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Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756.

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Wucher
an einer Partey verlieren, an der
andern aber dieses zu gewinnen su-
chen könne, und daß alles doch ein
rechtmäßiges Wuchern und Gewin-
nen heiße. 2) Jm bösen, und heu-
tiges Tages meistens gebräu chli-
chen und rechtlichen Verstande ist
der Wucher eine unmäßige und ver-
botene Nutzung, die von ausgelie-
henem Gelde gezogen wird. Dieses
geschieht auf verschiedene theils offen-
bare, und theils verdeckte Arten, durch
allerley Verträge und Contracte,
welche daher wucherliche Contra-
cte
genennet werden. Einige ge-
wissenhafte Rechtsgelehrte wollen,
daß auch ein sonst erlaubter Zins,
der von einem Darlehne genommen
wird, so ein Dürftiger aufnimmt,
sich aus seiner gegenwärtigen Noth
zu retten, ein Wucher sey, weil er
mit demselben keinen Nutzen schaf-
fet. Nach üblichen Rechten heißt
der ein Wucherer, der von aus-
geliehenem Gelde für die Zinsen ein
mehreres nimmt, als die Gesetze
verstatten. Jn Deutschland ist
durchgehends der erlaubte Zins 5 bis
6 von Hundert jährlich. Anderswo
ist er höher oder geringer, nachdem
der Mangel oder Ueberfluß an Gel-
de es erfordert. Weil aber gewinn-
süchtige Leute ihren Wucher auf
mancherley Weise zu verbergen und
zu verstellen suchen: so werden als
wucherliche Umschläge angesehen,
wenn einer mehr, als er hergeliehen,
verschreiben läßt: wenn er an dem
Darlehn die künftige Zinse zum
Voraus inne behält; wenn er ge-
ringe Münze auszahlt, und schwere
verschreiben läßt; wenn er Waa-
re im hohen Preiße angiebt und
Geld vorschreiben läßt; oder diesel-
be um einen geringeren Werth ge-
gen baar Geld zurück nimmt, die
Verschreibung aber auf den höhern
Preiß richtet, wenn er neben dem
Zins ein ander Aufgabegeld bedin-
get; wenn er eine Summe ohne
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Wucher
Zins darleihet, hingegen der
Schuldner ihm Waaren unter ih-
rem Werthe überlassen muß; wenn
er auf den Fall der Nichtbezahlung
in bestimmter Zeit, sich ein namhaf-
tes hohes Wart- oder ander Aufga-
begeld bedingt; wenn Früchte auf
dem Halme, oder an dem Weinsto-
cke, voraus also gekaufet werden,
daß die Lieferung gewiß unter dem
marktgängigen Preiße erfolgen muß;
wenn in wohlfeiler Zeit für ein
Darlehn anstatt der Zinsen eine ge-
wisse Gülte an Getreide oder Wein
bedungen, und hernach zu theuren
Zeiten in demselben Maaße gefor-
dert wird, da sie den Werth der ge-
bräuchlichen Zinse, zwey- oder drey-
fach übersteigt, wenn die versessenen
Zinsen mit zum Capital geschlagen,
und mit verzinset werden, u. d. g.
Der Wucher ist in den Rechten so
verhaßt, daß ein wucherlicher Con-
tract, ob er schon eidlich bestätiget
wäre, für ungültig erkannt, und
der Wucherer um den vierten Theil
des Capitals gestrafet wird. Jn
Chursachsen ist diese Strafe derge-
stalt geschärfet, daß der Wucherer
die ganze Hauptsumme verliert,
welche Strafe sich auch auf den Ces-
sionarium wucherlicher Contracte
erstrecket. Er ist ferner von der
Beichte und dem Abendmahle aus-
geschlossen, anrüchtig und ehrlos,
unfähig zu Aemtern, Zeugniß zu ge-
ben, ein Testament zu machen,
und einer ehrlichen solennen Be-
gräbniß beyzuwohnen. Auch selbst
der auf Wucher borgende Schuld-
ner wird um den vierten Theil der
entlehnten Summe gestrafet, wenn er
es nicht anzeiget; da hingegen ihm,
wenn er es anzeiget, der vierte Theil
von dem verfallenen Capitale zu rei-
chen ist. Das allerbeste Mittel, dem
Wucher abzuhelfen, ist die Er-
richtung der Leihhäuser, wie wir in
dem Artikel: Lehnbank, ange-
zeiget haben.

Wür-

[Spaltenumbruch]

Wucher
an einer Partey verlieren, an der
andern aber dieſes zu gewinnen ſu-
chen koͤnne, und daß alles doch ein
rechtmaͤßiges Wuchern und Gewin-
nen heiße. 2) Jm boͤſen, und heu-
tiges Tages meiſtens gebraͤu chli-
chen und rechtlichen Verſtande iſt
der Wucher eine unmaͤßige und ver-
botene Nutzung, die von ausgelie-
henem Gelde gezogen wird. Dieſes
geſchieht auf verſchiedene theils offen-
bare, und theils verdeckte Arten, durch
allerley Vertraͤge und Contracte,
welche daher wucherliche Contra-
cte
genennet werden. Einige ge-
wiſſenhafte Rechtsgelehrte wollen,
daß auch ein ſonſt erlaubter Zins,
der von einem Darlehne genommen
wird, ſo ein Duͤrftiger aufnimmt,
ſich aus ſeiner gegenwaͤrtigen Noth
zu retten, ein Wucher ſey, weil er
mit demſelben keinen Nutzen ſchaf-
fet. Nach uͤblichen Rechten heißt
der ein Wucherer, der von aus-
geliehenem Gelde fuͤr die Zinſen ein
mehreres nimmt, als die Geſetze
verſtatten. Jn Deutſchland iſt
durchgehends der erlaubte Zins 5 bis
6 von Hundert jaͤhrlich. Anderswo
iſt er hoͤher oder geringer, nachdem
der Mangel oder Ueberfluß an Gel-
de es erfordert. Weil aber gewinn-
ſuͤchtige Leute ihren Wucher auf
mancherley Weiſe zu verbergen und
zu verſtellen ſuchen: ſo werden als
wucherliche Umſchlaͤge angeſehen,
wenn einer mehr, als er hergeliehen,
verſchreiben laͤßt: wenn er an dem
Darlehn die kuͤnftige Zinſe zum
Voraus inne behaͤlt; wenn er ge-
ringe Muͤnze auszahlt, und ſchwere
verſchreiben laͤßt; wenn er Waa-
re im hohen Preiße angiebt und
Geld vorſchreiben laͤßt; oder dieſel-
be um einen geringeren Werth ge-
gen baar Geld zuruͤck nimmt, die
Verſchreibung aber auf den hoͤhern
Preiß richtet, wenn er neben dem
Zins ein ander Aufgabegeld bedin-
get; wenn er eine Summe ohne
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Wucher
Zins darleihet, hingegen der
Schuldner ihm Waaren unter ih-
rem Werthe uͤberlaſſen muß; wenn
er auf den Fall der Nichtbezahlung
in beſtimmter Zeit, ſich ein namhaf-
tes hohes Wart- oder ander Aufga-
begeld bedingt; wenn Fruͤchte auf
dem Halme, oder an dem Weinſto-
cke, voraus alſo gekaufet werden,
daß die Lieferung gewiß unter dem
marktgaͤngigen Preiße erfolgen muß;
wenn in wohlfeiler Zeit fuͤr ein
Darlehn anſtatt der Zinſen eine ge-
wiſſe Guͤlte an Getreide oder Wein
bedungen, und hernach zu theuren
Zeiten in demſelben Maaße gefor-
dert wird, da ſie den Werth der ge-
braͤuchlichen Zinſe, zwey- oder drey-
fach uͤberſteigt, wenn die verſeſſenen
Zinſen mit zum Capital geſchlagen,
und mit verzinſet werden, u. d. g.
Der Wucher iſt in den Rechten ſo
verhaßt, daß ein wucherlicher Con-
tract, ob er ſchon eidlich beſtaͤtiget
waͤre, fuͤr unguͤltig erkannt, und
der Wucherer um den vierten Theil
des Capitals geſtrafet wird. Jn
Churſachſen iſt dieſe Strafe derge-
ſtalt geſchaͤrfet, daß der Wucherer
die ganze Hauptſumme verliert,
welche Strafe ſich auch auf den Ceſ-
ſionarium wucherlicher Contracte
erſtrecket. Er iſt ferner von der
Beichte und dem Abendmahle aus-
geſchloſſen, anruͤchtig und ehrlos,
unfaͤhig zu Aemtern, Zeugniß zu ge-
ben, ein Teſtament zu machen,
und einer ehrlichen ſolennen Be-
graͤbniß beyzuwohnen. Auch ſelbſt
der auf Wucher borgende Schuld-
ner wird um den vierten Theil der
entlehnten Summe geſtrafet, wenn er
es nicht anzeiget; da hingegen ihm,
wenn er es anzeiget, der vierte Theil
von dem verfallenen Capitale zu rei-
chen iſt. Das allerbeſte Mittel, dem
Wucher abzuhelfen, iſt die Er-
richtung der Leihhaͤuſer, wie wir in
dem Artikel: Lehnbank, ange-
zeiget haben.

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[[470]/0476] Wucher Wucher an einer Partey verlieren, an der andern aber dieſes zu gewinnen ſu- chen koͤnne, und daß alles doch ein rechtmaͤßiges Wuchern und Gewin- nen heiße. 2) Jm boͤſen, und heu- tiges Tages meiſtens gebraͤu chli- chen und rechtlichen Verſtande iſt der Wucher eine unmaͤßige und ver- botene Nutzung, die von ausgelie- henem Gelde gezogen wird. Dieſes geſchieht auf verſchiedene theils offen- bare, und theils verdeckte Arten, durch allerley Vertraͤge und Contracte, welche daher wucherliche Contra- cte genennet werden. Einige ge- wiſſenhafte Rechtsgelehrte wollen, daß auch ein ſonſt erlaubter Zins, der von einem Darlehne genommen wird, ſo ein Duͤrftiger aufnimmt, ſich aus ſeiner gegenwaͤrtigen Noth zu retten, ein Wucher ſey, weil er mit demſelben keinen Nutzen ſchaf- fet. Nach uͤblichen Rechten heißt der ein Wucherer, der von aus- geliehenem Gelde fuͤr die Zinſen ein mehreres nimmt, als die Geſetze verſtatten. Jn Deutſchland iſt durchgehends der erlaubte Zins 5 bis 6 von Hundert jaͤhrlich. Anderswo iſt er hoͤher oder geringer, nachdem der Mangel oder Ueberfluß an Gel- de es erfordert. Weil aber gewinn- ſuͤchtige Leute ihren Wucher auf mancherley Weiſe zu verbergen und zu verſtellen ſuchen: ſo werden als wucherliche Umſchlaͤge angeſehen, wenn einer mehr, als er hergeliehen, verſchreiben laͤßt: wenn er an dem Darlehn die kuͤnftige Zinſe zum Voraus inne behaͤlt; wenn er ge- ringe Muͤnze auszahlt, und ſchwere verſchreiben laͤßt; wenn er Waa- re im hohen Preiße angiebt und Geld vorſchreiben laͤßt; oder dieſel- be um einen geringeren Werth ge- gen baar Geld zuruͤck nimmt, die Verſchreibung aber auf den hoͤhern Preiß richtet, wenn er neben dem Zins ein ander Aufgabegeld bedin- get; wenn er eine Summe ohne Zins darleihet, hingegen der Schuldner ihm Waaren unter ih- rem Werthe uͤberlaſſen muß; wenn er auf den Fall der Nichtbezahlung in beſtimmter Zeit, ſich ein namhaf- tes hohes Wart- oder ander Aufga- begeld bedingt; wenn Fruͤchte auf dem Halme, oder an dem Weinſto- cke, voraus alſo gekaufet werden, daß die Lieferung gewiß unter dem marktgaͤngigen Preiße erfolgen muß; wenn in wohlfeiler Zeit fuͤr ein Darlehn anſtatt der Zinſen eine ge- wiſſe Guͤlte an Getreide oder Wein bedungen, und hernach zu theuren Zeiten in demſelben Maaße gefor- dert wird, da ſie den Werth der ge- braͤuchlichen Zinſe, zwey- oder drey- fach uͤberſteigt, wenn die verſeſſenen Zinſen mit zum Capital geſchlagen, und mit verzinſet werden, u. d. g. Der Wucher iſt in den Rechten ſo verhaßt, daß ein wucherlicher Con- tract, ob er ſchon eidlich beſtaͤtiget waͤre, fuͤr unguͤltig erkannt, und der Wucherer um den vierten Theil des Capitals geſtrafet wird. Jn Churſachſen iſt dieſe Strafe derge- ſtalt geſchaͤrfet, daß der Wucherer die ganze Hauptſumme verliert, welche Strafe ſich auch auf den Ceſ- ſionarium wucherlicher Contracte erſtrecket. Er iſt ferner von der Beichte und dem Abendmahle aus- geſchloſſen, anruͤchtig und ehrlos, unfaͤhig zu Aemtern, Zeugniß zu ge- ben, ein Teſtament zu machen, und einer ehrlichen ſolennen Be- graͤbniß beyzuwohnen. Auch ſelbſt der auf Wucher borgende Schuld- ner wird um den vierten Theil der entlehnten Summe geſtrafet, wenn er es nicht anzeiget; da hingegen ihm, wenn er es anzeiget, der vierte Theil von dem verfallenen Capitale zu rei- chen iſt. Das allerbeſte Mittel, dem Wucher abzuhelfen, iſt die Er- richtung der Leihhaͤuſer, wie wir in dem Artikel: Lehnbank, ange- zeiget haben. Wuͤr-

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Zitationshilfe: Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756, S. [470]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludovici_grundriss_1756/476>, abgerufen am 20.05.2024.