junge Volk; er ging selig um das Haus herum, indem er sie tanzend wußte. Er fühlte sich jetzt noch im Um¬ gang mit Mädchen und Frauen befangen, und wußte nicht mit ihnen zu reden; das war er damals noch mehr als jetzt. Wie gern' hätt' er ihr gesagt -- wenn er allein war, wieviel hatt' er ihr zu sagen und wie gut wußt er's zu sagen, und führte es ein Zufall, daß er sie allein traf -- und wunderbar wie geschäftig der Zufall sich zeigte, ein solch Zusammentreffen zu ver¬ mitteln -- da trieb ihm der Gedanke, jetzt sei der Augen¬ blick da, alles Blut nach dem Herzen, die Worte von der Zunge in den Versteck der tiefsten Seele zurück. So war es gewesen, wie sie, die Wangen vom Tanze glühend, allein herausgetreten war aus dem Hause. Es schien ihr nur um Kühlung zu thun; diese wehte sie sich mit dem weißen Tuche zu; aber ihre Wangen wurden nur röther. Er fühlte, sie hatte ihn geseh'n, sie erwartete, er sollte näher treten und daß sie wußte, er verstand sie, das war es, was ihr die Wangen rother färbte. Das war es, was, da er zögerte, sie wieder hinein trieb in den Saal. Vielleicht auch, daß sie einen Dritten nahen hörte. Sein Bruder kam aus einer andern Thüre des Saals. Er hatte die beiden noch schweigend einander gegenüber stehen, vielleicht auch des Mädchens Rötherwerden geseh'n. Du suchst die Beate? fragte unser Held, um seine Verlegenheit zu verbergen. Nein, entgegnete der Bruder. Sie ist
junge Volk; er ging ſelig um das Haus herum, indem er ſie tanzend wußte. Er fühlte ſich jetzt noch im Um¬ gang mit Mädchen und Frauen befangen, und wußte nicht mit ihnen zu reden; das war er damals noch mehr als jetzt. Wie gern' hätt' er ihr geſagt — wenn er allein war, wieviel hatt' er ihr zu ſagen und wie gut wußt er's zu ſagen, und führte es ein Zufall, daß er ſie allein traf — und wunderbar wie geſchäftig der Zufall ſich zeigte, ein ſolch Zuſammentreffen zu ver¬ mitteln — da trieb ihm der Gedanke, jetzt ſei der Augen¬ blick da, alles Blut nach dem Herzen, die Worte von der Zunge in den Verſteck der tiefſten Seele zurück. So war es geweſen, wie ſie, die Wangen vom Tanze glühend, allein herausgetreten war aus dem Hauſe. Es ſchien ihr nur um Kühlung zu thun; dieſe wehte ſie ſich mit dem weißen Tuche zu; aber ihre Wangen wurden nur röther. Er fühlte, ſie hatte ihn geſeh'n, ſie erwartete, er ſollte näher treten und daß ſie wußte, er verſtand ſie, das war es, was ihr die Wangen rother färbte. Das war es, was, da er zögerte, ſie wieder hinein trieb in den Saal. Vielleicht auch, daß ſie einen Dritten nahen hörte. Sein Bruder kam aus einer andern Thüre des Saals. Er hatte die beiden noch ſchweigend einander gegenüber ſtehen, vielleicht auch des Mädchens Rötherwerden geſeh'n. Du ſuchſt die Beate? fragte unſer Held, um ſeine Verlegenheit zu verbergen. Nein, entgegnete der Bruder. Sie iſt
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0023"n="14"/>
junge Volk; er ging ſelig um das Haus herum, indem<lb/>
er ſie tanzend wußte. Er fühlte ſich jetzt noch im Um¬<lb/>
gang mit Mädchen und Frauen befangen, und wußte<lb/>
nicht mit ihnen zu reden; das war er damals noch<lb/>
mehr als jetzt. Wie gern' hätt' er ihr geſagt —<lb/>
wenn er allein war, wieviel hatt' er ihr zu ſagen und<lb/>
wie gut wußt er's zu ſagen, und führte es ein Zufall,<lb/>
daß er ſie allein traf — und wunderbar wie geſchäftig<lb/>
der Zufall ſich zeigte, ein ſolch Zuſammentreffen zu ver¬<lb/>
mitteln — da trieb ihm der Gedanke, jetzt ſei der Augen¬<lb/>
blick da, alles Blut nach dem Herzen, die Worte von<lb/>
der Zunge in den Verſteck der tiefſten Seele zurück.<lb/>
So war es geweſen, wie ſie, die Wangen vom Tanze<lb/>
glühend, allein herausgetreten war aus dem Hauſe.<lb/>
Es ſchien ihr nur um Kühlung zu thun; dieſe wehte<lb/>ſie ſich mit dem weißen Tuche zu; aber ihre Wangen<lb/>
wurden nur röther. Er fühlte, ſie hatte ihn geſeh'n,<lb/>ſie erwartete, er ſollte näher treten und daß ſie wußte,<lb/>
er verſtand ſie, das war es, was ihr die Wangen<lb/>
rother färbte. Das war es, was, da er zögerte, ſie<lb/>
wieder hinein trieb in den Saal. Vielleicht auch, daß<lb/>ſie einen Dritten nahen hörte. Sein Bruder kam aus<lb/>
einer andern Thüre des Saals. Er hatte die beiden<lb/>
noch ſchweigend einander gegenüber ſtehen, vielleicht<lb/>
auch des Mädchens Rötherwerden geſeh'n. Du ſuchſt<lb/>
die Beate? fragte unſer Held, um ſeine Verlegenheit<lb/>
zu verbergen. Nein, entgegnete der Bruder. Sie iſt<lb/></p></div></body></text></TEI>
[14/0023]
junge Volk; er ging ſelig um das Haus herum, indem
er ſie tanzend wußte. Er fühlte ſich jetzt noch im Um¬
gang mit Mädchen und Frauen befangen, und wußte
nicht mit ihnen zu reden; das war er damals noch
mehr als jetzt. Wie gern' hätt' er ihr geſagt —
wenn er allein war, wieviel hatt' er ihr zu ſagen und
wie gut wußt er's zu ſagen, und führte es ein Zufall,
daß er ſie allein traf — und wunderbar wie geſchäftig
der Zufall ſich zeigte, ein ſolch Zuſammentreffen zu ver¬
mitteln — da trieb ihm der Gedanke, jetzt ſei der Augen¬
blick da, alles Blut nach dem Herzen, die Worte von
der Zunge in den Verſteck der tiefſten Seele zurück.
So war es geweſen, wie ſie, die Wangen vom Tanze
glühend, allein herausgetreten war aus dem Hauſe.
Es ſchien ihr nur um Kühlung zu thun; dieſe wehte
ſie ſich mit dem weißen Tuche zu; aber ihre Wangen
wurden nur röther. Er fühlte, ſie hatte ihn geſeh'n,
ſie erwartete, er ſollte näher treten und daß ſie wußte,
er verſtand ſie, das war es, was ihr die Wangen
rother färbte. Das war es, was, da er zögerte, ſie
wieder hinein trieb in den Saal. Vielleicht auch, daß
ſie einen Dritten nahen hörte. Sein Bruder kam aus
einer andern Thüre des Saals. Er hatte die beiden
noch ſchweigend einander gegenüber ſtehen, vielleicht
auch des Mädchens Rötherwerden geſeh'n. Du ſuchſt
die Beate? fragte unſer Held, um ſeine Verlegenheit
zu verbergen. Nein, entgegnete der Bruder. Sie iſt
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Ludwig, Otto: Zwischen Himmel und Erde. Frankfurt (Main), 1856, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_himmel_1856/23>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.