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Ludwig, Otto: Zwischen Himmel und Erde. Frankfurt (Main), 1856.

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Schuppen kam, war ihr das schrecklichste. Er hatte
seinen ganzen Muth wieder. "Sag's ihm," preßte er
leise hervor, "was du von ihm willst. Wenn er ist,
wie du meinst, muß er dich verachten." Fritz Netten¬
mair hielt die Kämpfende mit der Kraft des Siegers
fest, bis er Apollonius, der fragend aus dem Schuppen
sah, gewinkt, herbeizukommen. Er ließ sie und sie
floh nach dem Hause. Apollonius blieb erschrocken
auf dem halben Wege stehn. "Da siehst du, wie sie
ist," sagte Fritz zu ihm. "Ich hab' ihr gesagt, du woll¬
test sie fragen. Willst du, so gehn wir ihr nach und
sie muß uns beichten. Ich will sehn, ob meine Frau
meinen Bruder beleidigen darf, der so brav ist."
Apollonius mußte ihn zurückhalten. Fritz gab sich
nicht gleich zufrieden. Endlich sagte er: "Du siehst
aber nun, es liegt nicht an mir. O, es thut mir leid!"
Es war ein unwillkürlicher Schmerz in den letzten
Worten, den Apollonius auf die mißlungene Aussöh¬
nung bezog. Fritz Nettenmair wiederholte sie leiser,
und diesmal klangen sie wie ein Hohn auf Apollonius,
wie ein höhnisches Bedauern über eine verfehlte List.

Christiane war nach der Wohnstube gestürzt und
hatte die Thür hinter sich verriegelt. An Fritz dachte
sie nicht. Aber Apollonius konnte hereintreten. Sie
wälzte den fieberischen Gedanken, hinaus in die Welt
zu fliehn; aber wohin sie sich dachte, im steilsten Gebirg,
im tiefsten Walde begegnete er ihr und sah, was sie

Ludwig, Zwischen Himmel und Erde. 8

Schuppen kam, war ihr das ſchrecklichſte. Er hatte
ſeinen ganzen Muth wieder. „Sag's ihm,“ preßte er
leiſe hervor, „was du von ihm willſt. Wenn er iſt,
wie du meinſt, muß er dich verachten.“ Fritz Netten¬
mair hielt die Kämpfende mit der Kraft des Siegers
feſt, bis er Apollonius, der fragend aus dem Schuppen
ſah, gewinkt, herbeizukommen. Er ließ ſie und ſie
floh nach dem Hauſe. Apollonius blieb erſchrocken
auf dem halben Wege ſtehn. „Da ſiehſt du, wie ſie
iſt,“ ſagte Fritz zu ihm. „Ich hab' ihr geſagt, du woll¬
teſt ſie fragen. Willſt du, ſo gehn wir ihr nach und
ſie muß uns beichten. Ich will ſehn, ob meine Frau
meinen Bruder beleidigen darf, der ſo brav iſt.“
Apollonius mußte ihn zurückhalten. Fritz gab ſich
nicht gleich zufrieden. Endlich ſagte er: „Du ſiehſt
aber nun, es liegt nicht an mir. O, es thut mir leid!“
Es war ein unwillkürlicher Schmerz in den letzten
Worten, den Apollonius auf die mißlungene Ausſöh¬
nung bezog. Fritz Nettenmair wiederholte ſie leiſer,
und diesmal klangen ſie wie ein Hohn auf Apollonius,
wie ein höhniſches Bedauern über eine verfehlte Liſt.

Chriſtiane war nach der Wohnſtube geſtürzt und
hatte die Thür hinter ſich verriegelt. An Fritz dachte
ſie nicht. Aber Apollonius konnte hereintreten. Sie
wälzte den fieberiſchen Gedanken, hinaus in die Welt
zu fliehn; aber wohin ſie ſich dachte, im ſteilſten Gebirg,
im tiefſten Walde begegnete er ihr und ſah, was ſie

Ludwig, Zwiſchen Himmel und Erde. 8
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[113/0122] Schuppen kam, war ihr das ſchrecklichſte. Er hatte ſeinen ganzen Muth wieder. „Sag's ihm,“ preßte er leiſe hervor, „was du von ihm willſt. Wenn er iſt, wie du meinſt, muß er dich verachten.“ Fritz Netten¬ mair hielt die Kämpfende mit der Kraft des Siegers feſt, bis er Apollonius, der fragend aus dem Schuppen ſah, gewinkt, herbeizukommen. Er ließ ſie und ſie floh nach dem Hauſe. Apollonius blieb erſchrocken auf dem halben Wege ſtehn. „Da ſiehſt du, wie ſie iſt,“ ſagte Fritz zu ihm. „Ich hab' ihr geſagt, du woll¬ teſt ſie fragen. Willſt du, ſo gehn wir ihr nach und ſie muß uns beichten. Ich will ſehn, ob meine Frau meinen Bruder beleidigen darf, der ſo brav iſt.“ Apollonius mußte ihn zurückhalten. Fritz gab ſich nicht gleich zufrieden. Endlich ſagte er: „Du ſiehſt aber nun, es liegt nicht an mir. O, es thut mir leid!“ Es war ein unwillkürlicher Schmerz in den letzten Worten, den Apollonius auf die mißlungene Ausſöh¬ nung bezog. Fritz Nettenmair wiederholte ſie leiſer, und diesmal klangen ſie wie ein Hohn auf Apollonius, wie ein höhniſches Bedauern über eine verfehlte Liſt. Chriſtiane war nach der Wohnſtube geſtürzt und hatte die Thür hinter ſich verriegelt. An Fritz dachte ſie nicht. Aber Apollonius konnte hereintreten. Sie wälzte den fieberiſchen Gedanken, hinaus in die Welt zu fliehn; aber wohin ſie ſich dachte, im ſteilſten Gebirg, im tiefſten Walde begegnete er ihr und ſah, was ſie Ludwig, Zwiſchen Himmel und Erde. 8

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Zitationshilfe: Ludwig, Otto: Zwischen Himmel und Erde. Frankfurt (Main), 1856, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_himmel_1856/122>, abgerufen am 24.11.2024.