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Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756.

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Thüringen
schweigische, und gegen Mittag an
Franken gränzet, von welchen Län-
dern sie durch die Saale, Unstrut,
Werra, und den Thüringerwald
geschieden wird. Dieses überaus
wohl angebauete und volkreiche Land
hat vielerley (1) Herrschaften, als
den Churfürsten zu Sachsen, und
die Herzoge zu Sachsen von der er-
nestinischen Linie, so das meiste da-
von besitzen; den Churfürsten von
Maynz, welcher die Stadt Erfurt
darinnen hat; den König in Preus-
sen, als Fürsten zu Halberstadt, we-
gen der Herrschaften Lora und Klet-
tenberg; die Fürsten von Schwarz-
burg zu Sondershausen und Rudol-
stadt; etc. Ungeachtet Thüringen
hier und da ziemlich (2) bergigt und
waldigt ist: so ist es doch heutiges
Tages fast durchgehends ein korn-
reiches
und sehr fruchtbares Land,
so, daß es von einigen die Schmalz-
grube von Deutschland genennet
wird. Die vornehmsten (3) Na-
turgaben
sind Rocken, Weizen,
Gerste, Haber,
und allerley Hül-
senfrüchte,
welche daselbst reichlich
wachsen, und zum Theil von Nord-
hausen über den Harz, von Mühl-
hausen auf Wanfried, Minden und
Bremen, ingleichen von Arnstadt
und Ordruf über den Thüringer
Wald ausgeführet werden. Der
Waid, so in Thüringen gebauet
wird, ist eine vorzügliche Naturga-
be dieses Landes. Es ist zwar der
Ruhm des thüringischen Waids itzt
ziemlich gefallen, nachdem die Eng-
länder aus Thüringen Saamen be-
kommen haben, und der Jndig nach
Deutschland gebracht worden ist.
Jedoch was an diesem Gewächse
abgeht, wird hier und da, mit
Anis, Süßbolz, und andern Din-
gen wieder ersetzet. Ferner trägt
Thüringen viel Safran, oder Saf-
lor.
Mit allerley Obste ist diese
Landgrafschaft überflüßig versehen,
und an Weine hat sie ebenfalls,
[Spaltenumbruch]
Thüringen
vornehmlich an der Saale, keinen
Mangel. An nutzbaren Waldun-
gen
fehlet es in Thüringen auch
nicht, und insonderheit ist der thü-
ringer Wald bekannt. Holz ist da-
her in Thüringen genug, und so viel
vorhanden, daß es seinen Nach-
barn jährlich viele tausend Flöße
Bau- und Brennholz überlassen
kann. Es wird hiernächst in die-
sen Wäldern, und vornehmlich in dem
thüringer Walde, viel Pech, Theer,
Kienruß, Potasche
etc. gemacht.
Der Wiesewachs ist daselbst so herr-
lich, als in irgend einem Lande von
Deutschland; und man kann sich
daher leicht die Vorstellung machen,
daß nicht weniger die Viehzucht
daselbst vortrefflich seyn müsse. Jn-
sonderheit hat Thüringen eine unge-
mein gute Schafzucht, und von der-
selben sehr viele Wolle, welche da-
her billig mit als eine von den vor-
nehmsten Naturgaben dieses Landes
angesehen wird. Die Pferde in
Thüringen sind schon von den älte-
sten Zeiten her bekannt, und be-
sonders wird an ihnen gerühmet,
daß sie zur Arbeit sehr tüchtig sind.
Straßberg ist wegen der Silber-
werke
berühmt. Bey Sangerhau-
sen, Könitz und Saalfeld giebt es
Bergwerke, die Kupfer und Sil-
ber
halten; bey Langewiesen ist ein
Bergwerk, welches Schwefel,
Alaun
und Vitriol zur Ausbeute
giebt; bey Gehren sind Eisenberg-
werke;
und sowol die Schwarze,
als auch die Saale führen Gold in
ihrem Sande. Daß in Deutschland
Thüringen der rechte Geburtsort der
Alabastersteine sey, ist bereits im
Artikel: Alabaster, ausgeführet.
Bey Eisleben befindet sich ein Schie-
ferbergwerk.
Zu Frankenhausen,
Salzungen, Sulza, Artern etc.
wird Salz gesotten. Die (4) Ma-
nufacturen,
so in Thüringen blü-
hen, sind insonderheit die Tuch-
wollenen Zeuge,
und Strumpfma-

nufa-
V Theil. F

[Spaltenumbruch]

Thuͤringen
ſchweigiſche, und gegen Mittag an
Franken graͤnzet, von welchen Laͤn-
dern ſie durch die Saale, Unſtrut,
Werra, und den Thuͤringerwald
geſchieden wird. Dieſes uͤberaus
wohl angebauete und volkreiche Land
hat vielerley (1) Herrſchaften, als
den Churfuͤrſten zu Sachſen, und
die Herzoge zu Sachſen von der er-
neſtiniſchen Linie, ſo das meiſte da-
von beſitzen; den Churfuͤrſten von
Maynz, welcher die Stadt Erfurt
darinnen hat; den Koͤnig in Preuſ-
ſen, als Fuͤrſten zu Halberſtadt, we-
gen der Herrſchaften Lora und Klet-
tenberg; die Fuͤrſten von Schwarz-
burg zu Sondershauſen und Rudol-
ſtadt; ꝛc. Ungeachtet Thuͤringen
hier und da ziemlich (2) bergigt und
waldigt iſt: ſo iſt es doch heutiges
Tages faſt durchgehends ein korn-
reiches
und ſehr fruchtbares Land,
ſo, daß es von einigen die Schmalz-
grube von Deutſchland genennet
wird. Die vornehmſten (3) Na-
turgaben
ſind Rocken, Weizen,
Gerſte, Haber,
und allerley Huͤl-
ſenfruͤchte,
welche daſelbſt reichlich
wachſen, und zum Theil von Nord-
hauſen uͤber den Harz, von Muͤhl-
hauſen auf Wanfried, Minden und
Bremen, ingleichen von Arnſtadt
und Ordruf uͤber den Thuͤringer
Wald ausgefuͤhret werden. Der
Waid, ſo in Thuͤringen gebauet
wird, iſt eine vorzuͤgliche Naturga-
be dieſes Landes. Es iſt zwar der
Ruhm des thuͤringiſchen Waids itzt
ziemlich gefallen, nachdem die Eng-
laͤnder aus Thuͤringen Saamen be-
kommen haben, und der Jndig nach
Deutſchland gebracht worden iſt.
Jedoch was an dieſem Gewaͤchſe
abgeht, wird hier und da, mit
Anis, Suͤßbolz, und andern Din-
gen wieder erſetzet. Ferner traͤgt
Thuͤringen viel Safran, oder Saf-
lor.
Mit allerley Obſte iſt dieſe
Landgrafſchaft uͤberfluͤßig verſehen,
und an Weine hat ſie ebenfalls,
[Spaltenumbruch]
Thuͤringen
vornehmlich an der Saale, keinen
Mangel. An nutzbaren Waldun-
gen
fehlet es in Thuͤringen auch
nicht, und inſonderheit iſt der thuͤ-
ringer Wald bekannt. Holz iſt da-
her in Thuͤringen genug, und ſo viel
vorhanden, daß es ſeinen Nach-
barn jaͤhrlich viele tauſend Floͤße
Bau- und Brennholz uͤberlaſſen
kann. Es wird hiernaͤchſt in die-
ſen Waͤldern, und vornehmlich in dem
thuͤringer Walde, viel Pech, Theer,
Kienruß, Potaſche
ꝛc. gemacht.
Der Wieſewachs iſt daſelbſt ſo herr-
lich, als in irgend einem Lande von
Deutſchland; und man kann ſich
daher leicht die Vorſtellung machen,
daß nicht weniger die Viehzucht
daſelbſt vortrefflich ſeyn muͤſſe. Jn-
ſonderheit hat Thuͤringen eine unge-
mein gute Schafzucht, und von der-
ſelben ſehr viele Wolle, welche da-
her billig mit als eine von den vor-
nehmſten Naturgaben dieſes Landes
angeſehen wird. Die Pferde in
Thuͤringen ſind ſchon von den aͤlte-
ſten Zeiten her bekannt, und be-
ſonders wird an ihnen geruͤhmet,
daß ſie zur Arbeit ſehr tuͤchtig ſind.
Straßberg iſt wegen der Silber-
werke
beruͤhmt. Bey Sangerhau-
ſen, Koͤnitz und Saalfeld giebt es
Bergwerke, die Kupfer und Sil-
ber
halten; bey Langewieſen iſt ein
Bergwerk, welches Schwefel,
Alaun
und Vitriol zur Ausbeute
giebt; bey Gehren ſind Eiſenberg-
werke;
und ſowol die Schwarze,
als auch die Saale fuͤhren Gold in
ihrem Sande. Daß in Deutſchland
Thuͤringen der rechte Geburtsort der
Alabaſterſteine ſey, iſt bereits im
Artikel: Alabaſter, ausgefuͤhret.
Bey Eisleben befindet ſich ein Schie-
ferbergwerk.
Zu Frankenhauſen,
Salzungen, Sulza, Artern ꝛc.
wird Salz geſotten. Die (4) Ma-
nufacturen,
ſo in Thuͤringen bluͤ-
hen, ſind inſonderheit die Tuch-
wollenen Zeuge,
und Strumpfma-

nufa-
V Theil. F
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[[81]/0087] Thuͤringen Thuͤringen ſchweigiſche, und gegen Mittag an Franken graͤnzet, von welchen Laͤn- dern ſie durch die Saale, Unſtrut, Werra, und den Thuͤringerwald geſchieden wird. Dieſes uͤberaus wohl angebauete und volkreiche Land hat vielerley (1) Herrſchaften, als den Churfuͤrſten zu Sachſen, und die Herzoge zu Sachſen von der er- neſtiniſchen Linie, ſo das meiſte da- von beſitzen; den Churfuͤrſten von Maynz, welcher die Stadt Erfurt darinnen hat; den Koͤnig in Preuſ- ſen, als Fuͤrſten zu Halberſtadt, we- gen der Herrſchaften Lora und Klet- tenberg; die Fuͤrſten von Schwarz- burg zu Sondershauſen und Rudol- ſtadt; ꝛc. Ungeachtet Thuͤringen hier und da ziemlich (2) bergigt und waldigt iſt: ſo iſt es doch heutiges Tages faſt durchgehends ein korn- reiches und ſehr fruchtbares Land, ſo, daß es von einigen die Schmalz- grube von Deutſchland genennet wird. Die vornehmſten (3) Na- turgaben ſind Rocken, Weizen, Gerſte, Haber, und allerley Huͤl- ſenfruͤchte, welche daſelbſt reichlich wachſen, und zum Theil von Nord- hauſen uͤber den Harz, von Muͤhl- hauſen auf Wanfried, Minden und Bremen, ingleichen von Arnſtadt und Ordruf uͤber den Thuͤringer Wald ausgefuͤhret werden. Der Waid, ſo in Thuͤringen gebauet wird, iſt eine vorzuͤgliche Naturga- be dieſes Landes. Es iſt zwar der Ruhm des thuͤringiſchen Waids itzt ziemlich gefallen, nachdem die Eng- laͤnder aus Thuͤringen Saamen be- kommen haben, und der Jndig nach Deutſchland gebracht worden iſt. Jedoch was an dieſem Gewaͤchſe abgeht, wird hier und da, mit Anis, Suͤßbolz, und andern Din- gen wieder erſetzet. Ferner traͤgt Thuͤringen viel Safran, oder Saf- lor. Mit allerley Obſte iſt dieſe Landgrafſchaft uͤberfluͤßig verſehen, und an Weine hat ſie ebenfalls, vornehmlich an der Saale, keinen Mangel. An nutzbaren Waldun- gen fehlet es in Thuͤringen auch nicht, und inſonderheit iſt der thuͤ- ringer Wald bekannt. Holz iſt da- her in Thuͤringen genug, und ſo viel vorhanden, daß es ſeinen Nach- barn jaͤhrlich viele tauſend Floͤße Bau- und Brennholz uͤberlaſſen kann. Es wird hiernaͤchſt in die- ſen Waͤldern, und vornehmlich in dem thuͤringer Walde, viel Pech, Theer, Kienruß, Potaſche ꝛc. gemacht. Der Wieſewachs iſt daſelbſt ſo herr- lich, als in irgend einem Lande von Deutſchland; und man kann ſich daher leicht die Vorſtellung machen, daß nicht weniger die Viehzucht daſelbſt vortrefflich ſeyn muͤſſe. Jn- ſonderheit hat Thuͤringen eine unge- mein gute Schafzucht, und von der- ſelben ſehr viele Wolle, welche da- her billig mit als eine von den vor- nehmſten Naturgaben dieſes Landes angeſehen wird. Die Pferde in Thuͤringen ſind ſchon von den aͤlte- ſten Zeiten her bekannt, und be- ſonders wird an ihnen geruͤhmet, daß ſie zur Arbeit ſehr tuͤchtig ſind. Straßberg iſt wegen der Silber- werke beruͤhmt. Bey Sangerhau- ſen, Koͤnitz und Saalfeld giebt es Bergwerke, die Kupfer und Sil- ber halten; bey Langewieſen iſt ein Bergwerk, welches Schwefel, Alaun und Vitriol zur Ausbeute giebt; bey Gehren ſind Eiſenberg- werke; und ſowol die Schwarze, als auch die Saale fuͤhren Gold in ihrem Sande. Daß in Deutſchland Thuͤringen der rechte Geburtsort der Alabaſterſteine ſey, iſt bereits im Artikel: Alabaſter, ausgefuͤhret. Bey Eisleben befindet ſich ein Schie- ferbergwerk. Zu Frankenhauſen, Salzungen, Sulza, Artern ꝛc. wird Salz geſotten. Die (4) Ma- nufacturen, ſo in Thuͤringen bluͤ- hen, ſind inſonderheit die Tuch- wollenen Zeuge, und Strumpfma- nufa- V Theil. F

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Zitationshilfe: Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756, S. [81]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludovici_grundriss_1756/87>, abgerufen am 29.11.2024.