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Ludwig, Otto: Zwischen Himmel und Erde. Frankfurt (Main), 1856.

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junge Volk; er ging selig um das Haus herum, indem
er sie tanzend wußte. Er fühlte sich jetzt noch im Um¬
gang mit Mädchen und Frauen befangen, und wußte
nicht mit ihnen zu reden; das war er damals noch
mehr als jetzt. Wie gern' hätt' er ihr gesagt --
wenn er allein war, wieviel hatt' er ihr zu sagen und
wie gut wußt er's zu sagen, und führte es ein Zufall,
daß er sie allein traf -- und wunderbar wie geschäftig
der Zufall sich zeigte, ein solch Zusammentreffen zu ver¬
mitteln -- da trieb ihm der Gedanke, jetzt sei der Augen¬
blick da, alles Blut nach dem Herzen, die Worte von
der Zunge in den Versteck der tiefsten Seele zurück.
So war es gewesen, wie sie, die Wangen vom Tanze
glühend, allein herausgetreten war aus dem Hause.
Es schien ihr nur um Kühlung zu thun; diese wehte
sie sich mit dem weißen Tuche zu; aber ihre Wangen
wurden nur röther. Er fühlte, sie hatte ihn geseh'n,
sie erwartete, er sollte näher treten und daß sie wußte,
er verstand sie, das war es, was ihr die Wangen
rother färbte. Das war es, was, da er zögerte, sie
wieder hinein trieb in den Saal. Vielleicht auch, daß
sie einen Dritten nahen hörte. Sein Bruder kam aus
einer andern Thüre des Saals. Er hatte die beiden
noch schweigend einander gegenüber stehen, vielleicht
auch des Mädchens Rötherwerden geseh'n. Du suchst
die Beate? fragte unser Held, um seine Verlegenheit
zu verbergen. Nein, entgegnete der Bruder. Sie ist

junge Volk; er ging ſelig um das Haus herum, indem
er ſie tanzend wußte. Er fühlte ſich jetzt noch im Um¬
gang mit Mädchen und Frauen befangen, und wußte
nicht mit ihnen zu reden; das war er damals noch
mehr als jetzt. Wie gern' hätt' er ihr geſagt —
wenn er allein war, wieviel hatt' er ihr zu ſagen und
wie gut wußt er's zu ſagen, und führte es ein Zufall,
daß er ſie allein traf — und wunderbar wie geſchäftig
der Zufall ſich zeigte, ein ſolch Zuſammentreffen zu ver¬
mitteln — da trieb ihm der Gedanke, jetzt ſei der Augen¬
blick da, alles Blut nach dem Herzen, die Worte von
der Zunge in den Verſteck der tiefſten Seele zurück.
So war es geweſen, wie ſie, die Wangen vom Tanze
glühend, allein herausgetreten war aus dem Hauſe.
Es ſchien ihr nur um Kühlung zu thun; dieſe wehte
ſie ſich mit dem weißen Tuche zu; aber ihre Wangen
wurden nur röther. Er fühlte, ſie hatte ihn geſeh'n,
ſie erwartete, er ſollte näher treten und daß ſie wußte,
er verſtand ſie, das war es, was ihr die Wangen
rother färbte. Das war es, was, da er zögerte, ſie
wieder hinein trieb in den Saal. Vielleicht auch, daß
ſie einen Dritten nahen hörte. Sein Bruder kam aus
einer andern Thüre des Saals. Er hatte die beiden
noch ſchweigend einander gegenüber ſtehen, vielleicht
auch des Mädchens Rötherwerden geſeh'n. Du ſuchſt
die Beate? fragte unſer Held, um ſeine Verlegenheit
zu verbergen. Nein, entgegnete der Bruder. Sie iſt

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[14/0023] junge Volk; er ging ſelig um das Haus herum, indem er ſie tanzend wußte. Er fühlte ſich jetzt noch im Um¬ gang mit Mädchen und Frauen befangen, und wußte nicht mit ihnen zu reden; das war er damals noch mehr als jetzt. Wie gern' hätt' er ihr geſagt — wenn er allein war, wieviel hatt' er ihr zu ſagen und wie gut wußt er's zu ſagen, und führte es ein Zufall, daß er ſie allein traf — und wunderbar wie geſchäftig der Zufall ſich zeigte, ein ſolch Zuſammentreffen zu ver¬ mitteln — da trieb ihm der Gedanke, jetzt ſei der Augen¬ blick da, alles Blut nach dem Herzen, die Worte von der Zunge in den Verſteck der tiefſten Seele zurück. So war es geweſen, wie ſie, die Wangen vom Tanze glühend, allein herausgetreten war aus dem Hauſe. Es ſchien ihr nur um Kühlung zu thun; dieſe wehte ſie ſich mit dem weißen Tuche zu; aber ihre Wangen wurden nur röther. Er fühlte, ſie hatte ihn geſeh'n, ſie erwartete, er ſollte näher treten und daß ſie wußte, er verſtand ſie, das war es, was ihr die Wangen rother färbte. Das war es, was, da er zögerte, ſie wieder hinein trieb in den Saal. Vielleicht auch, daß ſie einen Dritten nahen hörte. Sein Bruder kam aus einer andern Thüre des Saals. Er hatte die beiden noch ſchweigend einander gegenüber ſtehen, vielleicht auch des Mädchens Rötherwerden geſeh'n. Du ſuchſt die Beate? fragte unſer Held, um ſeine Verlegenheit zu verbergen. Nein, entgegnete der Bruder. Sie iſt

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Zitationshilfe: Ludwig, Otto: Zwischen Himmel und Erde. Frankfurt (Main), 1856, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_himmel_1856/23>, abgerufen am 22.11.2024.