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Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756.

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Terreneuf
in Menge anzutreffen ist; theils we-
gen der Bequemlichkeit der Ufer
dieser Jnsel zum Trocknen des Stock-
fisches. Die Franzosen haben sol-
che zu Anfange des 16 Jahrhun-
derts zuerst entdecket, und seit dem
Jahre 1504 ist sie von den Fischern
aus der Normandie, wegen des herr-
lichen Fischfanges, jährlich besuchet,
und immer mehr und mehr bekannt
geworden. Gegen das Ende des
16 Jahrhunderts ward sie auch von
den Engländern entdecket, von de-
nen sich zu Anfange des 17 Jahr-
hunderts einige daselbst niederließen,
welchen bald darauf auch die Fran-
zosen folgten. Beyde Nationen blie-
ben von dieser Zeit an in dem ge-
theilten Besitze dieser Jnsel, indem
den Franzosen die mittägige Küste
dieser Jnsel, und auf solcher die
beyden Colonien Plaisance und Paye
Trepasses gehöreten; da hingegen
die Engländer den östlichen Theil
dieser Jnsel inne hatten. Der
Ueberrest derselben aber ward weder
von Europäern noch Wilden be-
wohnet. Jm Jahre 1713 aber ist,
vermöge des 13 Artikels des utrech-
ter Friedens, diese Jnsel von den
Franzosen ganz den Engländern
abgetreten worden, die sie auch
noch besitzen. Die ganze Handlung
der Einwohner dieser Jnsel besteht
einzig und allein in Stockfisch, in-
dem die Einwohner sich wegen der
Unfruchtbarkeit des Erdbodens nicht
auf dessen Anbau befleißigen, wel-
ches sie auch vielleicht nicht einmal
alsdenn thun würden, wenn gleich
der Erdboden daselbst eben so frucht-
bar wäre, als in Canada und an-
dern Provinzen von Nordamerica,
weil der Profit von dem Kabliau-
fange so groß, und so sicher ist, daß
man denselben allezeit der mühsa-
men Arbeit des Ackerbaues vorzie-
hen würde, welcher, sonderlich im
Sommer, zehenmal weniger ein-
bringt, als der Kabliaufang. So
[Spaltenumbruch]
Terre Verde
lange als Plaisance noch den Fran-
zosen gehörte; so kamen aus Frank-
reich jährlich ordentlich 40, 50 bis
60 Schiffe dahin, mehrentheils um
selbst in der Nachbarschaft dieser Jn-
sel zu fischen; zum Theil aber auch,
um von den Einwohnern, deren ge-
fangene Fische einzukaufen. Es
steht ihnen zwar, nach dem besag-
ten 13 Artikel des utrechter Frie-
dens, noch frey, auf den Kabliau-
fang dahin zu kommen, und an
dem Strande der Jnsel von dem
Vorgebirge Bonavista an, bis an
die sogenannte reiche Spitze (Pointe
riche) ihre zur Zurichtung, Ein-
salzung, Trocknung, und Einpa-
ckung der gefangenen Fische nöthi-
gen Hütten und Gerüste zu bauen.
Allein sie thun solches selten oder
gar nicht, sondern haben ihren
Stockfischfang nach Capbreton oder
Louisbourg verleget. Seit dem
aber die Engländer diese Jnsel ha-
ben; so senden sie noch weit mehr
Schiffe dahin, und es langen jähr-
lich aus England, den barbadischen
Jnseln, Acadien, und von Boston,
der Hauptstadt in Neuengland, über
120 bis 150 Schiffe daselbst an, die
ebenfalls theils selbst den Fischfang
treiben, theils von den dasigen Ein-
wohnern den Ertrag ihres Fanges ge-
gen europäische Waaren vertauschen.
Diese Fischerey geschieht 2 franzö-
sische Meilen von der Küste, wohin
die Einwohner, und die auf den
Kabliaufang von andern Orten da-
hin kommende Schiffe täglich ihre
Schalupen schicken, die so stark
beladen zurück kommen, daß sie bey
ihrer Zurückkunft gleichsam in dem
Meere begraben zu seyn scheinen.
Wenn die Fische angekommen sind:
so werden solche ausgenommen, ge-
salzen, und an dem Strande ge-
trocknet, wie in dem Artikel Stock-
fisch angezeiget ist.

Terre Verde, oder Terre Verte,
eine gewisse grüne Erde, oder Kreide,

die
D 4

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Terreneuf
in Menge anzutreffen iſt; theils we-
gen der Bequemlichkeit der Ufer
dieſer Jnſel zum Trocknen des Stock-
fiſches. Die Franzoſen haben ſol-
che zu Anfange des 16 Jahrhun-
derts zuerſt entdecket, und ſeit dem
Jahre 1504 iſt ſie von den Fiſchern
aus der Normandie, wegen des herr-
lichen Fiſchfanges, jaͤhrlich beſuchet,
und immer mehr und mehr bekannt
geworden. Gegen das Ende des
16 Jahrhunderts ward ſie auch von
den Englaͤndern entdecket, von de-
nen ſich zu Anfange des 17 Jahr-
hunderts einige daſelbſt niederließen,
welchen bald darauf auch die Fran-
zoſen folgten. Beyde Nationen blie-
ben von dieſer Zeit an in dem ge-
theilten Beſitze dieſer Jnſel, indem
den Franzoſen die mittaͤgige Kuͤſte
dieſer Jnſel, und auf ſolcher die
beyden Colonien Plaiſance und Paye
Trepaſſes gehoͤreten; da hingegen
die Englaͤnder den oͤſtlichen Theil
dieſer Jnſel inne hatten. Der
Ueberreſt derſelben aber ward weder
von Europaͤern noch Wilden be-
wohnet. Jm Jahre 1713 aber iſt,
vermoͤge des 13 Artikels des utrech-
ter Friedens, dieſe Jnſel von den
Franzoſen ganz den Englaͤndern
abgetreten worden, die ſie auch
noch beſitzen. Die ganze Handlung
der Einwohner dieſer Jnſel beſteht
einzig und allein in Stockfiſch, in-
dem die Einwohner ſich wegen der
Unfruchtbarkeit des Erdbodens nicht
auf deſſen Anbau befleißigen, wel-
ches ſie auch vielleicht nicht einmal
alsdenn thun wuͤrden, wenn gleich
der Erdboden daſelbſt eben ſo frucht-
bar waͤre, als in Canada und an-
dern Provinzen von Nordamerica,
weil der Profit von dem Kabliau-
fange ſo groß, und ſo ſicher iſt, daß
man denſelben allezeit der muͤhſa-
men Arbeit des Ackerbaues vorzie-
hen wuͤrde, welcher, ſonderlich im
Sommer, zehenmal weniger ein-
bringt, als der Kabliaufang. So
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Terre Verde
lange als Plaiſance noch den Fran-
zoſen gehoͤrte; ſo kamen aus Frank-
reich jaͤhrlich ordentlich 40, 50 bis
60 Schiffe dahin, mehrentheils um
ſelbſt in der Nachbarſchaft dieſer Jn-
ſel zu fiſchen; zum Theil aber auch,
um von den Einwohnern, deren ge-
fangene Fiſche einzukaufen. Es
ſteht ihnen zwar, nach dem beſag-
ten 13 Artikel des utrechter Frie-
dens, noch frey, auf den Kabliau-
fang dahin zu kommen, und an
dem Strande der Jnſel von dem
Vorgebirge Bonaviſta an, bis an
die ſogenannte reiche Spitze (Pointe
riche) ihre zur Zurichtung, Ein-
ſalzung, Trocknung, und Einpa-
ckung der gefangenen Fiſche noͤthi-
gen Huͤtten und Geruͤſte zu bauen.
Allein ſie thun ſolches ſelten oder
gar nicht, ſondern haben ihren
Stockfiſchfang nach Capbreton oder
Louisbourg verleget. Seit dem
aber die Englaͤnder dieſe Jnſel ha-
ben; ſo ſenden ſie noch weit mehr
Schiffe dahin, und es langen jaͤhr-
lich aus England, den barbadiſchen
Jnſeln, Acadien, und von Boſton,
der Hauptſtadt in Neuengland, uͤber
120 bis 150 Schiffe daſelbſt an, die
ebenfalls theils ſelbſt den Fiſchfang
treiben, theils von den daſigen Ein-
wohnern den Ertrag ihres Fanges ge-
gen europaͤiſche Waaren vertauſchen.
Dieſe Fiſcherey geſchieht 2 franzoͤ-
ſiſche Meilen von der Kuͤſte, wohin
die Einwohner, und die auf den
Kabliaufang von andern Orten da-
hin kommende Schiffe taͤglich ihre
Schalupen ſchicken, die ſo ſtark
beladen zuruͤck kommen, daß ſie bey
ihrer Zuruͤckkunft gleichſam in dem
Meere begraben zu ſeyn ſcheinen.
Wenn die Fiſche angekommen ſind:
ſo werden ſolche ausgenommen, ge-
ſalzen, und an dem Strande ge-
trocknet, wie in dem Artikel Stock-
fiſch angezeiget iſt.

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[[55]/0061] Terreneuf Terre Verde in Menge anzutreffen iſt; theils we- gen der Bequemlichkeit der Ufer dieſer Jnſel zum Trocknen des Stock- fiſches. Die Franzoſen haben ſol- che zu Anfange des 16 Jahrhun- derts zuerſt entdecket, und ſeit dem Jahre 1504 iſt ſie von den Fiſchern aus der Normandie, wegen des herr- lichen Fiſchfanges, jaͤhrlich beſuchet, und immer mehr und mehr bekannt geworden. Gegen das Ende des 16 Jahrhunderts ward ſie auch von den Englaͤndern entdecket, von de- nen ſich zu Anfange des 17 Jahr- hunderts einige daſelbſt niederließen, welchen bald darauf auch die Fran- zoſen folgten. Beyde Nationen blie- ben von dieſer Zeit an in dem ge- theilten Beſitze dieſer Jnſel, indem den Franzoſen die mittaͤgige Kuͤſte dieſer Jnſel, und auf ſolcher die beyden Colonien Plaiſance und Paye Trepaſſes gehoͤreten; da hingegen die Englaͤnder den oͤſtlichen Theil dieſer Jnſel inne hatten. Der Ueberreſt derſelben aber ward weder von Europaͤern noch Wilden be- wohnet. Jm Jahre 1713 aber iſt, vermoͤge des 13 Artikels des utrech- ter Friedens, dieſe Jnſel von den Franzoſen ganz den Englaͤndern abgetreten worden, die ſie auch noch beſitzen. Die ganze Handlung der Einwohner dieſer Jnſel beſteht einzig und allein in Stockfiſch, in- dem die Einwohner ſich wegen der Unfruchtbarkeit des Erdbodens nicht auf deſſen Anbau befleißigen, wel- ches ſie auch vielleicht nicht einmal alsdenn thun wuͤrden, wenn gleich der Erdboden daſelbſt eben ſo frucht- bar waͤre, als in Canada und an- dern Provinzen von Nordamerica, weil der Profit von dem Kabliau- fange ſo groß, und ſo ſicher iſt, daß man denſelben allezeit der muͤhſa- men Arbeit des Ackerbaues vorzie- hen wuͤrde, welcher, ſonderlich im Sommer, zehenmal weniger ein- bringt, als der Kabliaufang. So lange als Plaiſance noch den Fran- zoſen gehoͤrte; ſo kamen aus Frank- reich jaͤhrlich ordentlich 40, 50 bis 60 Schiffe dahin, mehrentheils um ſelbſt in der Nachbarſchaft dieſer Jn- ſel zu fiſchen; zum Theil aber auch, um von den Einwohnern, deren ge- fangene Fiſche einzukaufen. Es ſteht ihnen zwar, nach dem beſag- ten 13 Artikel des utrechter Frie- dens, noch frey, auf den Kabliau- fang dahin zu kommen, und an dem Strande der Jnſel von dem Vorgebirge Bonaviſta an, bis an die ſogenannte reiche Spitze (Pointe riche) ihre zur Zurichtung, Ein- ſalzung, Trocknung, und Einpa- ckung der gefangenen Fiſche noͤthi- gen Huͤtten und Geruͤſte zu bauen. Allein ſie thun ſolches ſelten oder gar nicht, ſondern haben ihren Stockfiſchfang nach Capbreton oder Louisbourg verleget. Seit dem aber die Englaͤnder dieſe Jnſel ha- ben; ſo ſenden ſie noch weit mehr Schiffe dahin, und es langen jaͤhr- lich aus England, den barbadiſchen Jnſeln, Acadien, und von Boſton, der Hauptſtadt in Neuengland, uͤber 120 bis 150 Schiffe daſelbſt an, die ebenfalls theils ſelbſt den Fiſchfang treiben, theils von den daſigen Ein- wohnern den Ertrag ihres Fanges ge- gen europaͤiſche Waaren vertauſchen. Dieſe Fiſcherey geſchieht 2 franzoͤ- ſiſche Meilen von der Kuͤſte, wohin die Einwohner, und die auf den Kabliaufang von andern Orten da- hin kommende Schiffe taͤglich ihre Schalupen ſchicken, die ſo ſtark beladen zuruͤck kommen, daß ſie bey ihrer Zuruͤckkunft gleichſam in dem Meere begraben zu ſeyn ſcheinen. Wenn die Fiſche angekommen ſind: ſo werden ſolche ausgenommen, ge- ſalzen, und an dem Strande ge- trocknet, wie in dem Artikel Stock- fiſch angezeiget iſt. Terre Verde, oder Terre Verte, eine gewiſſe gruͤne Erde, oder Kreide, die D 4

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Zitationshilfe: Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756, S. [55]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludovici_grundriss_1756/61>, abgerufen am 18.12.2024.