gegen solch ein Leben. Es war -- denn auch er war todt. Es wär' es noch, wär' auch Er noch todt. Und er wär' an ihr gerächt, an ihr hier mit dem teuflischen Engelslächeln; und er wär' an dem Vater gerächt, der ihn von Beaten riß, von seinem guten Engel. Und an den Knaben, die ihn zurückgestoßen, an dem todten Aennchen, das ihn verderben half und noch Tag und Nacht ihn quält. Er wäre -- aber er war's ja nicht. Er mußte gehn; er wurde noch elender, als er schon war; und die er haßte, die ihn verdorben, wurden glücklich durch sein Gehn. Er machte sie alle wieder zu Teufeln, um von ihrem Glanze nicht ver¬ nichtet zu werden. Er haßte in ihnen wieder, was er an ihnen gethan; er haßte in ihnen selbst die Gewalt, die er sich anthun mußte, Teufel in ihnen zu sehn. Und brach ihr Glanz dennoch durch die Schwärze, in die er sie angstvoll sich versteckte, standen sie als Engel über ihm, nun haßte er sie noch mit dem Neide der Teufel. Er hatte die Grenze überschritten, über welche keine Rückkehr mehr ist. Wie er die Frau in ihrer Schönheit dortliegen sah, trat ihn noch einmal der Gedanke an, diese Schönheit zu vernichten. Aber die einmal geweckte Erinnerung an den Augenblick, wo er todtgefaßt vor dem Vater lag und an das, was der Vater mit ihm wollte, erwies sich mächtiger und ver¬ trieb ihn. Das Bild des Augenblickes blieb ihm und tauschte nur die Personen. Er malte es immer farbi¬
gegen ſolch ein Leben. Es war — denn auch er war todt. Es wär' es noch, wär' auch Er noch todt. Und er wär' an ihr gerächt, an ihr hier mit dem teufliſchen Engelslächeln; und er wär' an dem Vater gerächt, der ihn von Beaten riß, von ſeinem guten Engel. Und an den Knaben, die ihn zurückgeſtoßen, an dem todten Aennchen, das ihn verderben half und noch Tag und Nacht ihn quält. Er wäre — aber er war's ja nicht. Er mußte gehn; er wurde noch elender, als er ſchon war; und die er haßte, die ihn verdorben, wurden glücklich durch ſein Gehn. Er machte ſie alle wieder zu Teufeln, um von ihrem Glanze nicht ver¬ nichtet zu werden. Er haßte in ihnen wieder, was er an ihnen gethan; er haßte in ihnen ſelbſt die Gewalt, die er ſich anthun mußte, Teufel in ihnen zu ſehn. Und brach ihr Glanz dennoch durch die Schwärze, in die er ſie angſtvoll ſich verſteckte, ſtanden ſie als Engel über ihm, nun haßte er ſie noch mit dem Neide der Teufel. Er hatte die Grenze überſchritten, über welche keine Rückkehr mehr iſt. Wie er die Frau in ihrer Schönheit dortliegen ſah, trat ihn noch einmal der Gedanke an, dieſe Schönheit zu vernichten. Aber die einmal geweckte Erinnerung an den Augenblick, wo er todtgefaßt vor dem Vater lag und an das, was der Vater mit ihm wollte, erwies ſich mächtiger und ver¬ trieb ihn. Das Bild des Augenblickes blieb ihm und tauſchte nur die Perſonen. Er malte es immer farbi¬
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gegen ſolch ein Leben. Es war — denn auch er war
todt. Es wär' es noch, wär' auch Er noch todt. Und
er wär' an ihr gerächt, an ihr hier mit dem teufliſchen
Engelslächeln; und er wär' an dem Vater gerächt,
der ihn von Beaten riß, von ſeinem guten Engel.
Und an den Knaben, die ihn zurückgeſtoßen, an dem
todten Aennchen, das ihn verderben half und noch
Tag und Nacht ihn quält. Er wäre — aber er war's
ja nicht. Er mußte gehn; er wurde noch elender, als
er ſchon war; und die er haßte, die ihn verdorben,
wurden glücklich durch ſein Gehn. Er machte ſie alle
wieder zu Teufeln, um von ihrem Glanze nicht ver¬
nichtet zu werden. Er haßte in ihnen wieder, was er
an ihnen gethan; er haßte in ihnen ſelbſt die Gewalt,
die er ſich anthun mußte, Teufel in ihnen zu ſehn.
Und brach ihr Glanz dennoch durch die Schwärze, in
die er ſie angſtvoll ſich verſteckte, ſtanden ſie als Engel
über ihm, nun haßte er ſie noch mit dem Neide der
Teufel. Er hatte die Grenze überſchritten, über welche
keine Rückkehr mehr iſt. Wie er die Frau in ihrer
Schönheit dortliegen ſah, trat ihn noch einmal der
Gedanke an, dieſe Schönheit zu vernichten. Aber die
einmal geweckte Erinnerung an den Augenblick, wo er
todtgefaßt vor dem Vater lag und an das, was der
Vater mit ihm wollte, erwies ſich mächtiger und ver¬
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Ludwig, Otto: Zwischen Himmel und Erde. Frankfurt (Main), 1856, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_himmel_1856/259>, abgerufen am 28.11.2024.
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