Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747.Cap. 5. Die fünffte Quelle. gethanen Gesetzes-Werck in der ungetödteten Na-tur aospeisen. Oder wann dein Fürst dir verspro- chen hätte, er wolle dich einmahl auf eine Mahl- zeit besuchen, würdest du nicht all das Beste, so du im Vorrath hättest, auf ihn sparen. Ey warum wolltest du dann nicht alle deine Leibes-und See- len-Kräffte, deine geist-und leibliche Gaben, deine innerste Hertzens-Neigungen und Begierden, und deine gantze köstliche Lebens-Zeit auf die tieffe Ver- ehrung und Anbetung des getreuesten Heylandes anwenden, ihne zu erfreuen, und gantz für ihn auf- zuopffern, gleichwie er sich auch gantz für dich aus- genützet, und das Jnnerste seines Hertzens, sein Wasser und Blut, zum ewigen Schatz deiner Se- ligkeit ausgeschüttet hat, auch noch immer, wann du mangelbar, hungrig und ausgezehret bist, offene Tafel bey ihme findest: Welches wohl zu bemer- cken ist, damit die Göttliche Liebe in dir entbrenne, und du Christo in allem den Vorzug lassest, wie sichs gebühret. Mein Kind! Was würden die Hof-Junckern Faul-
Cap. 5. Die fuͤnffte Quelle. gethanen Geſetzes-Werck in der ungetoͤdteten Na-tur aoſpeiſen. Oder wann dein Fuͤrſt dir verſpro- chen haͤtte, er wolle dich einmahl auf eine Mahl- zeit beſuchen, wuͤrdeſt du nicht all das Beſte, ſo du im Vorrath haͤtteſt, auf ihn ſparen. Ey warum wollteſt du dann nicht alle deine Leibes-und See- len-Kraͤffte, deine geiſt-und leibliche Gaben, deine innerſte Hertzens-Neigungen und Begierden, und deine gantze koͤſtliche Lebens-Zeit auf die tieffe Ver- ehrung und Anbetung des getreueſten Heylandes anwenden, ihne zu erfreuen, und gantz fuͤr ihn auf- zuopffern, gleichwie er ſich auch gantz fuͤr dich aus- genuͤtzet, und das Jnnerſte ſeines Hertzens, ſein Waſſer und Blut, zum ewigen Schatz deiner Se- ligkeit ausgeſchuͤttet hat, auch noch immer, wann du mangelbar, hungrig und ausgezehret biſt, offene Tafel bey ihme findeſt: Welches wohl zu bemer- cken iſt, damit die Goͤttliche Liebe in dir entbrenne, und du Chriſto in allem den Vorzug laſſeſt, wie ſichs gebuͤhret. Mein Kind! Was wuͤrden die Hof-Junckern Faul-
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Cap. 5. Die fuͤnffte Quelle.
gethanen Geſetzes-Werck in der ungetoͤdteten Na-
tur aoſpeiſen. Oder wann dein Fuͤrſt dir verſpro-
chen haͤtte, er wolle dich einmahl auf eine Mahl-
zeit beſuchen, wuͤrdeſt du nicht all das Beſte, ſo du
im Vorrath haͤtteſt, auf ihn ſparen. Ey warum
wollteſt du dann nicht alle deine Leibes-und See-
len-Kraͤffte, deine geiſt-und leibliche Gaben, deine
innerſte Hertzens-Neigungen und Begierden, und
deine gantze koͤſtliche Lebens-Zeit auf die tieffe Ver-
ehrung und Anbetung des getreueſten Heylandes
anwenden, ihne zu erfreuen, und gantz fuͤr ihn auf-
zuopffern, gleichwie er ſich auch gantz fuͤr dich aus-
genuͤtzet, und das Jnnerſte ſeines Hertzens, ſein
Waſſer und Blut, zum ewigen Schatz deiner Se-
ligkeit ausgeſchuͤttet hat, auch noch immer, wann
du mangelbar, hungrig und ausgezehret biſt, offene
Tafel bey ihme findeſt: Welches wohl zu bemer-
cken iſt, damit die Goͤttliche Liebe in dir entbrenne,
und du Chriſto in allem den Vorzug laſſeſt, wie
ſichs gebuͤhret.
Mein Kind! Was wuͤrden die Hof-Junckern
dazu ſagen, wann du ihrem Fuͤrſten, der dir kuͤrtz-
lich eine groſſe Herrſchafft geſchencket haͤtte, wuͤr-
micht Obſt, faule, herbe Fruͤchte und ſaure Haͤr-
linge aufſtellen wuͤrdeſt, da du doch etwas beſſers
im Hauſe haͤtteſt? Und werden die Engel nicht das
Angeſicht ruͤmpffen, wann du ihrem liebſten Koͤnig
ein Hertz voll Wuͤrmer ſuͤndlicher Geluͤſten und
Begierden bringeſt, und zwar nicht ſo faſt darum,
daß er dieſe Wuͤrmer mit dem Saltz und Oel ſei-
nes Geiſtes und Bluts toͤdte, als aber, daß er dich
in deinem Unrath noch ſegnen, und deine ſtinckende
Faul-
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