letzte Jahr mehr Sonne, Thau und Abwart ge- habt haben solte. Wie dann das einmal angefan- gene Gnaden-Werck nicht ab-vielmehr aber zu- nimmet, wie der Strom Ezechiels/ und wann ein Schilf-Rohr in einen Eych-Baum der Gerechtigkeit verwandelt wird; so wird es nicht mehr vom Wind hin und her beweget.
§. 43.
Meynst du nun, mein Kind, es redlich mit deinem Heyland, so reichet sein getreuestes Hertz dir die unschätzbaren Güter des neuen Bundes zu geniessen dar: Wann du nun den gecreutzigten Leib Christi und sein vergossen Blut, die englische Kust im Glauben munter issest und trinckest, und im Gebet und Lesung des Evangeliums mit dem König Christo himmlische Seelen-Speise und Seelen-Tranck, reine heilige Liebe GOt- tes, die neue göttliche Natur Christi, auch dem süssen Most des heiligen Geistes jeden Morgen frühstückest, mithin dich je länger je inniger zu dei- nem GOTT und seiner Gegenwart angewöhnest, so wirst du folgende grosse Vortheile darvon haben.
I. Wirst du andächtiger, gesammelter und ein- gekehrter seyn, wann du gantz allein bist und dich niemand siehet, als wann du jemanden um dich hast; sintemalen dannzumal deine Gedancken nicht in mancherley Vorwürffe der menschlichen Ange- sichter zertheilet sind, sondern allzumal in dem Mittel-Punct der göttlichen Gegenwart zusammen fliessen. Dann Menschen die noch wenig von
GOTT
Cap. 1. Die erſte Quelle
letzte Jahr mehr Sonne, Thau und Abwart ge- habt haben ſolte. Wie dann das einmal angefan- gene Gnaden-Werck nicht ab-vielmehr aber zu- nimmet, wie der Strom Ezechiels/ und wann ein Schilf-Rohr in einen Eych-Baum der Gerechtigkeit verwandelt wird; ſo wird es nicht mehr vom Wind hin und her beweget.
§. 43.
Meynſt du nun, mein Kind, es redlich mit deinem Heyland, ſo reichet ſein getreueſtes Hertz dir die unſchaͤtzbaren Guͤter des neuen Bundes zu genieſſen dar: Wann du nun den gecreutzigten Leib Chriſti und ſein vergoſſen Blut, die engliſche Kuſt im Glauben munter iſſeſt und trinckeſt, und im Gebet und Leſung des Evangeliums mit dem Koͤnig Chriſto himmliſche Seelen-Speiſe und Seelen-Tranck, reine heilige Liebe GOt- tes, die neue goͤttliche Natur Chriſti, auch dem ſuͤſſen Moſt des heiligen Geiſtes jeden Morgen fruͤhſtuͤckeſt, mithin dich je laͤnger je inniger zu dei- nem GOTT und ſeiner Gegenwart angewoͤhneſt, ſo wirſt du folgende groſſe Vortheile darvon haben.
I. Wirſt du andaͤchtiger, geſammelter und ein- gekehrter ſeyn, wann du gantz allein biſt und dich niemand ſiehet, als wann du jemanden um dich haſt; ſintemalen dannzumal deine Gedancken nicht in mancherley Vorwuͤrffe der menſchlichen Ange- ſichter zertheilet ſind, ſondern allzumal in dem Mittel-Punct der goͤttlichen Gegenwart zuſammen flieſſen. Dann Menſchen die noch wenig von
GOTT
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0086"n="68"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Cap. 1. Die erſte Quelle</hi></fw><lb/>
letzte Jahr mehr Sonne, Thau und Abwart ge-<lb/>
habt haben ſolte. Wie dann das einmal angefan-<lb/>
gene Gnaden-Werck nicht ab-vielmehr aber zu-<lb/>
nimmet, wie der <hirendition="#fr">Strom Ezechiels/</hi> und<lb/>
wann ein Schilf-Rohr in einen Eych-Baum der<lb/>
Gerechtigkeit verwandelt wird; ſo wird es nicht<lb/>
mehr vom Wind hin und her beweget.</p></div><lb/><divn="2"><head>§. 43.</head><lb/><p>Meynſt du nun, mein Kind, es redlich mit<lb/>
deinem Heyland, ſo reichet ſein getreueſtes Hertz<lb/>
dir die unſchaͤtzbaren Guͤter des neuen Bundes zu<lb/>
genieſſen dar: Wann du nun den gecreutzigten<lb/>
Leib Chriſti und ſein vergoſſen Blut, die engliſche<lb/>
Kuſt im Glauben munter iſſeſt und trinckeſt, und<lb/>
im Gebet und Leſung des Evangeliums mit dem<lb/>
Koͤnig Chriſto himmliſche Seelen-Speiſe und<lb/>
Seelen-Tranck, reine heilige Liebe GOt-<lb/>
tes, die neue goͤttliche Natur Chriſti, auch dem<lb/>ſuͤſſen Moſt des heiligen Geiſtes jeden Morgen<lb/>
fruͤhſtuͤckeſt, mithin dich je laͤnger je inniger zu dei-<lb/>
nem GOTT und ſeiner Gegenwart angewoͤhneſt,<lb/>ſo wirſt du folgende groſſe <hirendition="#fr">Vortheile</hi> darvon<lb/>
haben.</p><lb/><p><hirendition="#aq">I.</hi> Wirſt du andaͤchtiger, geſammelter und ein-<lb/>
gekehrter ſeyn, wann du gantz allein biſt und dich<lb/>
niemand ſiehet, als wann du jemanden um dich<lb/>
haſt; ſintemalen dannzumal deine Gedancken nicht<lb/>
in mancherley Vorwuͤrffe der menſchlichen Ange-<lb/>ſichter zertheilet ſind, ſondern allzumal in dem<lb/>
Mittel-Punct der goͤttlichen Gegenwart zuſammen<lb/>
flieſſen. Dann Menſchen die noch wenig von<lb/><fwplace="bottom"type="catch">GOTT</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[68/0086]
Cap. 1. Die erſte Quelle
letzte Jahr mehr Sonne, Thau und Abwart ge-
habt haben ſolte. Wie dann das einmal angefan-
gene Gnaden-Werck nicht ab-vielmehr aber zu-
nimmet, wie der Strom Ezechiels/ und
wann ein Schilf-Rohr in einen Eych-Baum der
Gerechtigkeit verwandelt wird; ſo wird es nicht
mehr vom Wind hin und her beweget.
§. 43.
Meynſt du nun, mein Kind, es redlich mit
deinem Heyland, ſo reichet ſein getreueſtes Hertz
dir die unſchaͤtzbaren Guͤter des neuen Bundes zu
genieſſen dar: Wann du nun den gecreutzigten
Leib Chriſti und ſein vergoſſen Blut, die engliſche
Kuſt im Glauben munter iſſeſt und trinckeſt, und
im Gebet und Leſung des Evangeliums mit dem
Koͤnig Chriſto himmliſche Seelen-Speiſe und
Seelen-Tranck, reine heilige Liebe GOt-
tes, die neue goͤttliche Natur Chriſti, auch dem
ſuͤſſen Moſt des heiligen Geiſtes jeden Morgen
fruͤhſtuͤckeſt, mithin dich je laͤnger je inniger zu dei-
nem GOTT und ſeiner Gegenwart angewoͤhneſt,
ſo wirſt du folgende groſſe Vortheile darvon
haben.
I. Wirſt du andaͤchtiger, geſammelter und ein-
gekehrter ſeyn, wann du gantz allein biſt und dich
niemand ſiehet, als wann du jemanden um dich
haſt; ſintemalen dannzumal deine Gedancken nicht
in mancherley Vorwuͤrffe der menſchlichen Ange-
ſichter zertheilet ſind, ſondern allzumal in dem
Mittel-Punct der goͤttlichen Gegenwart zuſammen
flieſſen. Dann Menſchen die noch wenig von
GOTT
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/86>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.