meidlich allerlei Beschädigungen der Schieferplatten, die sich nicht immer sogleich zeigen. Die ersten drei Jahre nach beendeter Ein- oder Umdeckung verlangen oft bedeutendere Nachbesserungen als die fünfzig nächst¬ folgenden. Zu dieser alten Erfahrung gab auch das Kirchendach von Sankt Georg seinen Beleg. Die Schieferdecke des Thurmes dagegen, die Apollonius allein besorgt, legte genügendes Zeugniß ab von ihres Schöpfers eigensinniger Gewissenhaftigkeit. Die Dohlen, die sie bewohnten, hätten noch lange Zeit Ruhe gehabt vor seinem Fahrzeug, hätte nicht ein alter Klempner¬ meister seinen kirchlichen Sinn durch Stiftung einer blechernen Zierrath an Tag legen wollen. Es war ein Blumenkranz, den Apollonius dem Thurmdach umlegen sollte, um dessentwillen er diesmal seine Leiter an der Helmstange anknüpfte. Vor etwas mehr als einem halben Jahre hatte er sie abgenommen.
Unterdeß war sein angestrengtes Bestreben nicht ohne Erfolg geblieben. Die alten Kunden hatte er festgehalten und neue dazu gewonnen. Die Gläubiger hatten ihre Zinsen und eine kleine Abschlagszahlung für das erste Jahr, das Vertraun und die Achtung vor Apollonius wuchs mit jedem Tage; mit ihnen seine Hoffnung und seine Kraft, die er mit verdoppel¬ ter Anstrengung bezahlte.
Daß man dasselbe von seinem Bruder sagen könnte! von dem Verständniß der beiden Gatten! Es war
meidlich allerlei Beſchädigungen der Schieferplatten, die ſich nicht immer ſogleich zeigen. Die erſten drei Jahre nach beendeter Ein- oder Umdeckung verlangen oft bedeutendere Nachbeſſerungen als die fünfzig nächſt¬ folgenden. Zu dieſer alten Erfahrung gab auch das Kirchendach von Sankt Georg ſeinen Beleg. Die Schieferdecke des Thurmes dagegen, die Apollonius allein beſorgt, legte genügendes Zeugniß ab von ihres Schöpfers eigenſinniger Gewiſſenhaftigkeit. Die Dohlen, die ſie bewohnten, hätten noch lange Zeit Ruhe gehabt vor ſeinem Fahrzeug, hätte nicht ein alter Klempner¬ meiſter ſeinen kirchlichen Sinn durch Stiftung einer blechernen Zierrath an Tag legen wollen. Es war ein Blumenkranz, den Apollonius dem Thurmdach umlegen ſollte, um deſſentwillen er diesmal ſeine Leiter an der Helmſtange anknüpfte. Vor etwas mehr als einem halben Jahre hatte er ſie abgenommen.
Unterdeß war ſein angeſtrengtes Beſtreben nicht ohne Erfolg geblieben. Die alten Kunden hatte er feſtgehalten und neue dazu gewonnen. Die Gläubiger hatten ihre Zinſen und eine kleine Abſchlagszahlung für das erſte Jahr, das Vertraun und die Achtung vor Apollonius wuchs mit jedem Tage; mit ihnen ſeine Hoffnung und ſeine Kraft, die er mit verdoppel¬ ter Anſtrengung bezahlte.
Daß man dasſelbe von ſeinem Bruder ſagen könnte! von dem Verſtändniß der beiden Gatten! Es war
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meidlich allerlei Beſchädigungen der Schieferplatten,
die ſich nicht immer ſogleich zeigen. Die erſten drei
Jahre nach beendeter Ein- oder Umdeckung verlangen
oft bedeutendere Nachbeſſerungen als die fünfzig nächſt¬
folgenden. Zu dieſer alten Erfahrung gab auch das
Kirchendach von Sankt Georg ſeinen Beleg. Die
Schieferdecke des Thurmes dagegen, die Apollonius
allein beſorgt, legte genügendes Zeugniß ab von ihres
Schöpfers eigenſinniger Gewiſſenhaftigkeit. Die Dohlen,
die ſie bewohnten, hätten noch lange Zeit Ruhe gehabt
vor ſeinem Fahrzeug, hätte nicht ein alter Klempner¬
meiſter ſeinen kirchlichen Sinn durch Stiftung einer
blechernen Zierrath an Tag legen wollen. Es war
ein Blumenkranz, den Apollonius dem Thurmdach
umlegen ſollte, um deſſentwillen er diesmal ſeine Leiter
an der Helmſtange anknüpfte. Vor etwas mehr als
einem halben Jahre hatte er ſie abgenommen.
Unterdeß war ſein angeſtrengtes Beſtreben nicht
ohne Erfolg geblieben. Die alten Kunden hatte er
feſtgehalten und neue dazu gewonnen. Die Gläubiger
hatten ihre Zinſen und eine kleine Abſchlagszahlung
für das erſte Jahr, das Vertraun und die Achtung
vor Apollonius wuchs mit jedem Tage; mit ihnen
ſeine Hoffnung und ſeine Kraft, die er mit verdoppel¬
ter Anſtrengung bezahlte.
Daß man dasſelbe von ſeinem Bruder ſagen könnte!
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Ludwig, Otto: Zwischen Himmel und Erde. Frankfurt (Main), 1856, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_himmel_1856/150>, abgerufen am 19.05.2024.
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