durfte der Gedanke seine Verwirklichung fordern, und er theilte ihn dem Bruder mit.
Es wurde Apollonius anfangs schwer, den Bruder zu überzeugen, es sei ihm Ernst mit der Rückkehr nach Köln. Fritz hielt es erst für einen listigen Vorwand, ihn sicher zu machen. Der Mensch gibt ebenso schwer eine Furcht auf, als eine Hoffnung. Und er hätte sich eingestehen müssen, er habe den zwei Menschen Unrecht gethan, die des Unrechtes an ihm anzuklagen ihm eine Gewohnheit geworden war, in der er eine Art Behagen fand. Er hätte dem Bruder ein zweites Unrecht verzeihen müssen, das dieser von ihm gelitten. Er fand sich erst darein, als es ihm gelungen war, im Bruder wieder den alten Träumer zu sehn, und in dessen Vorhaben eine Albernheit; als er ein unwill¬ kührliches Eingeständniß darin sah, der Bruder begreife in ihm den überlegenen Gegner und gehe aus Ver¬ zweiflung am Gelingen seines schlimmen Planes. In dem Augenblick erwachte die ganze alte joviale Herab¬ lassung wie aus einem Winterschlaf. Seine Stiefeln knarrten wieder: da ist er ja! und: nun wird's famos! läuteten seine Petschafte den alten Triumph. Die Stiefeln übertönten, was ihm sein Verstand von den nothwendigen Folgen seiner Verschwendung, von seinem Rückgange in der allgemeinen Achtung vorhielt. Es war ihm, als sei Alles wieder so gut als je, war nur der Bruder fort. Er glaubte sogar vorgreifend an
durfte der Gedanke ſeine Verwirklichung fordern, und er theilte ihn dem Bruder mit.
Es wurde Apollonius anfangs ſchwer, den Bruder zu überzeugen, es ſei ihm Ernſt mit der Rückkehr nach Köln. Fritz hielt es erſt für einen liſtigen Vorwand, ihn ſicher zu machen. Der Menſch gibt ebenſo ſchwer eine Furcht auf, als eine Hoffnung. Und er hätte ſich eingeſtehen müſſen, er habe den zwei Menſchen Unrecht gethan, die des Unrechtes an ihm anzuklagen ihm eine Gewohnheit geworden war, in der er eine Art Behagen fand. Er hätte dem Bruder ein zweites Unrecht verzeihen müſſen, das dieſer von ihm gelitten. Er fand ſich erſt darein, als es ihm gelungen war, im Bruder wieder den alten Träumer zu ſehn, und in deſſen Vorhaben eine Albernheit; als er ein unwill¬ kührliches Eingeſtändniß darin ſah, der Bruder begreife in ihm den überlegenen Gegner und gehe aus Ver¬ zweiflung am Gelingen ſeines ſchlimmen Planes. In dem Augenblick erwachte die ganze alte joviale Herab¬ laſſung wie aus einem Winterſchlaf. Seine Stiefeln knarrten wieder: da iſt er ja! und: nun wird's famos! läuteten ſeine Petſchafte den alten Triumph. Die Stiefeln übertönten, was ihm ſein Verſtand von den nothwendigen Folgen ſeiner Verſchwendung, von ſeinem Rückgange in der allgemeinen Achtung vorhielt. Es war ihm, als ſei Alles wieder ſo gut als je, war nur der Bruder fort. Er glaubte ſogar vorgreifend an
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durfte der Gedanke ſeine Verwirklichung fordern, und
er theilte ihn dem Bruder mit.
Es wurde Apollonius anfangs ſchwer, den Bruder
zu überzeugen, es ſei ihm Ernſt mit der Rückkehr nach
Köln. Fritz hielt es erſt für einen liſtigen Vorwand,
ihn ſicher zu machen. Der Menſch gibt ebenſo ſchwer
eine Furcht auf, als eine Hoffnung. Und er hätte
ſich eingeſtehen müſſen, er habe den zwei Menſchen
Unrecht gethan, die des Unrechtes an ihm anzuklagen
ihm eine Gewohnheit geworden war, in der er eine
Art Behagen fand. Er hätte dem Bruder ein zweites
Unrecht verzeihen müſſen, das dieſer von ihm gelitten.
Er fand ſich erſt darein, als es ihm gelungen war,
im Bruder wieder den alten Träumer zu ſehn, und in
deſſen Vorhaben eine Albernheit; als er ein unwill¬
kührliches Eingeſtändniß darin ſah, der Bruder begreife
in ihm den überlegenen Gegner und gehe aus Ver¬
zweiflung am Gelingen ſeines ſchlimmen Planes. In
dem Augenblick erwachte die ganze alte joviale Herab¬
laſſung wie aus einem Winterſchlaf. Seine Stiefeln
knarrten wieder: da iſt er ja! und: nun wird's famos!
läuteten ſeine Petſchafte den alten Triumph. Die
Stiefeln übertönten, was ihm ſein Verſtand von den
nothwendigen Folgen ſeiner Verſchwendung, von ſeinem
Rückgange in der allgemeinen Achtung vorhielt. Es
war ihm, als ſei Alles wieder ſo gut als je, war nur
der Bruder fort. Er glaubte ſogar vorgreifend an
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Ludwig, Otto: Zwischen Himmel und Erde. Frankfurt (Main), 1856, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_himmel_1856/139>, abgerufen am 25.11.2024.
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