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Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747.

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Cap. 2. Von Begehungs-Sünden
10, 34. Geschiehet dieses nicht, so breitet sich das
abscheuliche Ertz-Gifft der Welt-Liebe gewaltig aus,
und überziehet das gantze Hertz des Sohns und der
Tochter dergestalten, daß bald kein gut Wörtgen
mehr aus dem Evangelio Raum findet zu einiger
Fruchtbarkeit in das ewige Leben. Wird das
Wort schon ausgestreuet und die Seele dardurch
in etwas berühret, so stehet das feindselige zu Hand-
voll täglich drein gesäete Unkraut zusammen wider
das aufschiessende einzele Gräslein, und ersticket es.
Kurtz, der in denen Welt-Salsen eingedauchte
und so lang darinnen gelegene Schwamm ist dar-
von so voll, daß er das Oel des Heiligen Geistes
und des Glaubens unmöglich anzunehmen vermag.

Hier ligt demnach der Bann und das tausend-
fach-gedoppelte Unvermögen zur Sinnes-Aende-
rung und Erleuchtung, nachdem so viele Decken
nach einandern auf das ohne dem blöde Seelen-Aug
des Kindes geworffen worden.

Einmahl Kinder empfahen Nahrung und Klei-
dung von GOtt durch die Hand ihrer Eltern; und
darum singen sie auch gemeiniglich ihr Lied: Mit-
hin liegt ihr Haus-Exempel auf dem Unterricht,
der ihnen etwa von Predigern, Schulmeistern und
andern gegeben wird, wie ein schwerer Last-Stein,
daß das Saam-Körnlein ohnmöglich zum neuen
Wesen des Geistes aufschiessen kan, wo nicht ein
sonderbarer Göttlicher Trieb zu Hülffe kommt, al-
le Riegel und Siegel bricht, durch Stein und Ei-
sen dringt und in herrlicher GOttes-Krafft über
allen Widerstand triumphiret, so daß der Eltern
irrdische Sehnsucht, eiteler Sinn, Abgestorbenheit

an

Cap. 2. Von Begehungs-Suͤnden
10, 34. Geſchiehet dieſes nicht, ſo breitet ſich das
abſcheuliche Ertz-Gifft der Welt-Liebe gewaltig aus,
und uͤberziehet das gantze Hertz des Sohns und der
Tochter dergeſtalten, daß bald kein gut Woͤrtgen
mehr aus dem Evangelio Raum findet zu einiger
Fruchtbarkeit in das ewige Leben. Wird das
Wort ſchon ausgeſtreuet und die Seele dardurch
in etwas beruͤhret, ſo ſtehet das feindſelige zu Hand-
voll taͤglich drein geſaͤete Unkraut zuſammen wider
das aufſchieſſende einzele Graͤslein, und erſticket es.
Kurtz, der in denen Welt-Salſen eingedauchte
und ſo lang darinnen gelegene Schwamm iſt dar-
von ſo voll, daß er das Oel des Heiligen Geiſtes
und des Glaubens unmoͤglich anzunehmen vermag.

Hier ligt demnach der Bann und das tauſend-
fach-gedoppelte Unvermoͤgen zur Sinnes-Aende-
rung und Erleuchtung, nachdem ſo viele Decken
nach einandern auf das ohne dem bloͤde Seelen-Aug
des Kindes geworffen worden.

Einmahl Kinder empfahen Nahrung und Klei-
dung von GOtt durch die Hand ihrer Eltern; und
darum ſingen ſie auch gemeiniglich ihr Lied: Mit-
hin liegt ihr Haus-Exempel auf dem Unterricht,
der ihnen etwa von Predigern, Schulmeiſtern und
andern gegeben wird, wie ein ſchwerer Laſt-Stein,
daß das Saam-Koͤrnlein ohnmoͤglich zum neuen
Weſen des Geiſtes aufſchieſſen kan, wo nicht ein
ſonderbarer Goͤttlicher Trieb zu Huͤlffe kommt, al-
le Riegel und Siegel bricht, durch Stein und Ei-
ſen dringt und in herrlicher GOttes-Krafft uͤber
allen Widerſtand triumphiret, ſo daß der Eltern
irrdiſche Sehnſucht, eiteler Sinn, Abgeſtorbenheit

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[142/0160] Cap. 2. Von Begehungs-Suͤnden 10, 34. Geſchiehet dieſes nicht, ſo breitet ſich das abſcheuliche Ertz-Gifft der Welt-Liebe gewaltig aus, und uͤberziehet das gantze Hertz des Sohns und der Tochter dergeſtalten, daß bald kein gut Woͤrtgen mehr aus dem Evangelio Raum findet zu einiger Fruchtbarkeit in das ewige Leben. Wird das Wort ſchon ausgeſtreuet und die Seele dardurch in etwas beruͤhret, ſo ſtehet das feindſelige zu Hand- voll taͤglich drein geſaͤete Unkraut zuſammen wider das aufſchieſſende einzele Graͤslein, und erſticket es. Kurtz, der in denen Welt-Salſen eingedauchte und ſo lang darinnen gelegene Schwamm iſt dar- von ſo voll, daß er das Oel des Heiligen Geiſtes und des Glaubens unmoͤglich anzunehmen vermag. Hier ligt demnach der Bann und das tauſend- fach-gedoppelte Unvermoͤgen zur Sinnes-Aende- rung und Erleuchtung, nachdem ſo viele Decken nach einandern auf das ohne dem bloͤde Seelen-Aug des Kindes geworffen worden. Einmahl Kinder empfahen Nahrung und Klei- dung von GOtt durch die Hand ihrer Eltern; und darum ſingen ſie auch gemeiniglich ihr Lied: Mit- hin liegt ihr Haus-Exempel auf dem Unterricht, der ihnen etwa von Predigern, Schulmeiſtern und andern gegeben wird, wie ein ſchwerer Laſt-Stein, daß das Saam-Koͤrnlein ohnmoͤglich zum neuen Weſen des Geiſtes aufſchieſſen kan, wo nicht ein ſonderbarer Goͤttlicher Trieb zu Huͤlffe kommt, al- le Riegel und Siegel bricht, durch Stein und Ei- ſen dringt und in herrlicher GOttes-Krafft uͤber allen Widerſtand triumphiret, ſo daß der Eltern irrdiſche Sehnſucht, eiteler Sinn, Abgeſtorbenheit an

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/160>, abgerufen am 21.11.2024.