch
immer hoch über ſich; es war ihr in dieſer Beziehung,
wie in allen, Bedürfniß, Pflicht und Wolluſt, ſich in

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[266/0275] oder ihre Kinder ſah! Die drei ſchnellkräftigen Weſen hoben die niedergedrückten Köpfchen wieder, ſobald die Laſt entfernt, war, die ſie niedergedrückt. Die junge Wittib ſah nicht aus, als wäre ſie ſchon Frau, noch weniger, als wäre ſie ſchon eine unglückliche Frau ge¬ weſen; ſie erſchien von Tag zu Tag mehr ein bräut¬ lich Mädchen oder eine mädchenhafte Braut. Und ſollte ſie nicht? Wußte ſie nicht, daß er ſie liebte? liebte ſie ihn nicht? Mußte ſie nicht das Necken Dritter darauf bringen, fiel es ihr auch ſelbſt nicht ein, daß ihre Liebe nun eine erlaubte war? Wie oft mußte ſie ſich fragen laſſen, ob ſie ſchon an ihrer Ausſtattung nähe? die Kinder fragen hören, ob ihnen ein neuer Papa auch recht ſei? Konnte ſie anders darauf antworten, als mit ſtummem Erröthen und indem ſie raſch von etwas Anderem zu ſprechen begann? Und ſo machen es bräutliche Mädchen und mädchenhafte Bräute; daß weiß Jeder. Und die Heirath war ſo natürlich, ja nach den hergebrachten Begriffen ſo noth¬ wendig, daß die Ernſteren und die über das Necken hinaus waren, dieß unausgeſprochen vorausſetzten und es eben deßhalb nicht ausſprachen, weil es ſich ihnen von ſelbſt verſtand. Auch der alte Herr ließ es in ſeiner diplomatiſchen Art zu reden an dergleichen Andeutungen nicht fehlen. Chriſtiane ſah den Mann, von dem die Leute meinten, er könne, ja er müſſe ſie heirathen, noch immer hoch über ſich; es war ihr in dieſer Beziehung, wie in allen, Bedürfniß, Pflicht und Wolluſt, ſich in

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Zitationshilfe: Ludwig, Otto: Zwischen Himmel und Erde. Frankfurt (Main), 1856, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_himmel_1856/275>, abgerufen am 27.11.2024.