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Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747.

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der Verführung der Jugend.
scher Vater ernähret sie doch. Seyd ihr
dann nicht viel mehr als sie?
Matth. 6, 26.
Worüber D. Luther nach seiner Art gar artig
geschrieben: "Die Vögel, sagt er, fliegen vor un-"
sern Augen über uns, uns zu kleinen Ehren, daß"
wir wol unser Hüthlein gegen sie abthun, und sa-"
gen möchten: Mein lieber Herr Doctor! Jch"
muß bekennen, daß ich die Kunst nicht kan, die"
du kanst: Du schläffest die Nacht über in deinem"
Nestlein ohne alle Sorgen, des Morgens ste-"
hest du wieder auf, bist frölich und guter Din-"
gen, setzest dich auf ein Bäumlein und singest,"
lobest und danckest GOtt, darnach suchest du dei-"
ne Nahrung und findest sie. Pfuy, was hab"
ich alter Narr gelernet, daß ich es nicht auch"
thue, der ich doch so viel Ursachen dazu habe?"
Kan das Vögelein seine Sorgen lassen, und hält"
sich in diesem Fall wie ein lebendiger Heiliger,"
und hat dannoch weder Acker, noch Scheuren,"
weder Kasten noch Keller, nur weil es weiß, daß"
es einen im Himmel hat, der für ihns sorget:"
Warum thun wirs dann nicht auch, die wir den"
Vortheil haben, daß wir können das Feld bauen,"
die Früchte einsammlen und auf die Noth behal-"
ten? dannoch können wir das schädliche Sorgen"
nicht lassen." Hertz! Girrest du bisweilen, wie
ein Turtel-Täublein in deinen mancherley Angele-
genheiten, so weist du ja, was du in Erwegung
der grossen Liebe GOttes zu dir zu thun hast; ver-
giß darum nicht, wohlgemuth zu quintiliren, wie
ein erlösetes Vögelein, Psal. 124, 7. Singen,

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A a 2

der Verfuͤhrung der Jugend.
ſcher Vater ernaͤhret ſie doch. Seyd ihr
dann nicht viel mehr als ſie?
Matth. 6, 26.
Woruͤber D. Luther nach ſeiner Art gar artig
geſchrieben: „Die Voͤgel, ſagt er, fliegen vor un-“
ſern Augen uͤber uns, uns zu kleinen Ehren, daß“
wir wol unſer Huͤthlein gegen ſie abthun, und ſa-“
gen moͤchten: Mein lieber Herr Doctor! Jch“
muß bekennen, daß ich die Kunſt nicht kan, die“
du kanſt: Du ſchlaͤffeſt die Nacht uͤber in deinem“
Neſtlein ohne alle Sorgen, des Morgens ſte-“
heſt du wieder auf, biſt froͤlich und guter Din-“
gen, ſetzeſt dich auf ein Baͤumlein und ſingeſt,“
lobeſt und danckeſt GOtt, darnach ſucheſt du dei-“
ne Nahrung und findeſt ſie. Pfuy, was hab“
ich alter Narr gelernet, daß ich es nicht auch“
thue, der ich doch ſo viel Urſachen dazu habe?“
Kan das Voͤgelein ſeine Sorgen laſſen, und haͤlt“
ſich in dieſem Fall wie ein lebendiger Heiliger,“
und hat dannoch weder Acker, noch Scheuren,“
weder Kaſten noch Keller, nur weil es weiß, daß“
es einen im Himmel hat, der fuͤr ihns ſorget:“
Warum thun wirs dann nicht auch, die wir den“
Vortheil haben, daß wir koͤnnen das Feld bauen,“
die Fruͤchte einſammlen und auf die Noth behal-“
ten? dannoch koͤnnen wir das ſchaͤdliche Sorgen“
nicht laſſen.‟ Hertz! Girreſt du bisweilen, wie
ein Turtel-Taͤublein in deinen mancherley Angele-
genheiten, ſo weiſt du ja, was du in Erwegung
der groſſen Liebe GOttes zu dir zu thun haſt; ver-
giß darum nicht, wohlgemuth zu quintiliren, wie
ein erloͤſetes Voͤgelein, Pſal. 124, 7. Singen,

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A a 2
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[371/0389] der Verfuͤhrung der Jugend. ſcher Vater ernaͤhret ſie doch. Seyd ihr dann nicht viel mehr als ſie? Matth. 6, 26. Woruͤber D. Luther nach ſeiner Art gar artig geſchrieben: „Die Voͤgel, ſagt er, fliegen vor un-“ ſern Augen uͤber uns, uns zu kleinen Ehren, daß“ wir wol unſer Huͤthlein gegen ſie abthun, und ſa-“ gen moͤchten: Mein lieber Herr Doctor! Jch“ muß bekennen, daß ich die Kunſt nicht kan, die“ du kanſt: Du ſchlaͤffeſt die Nacht uͤber in deinem“ Neſtlein ohne alle Sorgen, des Morgens ſte-“ heſt du wieder auf, biſt froͤlich und guter Din-“ gen, ſetzeſt dich auf ein Baͤumlein und ſingeſt,“ lobeſt und danckeſt GOtt, darnach ſucheſt du dei-“ ne Nahrung und findeſt ſie. Pfuy, was hab“ ich alter Narr gelernet, daß ich es nicht auch“ thue, der ich doch ſo viel Urſachen dazu habe?“ Kan das Voͤgelein ſeine Sorgen laſſen, und haͤlt“ ſich in dieſem Fall wie ein lebendiger Heiliger,“ und hat dannoch weder Acker, noch Scheuren,“ weder Kaſten noch Keller, nur weil es weiß, daß“ es einen im Himmel hat, der fuͤr ihns ſorget:“ Warum thun wirs dann nicht auch, die wir den“ Vortheil haben, daß wir koͤnnen das Feld bauen,“ die Fruͤchte einſammlen und auf die Noth behal-“ ten? dannoch koͤnnen wir das ſchaͤdliche Sorgen“ nicht laſſen.‟ Hertz! Girreſt du bisweilen, wie ein Turtel-Taͤublein in deinen mancherley Angele- genheiten, ſo weiſt du ja, was du in Erwegung der groſſen Liebe GOttes zu dir zu thun haſt; ver- giß darum nicht, wohlgemuth zu quintiliren, wie ein erloͤſetes Voͤgelein, Pſal. 124, 7. Singen, ſprin- A a 2

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747, S. 371. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/389>, abgerufen am 25.11.2024.