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Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756.

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Ungarn
auch, eben wie ein Tuch, sich bey
Ellen ausmessen läßt, und dabey so
zähe ist, daß, wenn es auch vier
und zwanzig Stunden nach einan-
der regnen sollte, dennoch kein Was-
ser durchgehen kann, wovon die Ur-
sache ist, daß sie solchen nicht lei-
men, als welches sonst, wie an vie-
len Filzhüten zu ersehen, im Regen
aufgeht, und der Leim sich auflöset:
sie brauchen aber an dessen Stelle
Hausblasen, als die in der Nässe
beständig bleiben: doch will damit
vorsichtig umgegangen seyn, weil,
wenn die rechte Proportion nicht
darinn gehalten wird, der Filz da-
durch allzusteif wird, daß er her-
nach leichtlich bricht. Man ma-
chet aus solchem Filze Reise- Wet-
ter- und Campagnemäntel. Fer-
ner gehöret unter die ungarischen
Manufacturen das ungarische (b)
Leder, welches sonderlich zu Preß-
burg gut und am besten gemacht
wird, siehe Ungarisch Leder, in-
gleichen Sohlleder. Auch ist die
in der Herrschaft Holitsch angeleg-
te (c) Cattunfabrik nicht vorbey zu
gehen, und hat solche der Kaiser
1754. einigen wiener Kaufleuten mit
vielen Privilegien überlassen. Hier-
nächst hat man schon seit langen
Jahren in Ungarn das (d) Pot-
aschenbrennen
an allen Orten auf
eine so außerordentliche Weise ge-
trieben, daß den dasigen Waldun-
gen ein sehr beträchtlicher Schaden
zugefüget worden, wodurch der kai-
serliche königliche Hof 1754. bewo-
gen worden, die allerhöchste Or-
dre an die ungarischen Comitate er-
gehen zu lassen, die gehörige Auf-
merksamkeit zu haben, daß künftig-
hin das noch übrig seyende wenige
gute Holz in den dasigen Wäldern
erhalten werde. Die (9) Einwoh-
ner
des Landes sind von verschie-
dener Herkunft: Die eigentlichen
Ungarn stammen von den Hunga-
ren ab, die im Jahre 888 das Land
[Spaltenumbruch]
Ungarn
in Besitz genommen haben; und ob
sie gleich weit gesitteter sind, als
ihre Vorfahren, so haben sie doch
noch manche Ueberbleibsel der scy-
thischen Herkunft an sich. Zu den-
selben werden auch die Jazyger und
Cumaner gerechnet, die ebenfalls
aus andern Orten, und zwar die
letzten im Jahre 1234. unter dem
Könige Bela dem IV nach Ungarn
gekommen sind, der ihnen die
fruchtbare Gegend zwischen der
Theiße und Temes eingeräumet hat;
wie sie denn auch ehedessen sehr
große Privilegien hatten, die aber
1638. aufgehoben sind. Ein ande-
rer Theil der Einwohner ist slavi-
schen
Ursprungs, und dazu gehö-
ren die Böhmen, Croaten, Ser-
vier,
oder Raitzen, Russen und
Wenden. Diese bewohnen den öst-
lichen und nördlichen Theil von Un-
garn in der preßburger, neutra,
trentschiner, arvaer, liptauer, thu-
rotzer, altsohler, barscher, honter,
wograder, gömörer und ödenbur-
ger Gespannschaft, und sind auch
noch durch Ungarn zerstreuet. Sie
scheinen von den ältesten Zeiten her
daselbst gewohnt zu haben. Zu der
deutschen Nation gehören die Oe-
sterreicher, Steyermärker, Bay-
ern, Franken, Schwaben
und
Sachsen. Es scheint, daß sie eben
zu der Zeit nach Ungarn gekommen
sind, als die Sachsen sich in Sie-
benbürgen niedergelassen haben,
nämlich unter den Königen Geysa
dem II. und Andreas dem II. nach
der Zeit aber hat der Krieg, die
Handlung, und die Fruchtbarkeit
des Landes noch mehrere Deutsche
in das Land gezogen, welche sich
sonderlich unter der Regierung des
österreichischen Hauses vermehret
haben: und obwol dieses Reich
nachmals durch Krieg, Pest, und
andere Schicksale sehr öde worden:
so hat es gleichwol neuerlicher Zei-
ten und zwar seit 1748. wieder volk-

reicher

[Spaltenumbruch]

Ungarn
auch, eben wie ein Tuch, ſich bey
Ellen ausmeſſen laͤßt, und dabey ſo
zaͤhe iſt, daß, wenn es auch vier
und zwanzig Stunden nach einan-
der regnen ſollte, dennoch kein Waſ-
ſer durchgehen kann, wovon die Ur-
ſache iſt, daß ſie ſolchen nicht lei-
men, als welches ſonſt, wie an vie-
len Filzhuͤten zu erſehen, im Regen
aufgeht, und der Leim ſich aufloͤſet:
ſie brauchen aber an deſſen Stelle
Hausblaſen, als die in der Naͤſſe
beſtaͤndig bleiben: doch will damit
vorſichtig umgegangen ſeyn, weil,
wenn die rechte Proportion nicht
darinn gehalten wird, der Filz da-
durch allzuſteif wird, daß er her-
nach leichtlich bricht. Man ma-
chet aus ſolchem Filze Reiſe- Wet-
ter- und Campagnemaͤntel. Fer-
ner gehoͤret unter die ungariſchen
Manufacturen das ungariſche (b)
Leder, welches ſonderlich zu Preß-
burg gut und am beſten gemacht
wird, ſiehe Ungariſch Leder, in-
gleichen Sohlleder. Auch iſt die
in der Herrſchaft Holitſch angeleg-
te (c) Cattunfabrik nicht vorbey zu
gehen, und hat ſolche der Kaiſer
1754. einigen wiener Kaufleuten mit
vielen Privilegien uͤberlaſſen. Hier-
naͤchſt hat man ſchon ſeit langen
Jahren in Ungarn das (d) Pot-
aſchenbrennen
an allen Orten auf
eine ſo außerordentliche Weiſe ge-
trieben, daß den daſigen Waldun-
gen ein ſehr betraͤchtlicher Schaden
zugefuͤget worden, wodurch der kai-
ſerliche koͤnigliche Hof 1754. bewo-
gen worden, die allerhoͤchſte Or-
dre an die ungariſchen Comitate er-
gehen zu laſſen, die gehoͤrige Auf-
merkſamkeit zu haben, daß kuͤnftig-
hin das noch uͤbrig ſeyende wenige
gute Holz in den daſigen Waͤldern
erhalten werde. Die (9) Einwoh-
ner
des Landes ſind von verſchie-
dener Herkunft: Die eigentlichen
Ungarn ſtammen von den Hunga-
ren ab, die im Jahre 888 das Land
[Spaltenumbruch]
Ungarn
in Beſitz genommen haben; und ob
ſie gleich weit geſitteter ſind, als
ihre Vorfahren, ſo haben ſie doch
noch manche Ueberbleibſel der ſcy-
thiſchen Herkunft an ſich. Zu den-
ſelben werden auch die Jazyger und
Cumaner gerechnet, die ebenfalls
aus andern Orten, und zwar die
letzten im Jahre 1234. unter dem
Koͤnige Bela dem IV nach Ungarn
gekommen ſind, der ihnen die
fruchtbare Gegend zwiſchen der
Theiße und Temes eingeraͤumet hat;
wie ſie denn auch ehedeſſen ſehr
große Privilegien hatten, die aber
1638. aufgehoben ſind. Ein ande-
rer Theil der Einwohner iſt ſlavi-
ſchen
Urſprungs, und dazu gehoͤ-
ren die Boͤhmen, Croaten, Ser-
vier,
oder Raitzen, Ruſſen und
Wenden. Dieſe bewohnen den oͤſt-
lichen und noͤrdlichen Theil von Un-
garn in der preßburger, neutra,
trentſchiner, arvaer, liptauer, thu-
rotzer, altſohler, barſcher, honter,
wograder, goͤmoͤrer und oͤdenbur-
ger Geſpannſchaft, und ſind auch
noch durch Ungarn zerſtreuet. Sie
ſcheinen von den aͤlteſten Zeiten her
daſelbſt gewohnt zu haben. Zu der
deutſchen Nation gehoͤren die Oe-
ſterreicher, Steyermaͤrker, Bay-
ern, Franken, Schwaben
und
Sachſen. Es ſcheint, daß ſie eben
zu der Zeit nach Ungarn gekommen
ſind, als die Sachſen ſich in Sie-
benbuͤrgen niedergelaſſen haben,
naͤmlich unter den Koͤnigen Geyſa
dem II. und Andreas dem II. nach
der Zeit aber hat der Krieg, die
Handlung, und die Fruchtbarkeit
des Landes noch mehrere Deutſche
in das Land gezogen, welche ſich
ſonderlich unter der Regierung des
oͤſterreichiſchen Hauſes vermehret
haben: und obwol dieſes Reich
nachmals durch Krieg, Peſt, und
andere Schickſale ſehr oͤde worden:
ſo hat es gleichwol neuerlicher Zei-
ten und zwar ſeit 1748. wieder volk-

reicher
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[[248]/0254] Ungarn Ungarn auch, eben wie ein Tuch, ſich bey Ellen ausmeſſen laͤßt, und dabey ſo zaͤhe iſt, daß, wenn es auch vier und zwanzig Stunden nach einan- der regnen ſollte, dennoch kein Waſ- ſer durchgehen kann, wovon die Ur- ſache iſt, daß ſie ſolchen nicht lei- men, als welches ſonſt, wie an vie- len Filzhuͤten zu erſehen, im Regen aufgeht, und der Leim ſich aufloͤſet: ſie brauchen aber an deſſen Stelle Hausblaſen, als die in der Naͤſſe beſtaͤndig bleiben: doch will damit vorſichtig umgegangen ſeyn, weil, wenn die rechte Proportion nicht darinn gehalten wird, der Filz da- durch allzuſteif wird, daß er her- nach leichtlich bricht. Man ma- chet aus ſolchem Filze Reiſe- Wet- ter- und Campagnemaͤntel. Fer- ner gehoͤret unter die ungariſchen Manufacturen das ungariſche (b) Leder, welches ſonderlich zu Preß- burg gut und am beſten gemacht wird, ſiehe Ungariſch Leder, in- gleichen Sohlleder. Auch iſt die in der Herrſchaft Holitſch angeleg- te (c) Cattunfabrik nicht vorbey zu gehen, und hat ſolche der Kaiſer 1754. einigen wiener Kaufleuten mit vielen Privilegien uͤberlaſſen. Hier- naͤchſt hat man ſchon ſeit langen Jahren in Ungarn das (d) Pot- aſchenbrennen an allen Orten auf eine ſo außerordentliche Weiſe ge- trieben, daß den daſigen Waldun- gen ein ſehr betraͤchtlicher Schaden zugefuͤget worden, wodurch der kai- ſerliche koͤnigliche Hof 1754. bewo- gen worden, die allerhoͤchſte Or- dre an die ungariſchen Comitate er- gehen zu laſſen, die gehoͤrige Auf- merkſamkeit zu haben, daß kuͤnftig- hin das noch uͤbrig ſeyende wenige gute Holz in den daſigen Waͤldern erhalten werde. Die (9) Einwoh- ner des Landes ſind von verſchie- dener Herkunft: Die eigentlichen Ungarn ſtammen von den Hunga- ren ab, die im Jahre 888 das Land in Beſitz genommen haben; und ob ſie gleich weit geſitteter ſind, als ihre Vorfahren, ſo haben ſie doch noch manche Ueberbleibſel der ſcy- thiſchen Herkunft an ſich. Zu den- ſelben werden auch die Jazyger und Cumaner gerechnet, die ebenfalls aus andern Orten, und zwar die letzten im Jahre 1234. unter dem Koͤnige Bela dem IV nach Ungarn gekommen ſind, der ihnen die fruchtbare Gegend zwiſchen der Theiße und Temes eingeraͤumet hat; wie ſie denn auch ehedeſſen ſehr große Privilegien hatten, die aber 1638. aufgehoben ſind. Ein ande- rer Theil der Einwohner iſt ſlavi- ſchen Urſprungs, und dazu gehoͤ- ren die Boͤhmen, Croaten, Ser- vier, oder Raitzen, Ruſſen und Wenden. Dieſe bewohnen den oͤſt- lichen und noͤrdlichen Theil von Un- garn in der preßburger, neutra, trentſchiner, arvaer, liptauer, thu- rotzer, altſohler, barſcher, honter, wograder, goͤmoͤrer und oͤdenbur- ger Geſpannſchaft, und ſind auch noch durch Ungarn zerſtreuet. Sie ſcheinen von den aͤlteſten Zeiten her daſelbſt gewohnt zu haben. Zu der deutſchen Nation gehoͤren die Oe- ſterreicher, Steyermaͤrker, Bay- ern, Franken, Schwaben und Sachſen. Es ſcheint, daß ſie eben zu der Zeit nach Ungarn gekommen ſind, als die Sachſen ſich in Sie- benbuͤrgen niedergelaſſen haben, naͤmlich unter den Koͤnigen Geyſa dem II. und Andreas dem II. nach der Zeit aber hat der Krieg, die Handlung, und die Fruchtbarkeit des Landes noch mehrere Deutſche in das Land gezogen, welche ſich ſonderlich unter der Regierung des oͤſterreichiſchen Hauſes vermehret haben: und obwol dieſes Reich nachmals durch Krieg, Peſt, und andere Schickſale ſehr oͤde worden: ſo hat es gleichwol neuerlicher Zei- ten und zwar ſeit 1748. wieder volk- reicher

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Zitationshilfe: Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756, S. [248]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludovici_grundriss_1756/254>, abgerufen am 14.05.2024.