Nun komme ich wieder zu denen Kindern und jungen Leuten, und sage ihnen, daß die Auf- opfferung des gantzen Hertzens an die Zucht des Heiligen Geistes das Haupt- Mittel seye, allen Nachstellungen des Teuffels zu entrinnen. Wie wilst du aber, liebes Kind, dir in dieser Sache wohl rathen, wann du 1) den Heiligen Geist noch nicht vom Vater zum Geleits- mann, und zur Wolcken- und Feuer-Säule durch die gefährliche Wüste dieses Lebens ausgebe- ten und empfangen hast? Wann du 2) das geistliche Aug und Ohr noch nicht hast, ihne zu kennen und zu hören, was der Geist den Gemein- den sagt: Wann du 3) nicht eigentlich weist, was diese Aufopfferung seye, und worinnen sie auch bestehe? Wann 4) dein Hertz dermassen zer- streut und fladderhafftig ist, daß du es mit keinem Lieb fassen, und in GOttes Gegenwart stellen kanst, zur Bewürckung des Heiligen Geistes. O mein liebes Kind! du must von GOtt selbst gelehrt seyn, Joh. 6, 45. und dich, wie ein klei- ner Lehrling seinem Meister und Anführer, deinem JEsu überantworten, nach seinem Befehl und Zu- sag, daß er dir den Vater offenbahren wolle, und du von ihme Hertzens-Demuth und Geistes-Sanfft- muth lernen könnest, Matth. 11, 27-29. Klage es ihme kindlich, du seyest jung und unverständig, und gar leicht zu verführen, du verstehest weder himmlische noch irrdische Dinge, und wissest keinen Weg, und seyest gleichwol in dieser Welt zwischen
Himmel
Cap. 6. Die ſechſte Quelle.
§. 12.
Nun komme ich wieder zu denen Kindern und jungen Leuten, und ſage ihnen, daß die Auf- opfferung des gantzen Hertzens an die Zucht des Heiligen Geiſtes das Haupt- Mittel ſeye, allen Nachſtellungen des Teuffels zu entrinnen. Wie wilſt du aber, liebes Kind, dir in dieſer Sache wohl rathen, wann du 1) den Heiligen Geiſt noch nicht vom Vater zum Geleits- mann, und zur Wolcken- und Feuer-Saͤule durch die gefaͤhrliche Wuͤſte dieſes Lebens ausgebe- ten und empfangen haſt? Wann du 2) das geiſtliche Aug und Ohr noch nicht haſt, ihne zu kennen und zu hoͤren, was der Geiſt den Gemein- den ſagt: Wann du 3) nicht eigentlich weiſt, was dieſe Aufopfferung ſeye, und worinnen ſie auch beſtehe? Wann 4) dein Hertz dermaſſen zer- ſtreut und fladderhafftig iſt, daß du es mit keinem Lieb faſſen, und in GOttes Gegenwart ſtellen kanſt, zur Bewuͤrckung des Heiligen Geiſtes. O mein liebes Kind! du muſt von GOtt ſelbſt gelehrt ſeyn, Joh. 6, 45. und dich, wie ein klei- ner Lehrling ſeinem Meiſter und Anfuͤhrer, deinem JEſu uͤberantworten, nach ſeinem Befehl und Zu- ſag, daß er dir den Vater offenbahren wolle, und du von ihme Hertzens-Demuth und Geiſtes-Sanfft- muth lernen koͤnneſt, Matth. 11, 27-29. Klage es ihme kindlich, du ſeyeſt jung und unverſtaͤndig, und gar leicht zu verfuͤhren, du verſteheſt weder himmliſche noch irrdiſche Dinge, und wiſſeſt keinen Weg, und ſeyeſt gleichwol in dieſer Welt zwiſchen
Himmel
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Cap. 6. Die ſechſte Quelle.
§. 12.
Nun komme ich wieder zu denen Kindern
und jungen Leuten, und ſage ihnen, daß die Auf-
opfferung des gantzen Hertzens an die
Zucht des Heiligen Geiſtes das Haupt-
Mittel ſeye, allen Nachſtellungen des Teuffels zu
entrinnen. Wie wilſt du aber, liebes Kind, dir
in dieſer Sache wohl rathen, wann du 1) den
Heiligen Geiſt noch nicht vom Vater zum Geleits-
mann, und zur Wolcken- und Feuer-Saͤule
durch die gefaͤhrliche Wuͤſte dieſes Lebens ausgebe-
ten und empfangen haſt? Wann du 2) das
geiſtliche Aug und Ohr noch nicht haſt, ihne zu
kennen und zu hoͤren, was der Geiſt den Gemein-
den ſagt: Wann du 3) nicht eigentlich weiſt,
was dieſe Aufopfferung ſeye, und worinnen ſie
auch beſtehe? Wann 4) dein Hertz dermaſſen zer-
ſtreut und fladderhafftig iſt, daß du es mit keinem
Lieb faſſen, und in GOttes Gegenwart ſtellen
kanſt, zur Bewuͤrckung des Heiligen Geiſtes. O
mein liebes Kind! du muſt von GOtt ſelbſt
gelehrt ſeyn, Joh. 6, 45. und dich, wie ein klei-
ner Lehrling ſeinem Meiſter und Anfuͤhrer, deinem
JEſu uͤberantworten, nach ſeinem Befehl und Zu-
ſag, daß er dir den Vater offenbahren wolle, und
du von ihme Hertzens-Demuth und Geiſtes-Sanfft-
muth lernen koͤnneſt, Matth. 11, 27-29. Klage
es ihme kindlich, du ſeyeſt jung und unverſtaͤndig,
und gar leicht zu verfuͤhren, du verſteheſt weder
himmliſche noch irrdiſche Dinge, und wiſſeſt keinen
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Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747, S. 324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/342>, abgerufen am 21.11.2024.
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