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Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756.

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Waid
ja wohl gar sechsmal abschneidet.
Man hält aber nur den Waid von
den vier ersten Erndten für gut, und
den von den beyden ersten für bes-
ser, als den von der dritten und
vierten: dahingegen der von der
fünften Erndte sehr schwach, und
der von der letzten, welchen man
Marouchin nennet; gar nichts nutz
ist. Jn der (b) Normandie, wo
man den Waid Vouede, oder
Voide, nennet, wird solcher, in-
sonderheit in der Gegend um Caen,
ebenfalls in ziemlicher Menge ge-
bauet, und vor Zeiten ward damit
aus der Normandie ein sehr star-
ker Handel getrieben, welcher aber
seit der Zeit, daß man den Jndi-
go hat, stark gefallen ist: man
bauet diese Vouede auf eben die Art,
wie in Languedoc den Waid; er ist
aber bey weitem nicht so völlig,
und giebt auch lange keine so starke
Farbe, als der Waid in Langue-
doc, indem er fast nicht mehr Far-
be giebt, als der in Languedoc ge-
erndtete Marouchin, welches ver-
muthlich daher rühret, weil die
Wärme in der Normandie lange
nicht so stark ist, als in Oberlan-
guedoc; daher dieser Waid langsam
reif wird. Jedoch ist auch in der
Erbauung dieser normandischen Vou-
ede,
und des wahren Waids die-
ser Unterschied, daß man die Vou-
ede
nicht so vielmal einerudten
kann, als den Waid in Languedoc,
und daß er nicht so viel Wasser
verträgt, als der rechte Waid: wie
man denn auch, wenn man aus der
Vouede eine gute Farbe machen
will, solche, so viel möglich, mit
dem wahren Waid vermengen, oder
Jndigo dazu thun muß; von wel-
chen aber höchstens nur 1 Pfund auf
1 Centner Vouede muß genommen
werden, weil man sonst Gefahr
läuft, eine falsche Farbe zu machen.
Um (c) Genf wird itziger Zeit gleich-
falls Waid gebauet, welcher ziem-
[Spaltenumbruch]
Waid
lich gut geräth, und um 20 Livres
der Centner verkaufet wird. Nicht
weniger bauet man noch in (d) Gel-
dern,
desgleichen in (e) Spanien,
(f) Portugal, und auf den (g) ca-
narischen Jnseln,
dieses Gewächs.
Der meiste und beste Waid aber
kömmt aus Thüringen, und nächst
solchem aus Languedoc. Endlich
so leget man sich nunmehr auch in
(h) England, und in (i) Holland
auf den Waidbau, wie wir weiter
unten gedenken werden. Der (9)
Handel mit dem Waid, nämlich
der Farbe, ist vor Zeiten fehr be-
trächtlich gewesen, und alle Länder,
wo man sonst Waid gebauet hat,
sind dadurch reich geworden. An-
langend (a) Thüringen, so hat
schon seit etlichen Jahrhunderten
der Waidhandel darinnen geblühet,
aber auch zugleich mit dem dasigen
Waidbaue gewaltig abgenommen.
Bey dem stärksten Flore des Waid-
handels waren in Thüringen eigent-
lich fünf, (a) Waidhandelsstädte:
Erfurt, Gotha, Langensalze, Tenn-
städt und Arnstadt; bey allen aber
liegt er dermalen darnieder, das
einzige Langensalze, eine dem Chur-
hause Sachsen zugehörige Stadt,
ausgenommen, welche sich bis itzt
dabey erhalten hat. Denn Erfurt
thut noch so wenig, daß es in keine
Betrachtung zu ziehen, und hat der-
malen kaum noch zwey Waidhänd-
ler. Gotha hat sich sehr darum
bemühet, auch 1681 eine Handels-
ordnung darüber errichten wollen;
es ist aber nicht zu Stande gekom-
men: so ist auch die neue Bemü-
hung 1746 vergebens gewesen. Der
(b) Weg des eigentlichen Vertriebs
in Thüringen hat sich verschiedene
male verändert. Man hatte auch
einen Weg zu Wasser, den Waid
aus Thüringen nach Niedersachsen
zu verführen. Man brachte ihn in
dem eisenachischen Dorfe Myla,
und in dem gothischen Dorfe Eben-

hau-

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Waid
ja wohl gar ſechsmal abſchneidet.
Man haͤlt aber nur den Waid von
den vier erſten Erndten fuͤr gut, und
den von den beyden erſten fuͤr beſ-
ſer, als den von der dritten und
vierten: dahingegen der von der
fuͤnften Erndte ſehr ſchwach, und
der von der letzten, welchen man
Marouchin nennet; gar nichts nutz
iſt. Jn der (b) Normandie, wo
man den Waid Vouede, oder
Voide, nennet, wird ſolcher, in-
ſonderheit in der Gegend um Caen,
ebenfalls in ziemlicher Menge ge-
bauet, und vor Zeiten ward damit
aus der Normandie ein ſehr ſtar-
ker Handel getrieben, welcher aber
ſeit der Zeit, daß man den Jndi-
go hat, ſtark gefallen iſt: man
bauet dieſe Vouede auf eben die Art,
wie in Languedoc den Waid; er iſt
aber bey weitem nicht ſo voͤllig,
und giebt auch lange keine ſo ſtarke
Farbe, als der Waid in Langue-
doc, indem er faſt nicht mehr Far-
be giebt, als der in Languedoc ge-
erndtete Marouchin, welches ver-
muthlich daher ruͤhret, weil die
Waͤrme in der Normandie lange
nicht ſo ſtark iſt, als in Oberlan-
guedoc; daher dieſer Waid langſam
reif wird. Jedoch iſt auch in der
Erbauung dieſer normandiſchen Vou-
ede,
und des wahren Waids die-
ſer Unterſchied, daß man die Vou-
ede
nicht ſo vielmal einerudten
kann, als den Waid in Languedoc,
und daß er nicht ſo viel Waſſer
vertraͤgt, als der rechte Waid: wie
man denn auch, wenn man aus der
Vouede eine gute Farbe machen
will, ſolche, ſo viel moͤglich, mit
dem wahren Waid vermengen, oder
Jndigo dazu thun muß; von wel-
chen aber hoͤchſtens nur 1 Pfund auf
1 Centner Vouede muß genommen
werden, weil man ſonſt Gefahr
laͤuft, eine falſche Farbe zu machen.
Um (c) Genf wird itziger Zeit gleich-
falls Waid gebauet, welcher ziem-
[Spaltenumbruch]
Waid
lich gut geraͤth, und um 20 Livres
der Centner verkaufet wird. Nicht
weniger bauet man noch in (d) Gel-
dern,
desgleichen in (e) Spanien,
(f) Portugal, und auf den (g) ca-
nariſchen Jnſeln,
dieſes Gewaͤchs.
Der meiſte und beſte Waid aber
koͤmmt aus Thuͤringen, und naͤchſt
ſolchem aus Languedoc. Endlich
ſo leget man ſich nunmehr auch in
(h) England, und in (i) Holland
auf den Waidbau, wie wir weiter
unten gedenken werden. Der (9)
Handel mit dem Waid, naͤmlich
der Farbe, iſt vor Zeiten fehr be-
traͤchtlich geweſen, und alle Laͤnder,
wo man ſonſt Waid gebauet hat,
ſind dadurch reich geworden. An-
langend (a) Thuͤringen, ſo hat
ſchon ſeit etlichen Jahrhunderten
der Waidhandel darinnen gebluͤhet,
aber auch zugleich mit dem daſigen
Waidbaue gewaltig abgenommen.
Bey dem ſtaͤrkſten Flore des Waid-
handels waren in Thuͤringen eigent-
lich fuͤnf, (a) Waidhandelsſtaͤdte:
Erfurt, Gotha, Langenſalze, Tenn-
ſtaͤdt und Arnſtadt; bey allen aber
liegt er dermalen darnieder, das
einzige Langenſalze, eine dem Chur-
hauſe Sachſen zugehoͤrige Stadt,
ausgenommen, welche ſich bis itzt
dabey erhalten hat. Denn Erfurt
thut noch ſo wenig, daß es in keine
Betrachtung zu ziehen, und hat der-
malen kaum noch zwey Waidhaͤnd-
ler. Gotha hat ſich ſehr darum
bemuͤhet, auch 1681 eine Handels-
ordnung daruͤber errichten wollen;
es iſt aber nicht zu Stande gekom-
men: ſo iſt auch die neue Bemuͤ-
hung 1746 vergebens geweſen. Der
(b) Weg des eigentlichen Vertriebs
in Thuͤringen hat ſich verſchiedene
male veraͤndert. Man hatte auch
einen Weg zu Waſſer, den Waid
aus Thuͤringen nach Niederſachſen
zu verfuͤhren. Man brachte ihn in
dem eiſenachiſchen Dorfe Myla,
und in dem gothiſchen Dorfe Eben-

hau-
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[[301]/0307] Waid Waid ja wohl gar ſechsmal abſchneidet. Man haͤlt aber nur den Waid von den vier erſten Erndten fuͤr gut, und den von den beyden erſten fuͤr beſ- ſer, als den von der dritten und vierten: dahingegen der von der fuͤnften Erndte ſehr ſchwach, und der von der letzten, welchen man Marouchin nennet; gar nichts nutz iſt. Jn der (b) Normandie, wo man den Waid Vouede, oder Voide, nennet, wird ſolcher, in- ſonderheit in der Gegend um Caen, ebenfalls in ziemlicher Menge ge- bauet, und vor Zeiten ward damit aus der Normandie ein ſehr ſtar- ker Handel getrieben, welcher aber ſeit der Zeit, daß man den Jndi- go hat, ſtark gefallen iſt: man bauet dieſe Vouede auf eben die Art, wie in Languedoc den Waid; er iſt aber bey weitem nicht ſo voͤllig, und giebt auch lange keine ſo ſtarke Farbe, als der Waid in Langue- doc, indem er faſt nicht mehr Far- be giebt, als der in Languedoc ge- erndtete Marouchin, welches ver- muthlich daher ruͤhret, weil die Waͤrme in der Normandie lange nicht ſo ſtark iſt, als in Oberlan- guedoc; daher dieſer Waid langſam reif wird. Jedoch iſt auch in der Erbauung dieſer normandiſchen Vou- ede, und des wahren Waids die- ſer Unterſchied, daß man die Vou- ede nicht ſo vielmal einerudten kann, als den Waid in Languedoc, und daß er nicht ſo viel Waſſer vertraͤgt, als der rechte Waid: wie man denn auch, wenn man aus der Vouede eine gute Farbe machen will, ſolche, ſo viel moͤglich, mit dem wahren Waid vermengen, oder Jndigo dazu thun muß; von wel- chen aber hoͤchſtens nur 1 Pfund auf 1 Centner Vouede muß genommen werden, weil man ſonſt Gefahr laͤuft, eine falſche Farbe zu machen. Um (c) Genf wird itziger Zeit gleich- falls Waid gebauet, welcher ziem- lich gut geraͤth, und um 20 Livres der Centner verkaufet wird. Nicht weniger bauet man noch in (d) Gel- dern, desgleichen in (e) Spanien, (f) Portugal, und auf den (g) ca- nariſchen Jnſeln, dieſes Gewaͤchs. Der meiſte und beſte Waid aber koͤmmt aus Thuͤringen, und naͤchſt ſolchem aus Languedoc. Endlich ſo leget man ſich nunmehr auch in (h) England, und in (i) Holland auf den Waidbau, wie wir weiter unten gedenken werden. Der (9) Handel mit dem Waid, naͤmlich der Farbe, iſt vor Zeiten fehr be- traͤchtlich geweſen, und alle Laͤnder, wo man ſonſt Waid gebauet hat, ſind dadurch reich geworden. An- langend (a) Thuͤringen, ſo hat ſchon ſeit etlichen Jahrhunderten der Waidhandel darinnen gebluͤhet, aber auch zugleich mit dem daſigen Waidbaue gewaltig abgenommen. Bey dem ſtaͤrkſten Flore des Waid- handels waren in Thuͤringen eigent- lich fuͤnf, (a) Waidhandelsſtaͤdte: Erfurt, Gotha, Langenſalze, Tenn- ſtaͤdt und Arnſtadt; bey allen aber liegt er dermalen darnieder, das einzige Langenſalze, eine dem Chur- hauſe Sachſen zugehoͤrige Stadt, ausgenommen, welche ſich bis itzt dabey erhalten hat. Denn Erfurt thut noch ſo wenig, daß es in keine Betrachtung zu ziehen, und hat der- malen kaum noch zwey Waidhaͤnd- ler. Gotha hat ſich ſehr darum bemuͤhet, auch 1681 eine Handels- ordnung daruͤber errichten wollen; es iſt aber nicht zu Stande gekom- men: ſo iſt auch die neue Bemuͤ- hung 1746 vergebens geweſen. Der (b) Weg des eigentlichen Vertriebs in Thuͤringen hat ſich verſchiedene male veraͤndert. Man hatte auch einen Weg zu Waſſer, den Waid aus Thuͤringen nach Niederſachſen zu verfuͤhren. Man brachte ihn in dem eiſenachiſchen Dorfe Myla, und in dem gothiſchen Dorfe Eben- hau-

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Zitationshilfe: Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756, S. [301]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludovici_grundriss_1756/307>, abgerufen am 25.11.2024.