Schnee und Eiß gantz einsam suchet, und dabey doch munter pfeiffet; so singe jenem Hamburgischen Tichter nach:
Kleine Meise! Mit Vergnügen Seh ich dich so frölich fliegen, Und dein zwitschender Gesang, Scheint ein holder Freuden-Klang; Da du doch fast halb-erfroren Speiß und Nest im Schnee verloren: Du bist hungrig, arm, allein; Und doch kanst du frölich seyn. Wüßten wir doch so gelassen Uns im Mangel auch zu fassen!
Lasse dir demnach seyn, als ob dieses Vögelein im Winter mit seinem muntern Gepfiff das Lied- gen sunge:
Hör! Wer nichts nach dem Morgen fragt, Der lebt vergnügt und unverzagt. Der holde Lentz mit seinen Schätzen, Wird meinen Mangel schon ersetzen. Jch singe schon, als wär er da, Mein Zitzipa, mein Zitzipa.
Dencke überhaupt, wann du ein Vögelein lu- stig singen hörest, daran, was dein Heyland in An- sehung derselben saget, und uns zuruffet: Sehet die Vögel unter dem Himmel an/ sie säen nicht/ sie erndten nicht, sie sammlen auch nicht in die Scheuren/ und euer himmli-
scher
Cap. 7. Nachleſe noch einiger Mitteln
Schnee und Eiß gantz einſam ſuchet, und dabey doch munter pfeiffet; ſo ſinge jenem Hamburgiſchen Tichter nach:
Kleine Meiſe! Mit Vergnuͤgen Seh ich dich ſo froͤlich fliegen, Und dein zwitſchender Geſang, Scheint ein holder Freuden-Klang; Da du doch faſt halb-erfroren Speiß und Neſt im Schnee verloren: Du biſt hungrig, arm, allein; Und doch kanſt du froͤlich ſeyn. Wuͤßten wir doch ſo gelaſſen Uns im Mangel auch zu faſſen!
Laſſe dir demnach ſeyn, als ob dieſes Voͤgelein im Winter mit ſeinem muntern Gepfiff das Lied- gen ſunge:
Hoͤr! Wer nichts nach dem Morgen fragt, Der lebt vergnuͤgt und unverzagt. Der holde Lentz mit ſeinen Schaͤtzen, Wird meinen Mangel ſchon erſetzen. Jch ſinge ſchon, als waͤr er da, Mein Zitzipa, mein Zitzipa.
Dencke uͤberhaupt, wann du ein Voͤgelein lu- ſtig ſingen hoͤreſt, daran, was dein Heyland in An- ſehung derſelben ſaget, und uns zuruffet: Sehet die Voͤgel unter dem Himmel an/ ſie ſaͤen nicht/ ſie erndten nicht, ſie ſammlen auch nicht in die Scheuren/ und euer himmli-
ſcher
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Cap. 7. Nachleſe noch einiger Mitteln
Schnee und Eiß gantz einſam ſuchet, und dabey
doch munter pfeiffet; ſo ſinge jenem Hamburgiſchen
Tichter nach:
Kleine Meiſe! Mit Vergnuͤgen
Seh ich dich ſo froͤlich fliegen,
Und dein zwitſchender Geſang,
Scheint ein holder Freuden-Klang;
Da du doch faſt halb-erfroren
Speiß und Neſt im Schnee verloren:
Du biſt hungrig, arm, allein;
Und doch kanſt du froͤlich ſeyn.
Wuͤßten wir doch ſo gelaſſen
Uns im Mangel auch zu faſſen!
Laſſe dir demnach ſeyn, als ob dieſes Voͤgelein
im Winter mit ſeinem muntern Gepfiff das Lied-
gen ſunge:
Hoͤr! Wer nichts nach dem Morgen
fragt,
Der lebt vergnuͤgt und unverzagt.
Der holde Lentz mit ſeinen Schaͤtzen,
Wird meinen Mangel ſchon erſetzen.
Jch ſinge ſchon, als waͤr er da,
Mein Zitzipa, mein Zitzipa.
Dencke uͤberhaupt, wann du ein Voͤgelein lu-
ſtig ſingen hoͤreſt, daran, was dein Heyland in An-
ſehung derſelben ſaget, und uns zuruffet: Sehet
die Voͤgel unter dem Himmel an/ ſie ſaͤen
nicht/ ſie erndten nicht, ſie ſammlen auch
nicht in die Scheuren/ und euer himmli-
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Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747, S. 370. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/388>, abgerufen am 17.07.2024.
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