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Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756.

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Wallfisch
derjenigen Kaufleute, welche jähr-
lich eine Anzahl Schiffe nach Grön-
land auf den Wallfischfang ausrü-
sten, worunter auch diejenigen mit
begriffen werden, welche ihre
Schiffe nach der Davisstraße aus
eben derselben Absicht verschicken,
werden (b) Grönlandsfahrer ge-
nennet, siehe dieses Wort. Wenn
die Schiffe auf die Höhe von 60 bis
65 Grad gekommen sind; so fängt
man an, sich (c) zur Fischerey be-
reit zu machen.
Der Comman-
deur giebt einem jeden von seinem
Schiffsvolke, nach seiner Geschick-
lichkeit eine besondere Bedienung,
die bey dem Fangen und Zersticken
des Wallfisches nöthig ist. Ein
jedweder wird mit dem dazu nöthi-
gen Geräthe, als Lanzen, Harpu-
nen, Beil und Messern | versehen.
Auch werden einem jedweden seine
Chalupe und Ruder, und sonst ge-
hörige Werkzeuge angewiesen. Wenn
alles zurecht gemacht ist, bricht man
auf der Höhe von 75 oder 76 Grad
durch die Eisschollen am Ufer durch,
bis man zwischen den 77 und 79 Grad
an die festen Eisfelder kömmt, wo
sich der Wallfisch gemeiniglich auf-
hält. Hier geht es nun mit dem
(d) Wallfischfange selbst also zu:
Wenn von einem Schiffe ein Wall-
fisch erblicket, oder bey dunkelem
Wetter nur gehöret wird; so be-
giebt sich das Schiffsvolk auf das
Rufen: Fall, Fall, in die Chalu-
pen, die gemeiniglich mit 7 Mann
bemannet sind, darunter der Har-
punier
(siehe Harpune) vorne ste-
het, und seines Vortheils erwartet,
der Steurer hinten die Chalupe re-
gieret, und der Leinenschießer zu
seiner Zeit auf die Leine Achtung
giebt, die andern aber allein rudern.
Diese Chalupen eilen auf den Wall-
fisch zu, ob sie ihn beschleichen kön-
nen, welches, wenn er Wasser bläst,
oder die Wellen an den Eisschol-
len rauschen, am leichtesten ge-
[Spaltenumbruch]
Wallfisch
schieht; sonst, wenn er das Schla-
gen der Ruder höret, oder die Cha-
lupe sonst gewahr wird, wirft er
den Schwanz auf und geht davon.
So bald ihm eine Chalupe nahe
gekommen ist, trachtet der Harpu-
nier mit der in der Hand habenden
Harpune ihm eines anzubringen, und
wo möglich hinter das Blaseloch,
oder in den dicken Speck auf dem
Rücken zu werfen, weil er es an-
derswo so nicht empfindet, und am
Kopfe am wenigsten, weil daselbst
der Speck sehr dünne ist, und die
Harpun leicht ausreißt. Die ge-
dachte Harpune ist ein Werkzeug,
wie ein Pfeil, mit zwey scharfen
Wiederhaken, von reinem Stahle,
und wohl gehärtet, und an dem an-
dern Ende auf einen hölzernen Stiel
angestoßen. An die Harpune ist
eine weiße und dünne Leine gebun-
den, die nur 6 Klaftern lang ist,
und der Vorläufer genennet wird,
mit welcher sowol, als mit noch
verschiedenen andern (insgemein 10
mit Theer bestrichenen Leinen, von
100 bis 125 Faden oder Klaftern
lang, davon etliche Stelle ordent-
lich aufgeschossen, zwischen zweyen
Bänken, in der Chalupe gehalten,
und auf den Nothfall eine an die
andere geknüpft werden) der Wall-
fisch, so bald er den Wurf empfin-
det, davon streicht, entweder über
dem Wasser, da er einen Strich
im Meere macht, wie ein Schiff,
das mit vollen Segeln läuft, oder
auch nach der Tiefe oder unter die
Eisschollen geht, und da hat der
Leinenschießer wohl acht zu haben,
daß die Leine ungehindert nach-
schieße. Dieselbe geht vorne bey
dem Steven über den Bord der
Chalupe hinaus, und schießt mit
solcher Heftigkeit, daß der Harpu-
nirer mit einem Dwiel unabläßig
netzen muß, damit nicht Holz und
Leine anbrenne. Der Steurer aber
muß wohl in Acht nehmen, die

Chalupe

[Spaltenumbruch]

Wallfiſch
derjenigen Kaufleute, welche jaͤhr-
lich eine Anzahl Schiffe nach Groͤn-
land auf den Wallfiſchfang ausruͤ-
ſten, worunter auch diejenigen mit
begriffen werden, welche ihre
Schiffe nach der Davisſtraße aus
eben derſelben Abſicht verſchicken,
werden (b) Groͤnlandsfahrer ge-
nennet, ſiehe dieſes Wort. Wenn
die Schiffe auf die Hoͤhe von 60 bis
65 Grad gekommen ſind; ſo faͤngt
man an, ſich (c) zur Fiſcherey be-
reit zu machen.
Der Comman-
deur giebt einem jeden von ſeinem
Schiffsvolke, nach ſeiner Geſchick-
lichkeit eine beſondere Bedienung,
die bey dem Fangen und Zerſticken
des Wallfiſches noͤthig iſt. Ein
jedweder wird mit dem dazu noͤthi-
gen Geraͤthe, als Lanzen, Harpu-
nen, Beil und Meſſern | verſehen.
Auch werden einem jedweden ſeine
Chalupe und Ruder, und ſonſt ge-
hoͤrige Werkzeuge angewieſen. Wenn
alles zurecht gemacht iſt, bricht man
auf der Hoͤhe von 75 oder 76 Grad
durch die Eisſchollen am Ufer durch,
bis man zwiſchen den 77 und 79 Grad
an die feſten Eisfelder koͤmmt, wo
ſich der Wallfiſch gemeiniglich auf-
haͤlt. Hier geht es nun mit dem
(d) Wallfiſchfange ſelbſt alſo zu:
Wenn von einem Schiffe ein Wall-
fiſch erblicket, oder bey dunkelem
Wetter nur gehoͤret wird; ſo be-
giebt ſich das Schiffsvolk auf das
Rufen: Fall, Fall, in die Chalu-
pen, die gemeiniglich mit 7 Mann
bemannet ſind, darunter der Har-
punier
(ſiehe Harpune) vorne ſte-
het, und ſeines Vortheils erwartet,
der Steurer hinten die Chalupe re-
gieret, und der Leinenſchießer zu
ſeiner Zeit auf die Leine Achtung
giebt, die andern aber allein rudern.
Dieſe Chalupen eilen auf den Wall-
fiſch zu, ob ſie ihn beſchleichen koͤn-
nen, welches, wenn er Waſſer blaͤſt,
oder die Wellen an den Eisſchol-
len rauſchen, am leichteſten ge-
[Spaltenumbruch]
Wallfiſch
ſchieht; ſonſt, wenn er das Schla-
gen der Ruder hoͤret, oder die Cha-
lupe ſonſt gewahr wird, wirft er
den Schwanz auf und geht davon.
So bald ihm eine Chalupe nahe
gekommen iſt, trachtet der Harpu-
nier mit der in der Hand habenden
Harpune ihm eines anzubringen, und
wo moͤglich hinter das Blaſeloch,
oder in den dicken Speck auf dem
Ruͤcken zu werfen, weil er es an-
derswo ſo nicht empfindet, und am
Kopfe am wenigſten, weil daſelbſt
der Speck ſehr duͤnne iſt, und die
Harpun leicht ausreißt. Die ge-
dachte Harpune iſt ein Werkzeug,
wie ein Pfeil, mit zwey ſcharfen
Wiederhaken, von reinem Stahle,
und wohl gehaͤrtet, und an dem an-
dern Ende auf einen hoͤlzernen Stiel
angeſtoßen. An die Harpune iſt
eine weiße und duͤnne Leine gebun-
den, die nur 6 Klaftern lang iſt,
und der Vorlaͤufer genennet wird,
mit welcher ſowol, als mit noch
verſchiedenen andern (insgemein 10
mit Theer beſtrichenen Leinen, von
100 bis 125 Faden oder Klaftern
lang, davon etliche Stelle ordent-
lich aufgeſchoſſen, zwiſchen zweyen
Baͤnken, in der Chalupe gehalten,
und auf den Nothfall eine an die
andere geknuͤpft werden) der Wall-
fiſch, ſo bald er den Wurf empfin-
det, davon ſtreicht, entweder uͤber
dem Waſſer, da er einen Strich
im Meere macht, wie ein Schiff,
das mit vollen Segeln laͤuft, oder
auch nach der Tiefe oder unter die
Eisſchollen geht, und da hat der
Leinenſchießer wohl acht zu haben,
daß die Leine ungehindert nach-
ſchieße. Dieſelbe geht vorne bey
dem Steven uͤber den Bord der
Chalupe hinaus, und ſchießt mit
ſolcher Heftigkeit, daß der Harpu-
nirer mit einem Dwiel unablaͤßig
netzen muß, damit nicht Holz und
Leine anbrenne. Der Steurer aber
muß wohl in Acht nehmen, die

Chalupe
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[[318]/0324] Wallfiſch Wallfiſch derjenigen Kaufleute, welche jaͤhr- lich eine Anzahl Schiffe nach Groͤn- land auf den Wallfiſchfang ausruͤ- ſten, worunter auch diejenigen mit begriffen werden, welche ihre Schiffe nach der Davisſtraße aus eben derſelben Abſicht verſchicken, werden (b) Groͤnlandsfahrer ge- nennet, ſiehe dieſes Wort. Wenn die Schiffe auf die Hoͤhe von 60 bis 65 Grad gekommen ſind; ſo faͤngt man an, ſich (c) zur Fiſcherey be- reit zu machen. Der Comman- deur giebt einem jeden von ſeinem Schiffsvolke, nach ſeiner Geſchick- lichkeit eine beſondere Bedienung, die bey dem Fangen und Zerſticken des Wallfiſches noͤthig iſt. Ein jedweder wird mit dem dazu noͤthi- gen Geraͤthe, als Lanzen, Harpu- nen, Beil und Meſſern | verſehen. Auch werden einem jedweden ſeine Chalupe und Ruder, und ſonſt ge- hoͤrige Werkzeuge angewieſen. Wenn alles zurecht gemacht iſt, bricht man auf der Hoͤhe von 75 oder 76 Grad durch die Eisſchollen am Ufer durch, bis man zwiſchen den 77 und 79 Grad an die feſten Eisfelder koͤmmt, wo ſich der Wallfiſch gemeiniglich auf- haͤlt. Hier geht es nun mit dem (d) Wallfiſchfange ſelbſt alſo zu: Wenn von einem Schiffe ein Wall- fiſch erblicket, oder bey dunkelem Wetter nur gehoͤret wird; ſo be- giebt ſich das Schiffsvolk auf das Rufen: Fall, Fall, in die Chalu- pen, die gemeiniglich mit 7 Mann bemannet ſind, darunter der Har- punier (ſiehe Harpune) vorne ſte- het, und ſeines Vortheils erwartet, der Steurer hinten die Chalupe re- gieret, und der Leinenſchießer zu ſeiner Zeit auf die Leine Achtung giebt, die andern aber allein rudern. Dieſe Chalupen eilen auf den Wall- fiſch zu, ob ſie ihn beſchleichen koͤn- nen, welches, wenn er Waſſer blaͤſt, oder die Wellen an den Eisſchol- len rauſchen, am leichteſten ge- ſchieht; ſonſt, wenn er das Schla- gen der Ruder hoͤret, oder die Cha- lupe ſonſt gewahr wird, wirft er den Schwanz auf und geht davon. So bald ihm eine Chalupe nahe gekommen iſt, trachtet der Harpu- nier mit der in der Hand habenden Harpune ihm eines anzubringen, und wo moͤglich hinter das Blaſeloch, oder in den dicken Speck auf dem Ruͤcken zu werfen, weil er es an- derswo ſo nicht empfindet, und am Kopfe am wenigſten, weil daſelbſt der Speck ſehr duͤnne iſt, und die Harpun leicht ausreißt. Die ge- dachte Harpune iſt ein Werkzeug, wie ein Pfeil, mit zwey ſcharfen Wiederhaken, von reinem Stahle, und wohl gehaͤrtet, und an dem an- dern Ende auf einen hoͤlzernen Stiel angeſtoßen. An die Harpune iſt eine weiße und duͤnne Leine gebun- den, die nur 6 Klaftern lang iſt, und der Vorlaͤufer genennet wird, mit welcher ſowol, als mit noch verſchiedenen andern (insgemein 10 mit Theer beſtrichenen Leinen, von 100 bis 125 Faden oder Klaftern lang, davon etliche Stelle ordent- lich aufgeſchoſſen, zwiſchen zweyen Baͤnken, in der Chalupe gehalten, und auf den Nothfall eine an die andere geknuͤpft werden) der Wall- fiſch, ſo bald er den Wurf empfin- det, davon ſtreicht, entweder uͤber dem Waſſer, da er einen Strich im Meere macht, wie ein Schiff, das mit vollen Segeln laͤuft, oder auch nach der Tiefe oder unter die Eisſchollen geht, und da hat der Leinenſchießer wohl acht zu haben, daß die Leine ungehindert nach- ſchieße. Dieſelbe geht vorne bey dem Steven uͤber den Bord der Chalupe hinaus, und ſchießt mit ſolcher Heftigkeit, daß der Harpu- nirer mit einem Dwiel unablaͤßig netzen muß, damit nicht Holz und Leine anbrenne. Der Steurer aber muß wohl in Acht nehmen, die Chalupe

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Zitationshilfe: Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756, S. [318]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludovici_grundriss_1756/324>, abgerufen am 22.11.2024.