Geistes über sie a; jetz aber kan sich GOttes Reich nicht offenbahren, weilen so viel heimlich versteckten Saurteigs hin und her von from- men Leuten geheget wird; Da so wenige rein sind in diesem Stuck die gar niemand haben, dem sie nicht aufsetzig seyen. Fast ein jeder hat jemand, dem er heimlich ungünstig ist, welcher Groll in verschie- dener Art hervorbricht, wo man nicht etwas anders zu förchten hat als GOttes Gericht; weil man doch leyder! allzeit mehr um der Menschen willen thut und läßt als eintzig um JEsu willen. Und was soll ich sagen? Wie viel Uneinigkeit und Streit ist nicht in den Hauß- haltungen selbst zwischen Ehleuten und Geschwisterten? Alles aus unseligem Geld- und Ehrgeitz oder sonst widerwärtiger Gemüths-Arth; allezeit aus Mangel des Genusses Christi, und daß man zu faul ist dem Zorn- und Zanck-Teufel mit Wachen und Gebett zu widerstehen, und sein Hertz von aller mörderischen Lust säuberen zu lassen, durch genaue Aufmercksamkeit und Folge gegen der züchtigenden Gnad, die uns unterweiset, wie wir unser vermeyntes Recht nicht sollen su- chen zu behaupten, und immer wollen das letzte Wort haben, viel- mehr schweigen, und auch etwas weniges leyden, ja lieber alles fah- ren lassen, als den Hertzens-Frieden zu verliehren, uns ohne Verzug in GOttes Kammer, die uns JESUS aufgethan zu verbergen, und wie ein Turtel-Täublein uns in den Felß-Ritzen Christi stille zu halten, biß das Zorn-Gewitter vorbey, und uns, o süsse Gnad! durch kein widriges Wort oder Werck da heraus locken zu lassen: Dann so bald wir der zärtlichen, fleischlich-gesinnten Natur Gehör geben, so meynen wir gleich, wir können dieses Wörtlein nicht un- beantwortet, diese feindliche That nicht ungeahndet lassen; und dar- mit thun wir das Thürlein unsers Willens dem Zorn-Thier auf, daß es hinein witscht, und einen Unfrieden über den anderen anrichtet. Der kluge Heyd Socrates wird wider uns auftretten am Jüngsten Gericht, und wird uns verdammen; dann er hat sich selbst besser konnen überwinden mit dem blossen Vernunffts-Liecht als wir, die Welch Glücke diese Liebe nach sich ziehen werde.wir so klare himmlische Lehr, Exempel und Hülffe GOTTES haben.
§. 10. Welcher Hauß-Vatter wollte nun nicht den sanfftmüthi- gen lieb-vollen JEsum mit grossen Freuden aufnehmen, herbergen,
ja
aAct. II. 1.
Der unter den Stech-Diſteln
Geiſtes uͤber ſie a; jetz aber kan ſich GOttes Reich nicht offenbahren, weilen ſo viel heimlich verſteckten Saurteigs hin und her von from- men Leuten geheget wird; Da ſo wenige rein ſind in dieſem Stuck die gar niemand haben, dem ſie nicht aufſetzig ſeyen. Faſt ein jeder hat jemand, dem er heimlich unguͤnſtig iſt, welcher Groll in verſchie- dener Art hervorbricht, wo man nicht etwas anders zu foͤrchten hat als GOttes Gericht; weil man doch leyder! allzeit mehr um der Menſchen willen thut und laͤßt als eintzig um JEſu willen. Und was ſoll ich ſagen? Wie viel Uneinigkeit und Streit iſt nicht in den Hauß- haltungen ſelbſt zwiſchen Ehleuten und Geſchwiſterten? Alles aus unſeligem Geld- und Ehrgeitz oder ſonſt widerwaͤrtiger Gemuͤths-Arth; allezeit aus Mangel des Genuſſes Chriſti, und daß man zu faul iſt dem Zorn- und Zanck-Teufel mit Wachen und Gebett zu widerſtehen, und ſein Hertz von aller moͤrderiſchen Luſt ſaͤuberen zu laſſen, durch genaue Aufmerckſamkeit und Folge gegen der zuͤchtigenden Gnad, die uns unterweiſet, wie wir unſer vermeyntes Recht nicht ſollen ſu- chen zu behaupten, und immer wollen das letzte Wort haben, viel- mehr ſchweigen, und auch etwas weniges leyden, ja lieber alles fah- ren laſſen, als den Hertzens-Frieden zu verliehren, uns ohne Verzug in GOttes Kammer, die uns JESUS aufgethan zu verbergen, und wie ein Turtel-Taͤublein uns in den Felß-Ritzen Chriſti ſtille zu halten, biß das Zorn-Gewitter vorbey, und uns, o ſuͤſſe Gnad! durch kein widriges Wort oder Werck da heraus locken zu laſſen: Dann ſo bald wir der zaͤrtlichen, fleiſchlich-geſinnten Natur Gehoͤr geben, ſo meynen wir gleich, wir koͤnnen dieſes Woͤrtlein nicht un- beantwortet, dieſe feindliche That nicht ungeahndet laſſen; und dar- mit thun wir das Thuͤrlein unſers Willens dem Zorn-Thier auf, daß es hinein witſcht, und einen Unfrieden uͤber den anderen anrichtet. Der kluge Heyd Socrates wird wider uns auftretten am Juͤngſten Gericht, und wird uns verdammen; dann er hat ſich ſelbſt beſſer konnen uͤberwinden mit dem bloſſen Vernunffts-Liecht als wir, die Welch Gluͤcke dieſe Liebe nach ſich ziehen werde.wir ſo klare himmliſche Lehr, Exempel und Huͤlffe GOTTES haben.
§. 10. Welcher Hauß-Vatter wollte nun nicht den ſanfftmuͤthi- gen lieb-vollen JEſum mit groſſen Freuden aufnehmen, herbergen,
ja
aAct. II. 1.
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Der unter den Stech-Diſteln
Geiſtes uͤber ſie a; jetz aber kan ſich GOttes Reich nicht offenbahren,
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men Leuten geheget wird; Da ſo wenige rein ſind in dieſem Stuck
die gar niemand haben, dem ſie nicht aufſetzig ſeyen. Faſt ein jeder
hat jemand, dem er heimlich unguͤnſtig iſt, welcher Groll in verſchie-
dener Art hervorbricht, wo man nicht etwas anders zu foͤrchten hat
als GOttes Gericht; weil man doch leyder! allzeit mehr um der
Menſchen willen thut und laͤßt als eintzig um JEſu willen. Und was
ſoll ich ſagen? Wie viel Uneinigkeit und Streit iſt nicht in den Hauß-
haltungen ſelbſt zwiſchen Ehleuten und Geſchwiſterten? Alles aus
unſeligem Geld- und Ehrgeitz oder ſonſt widerwaͤrtiger Gemuͤths-Arth;
allezeit aus Mangel des Genuſſes Chriſti, und daß man zu faul iſt
dem Zorn- und Zanck-Teufel mit Wachen und Gebett zu widerſtehen,
und ſein Hertz von aller moͤrderiſchen Luſt ſaͤuberen zu laſſen, durch
genaue Aufmerckſamkeit und Folge gegen der zuͤchtigenden Gnad,
die uns unterweiſet, wie wir unſer vermeyntes Recht nicht ſollen ſu-
chen zu behaupten, und immer wollen das letzte Wort haben, viel-
mehr ſchweigen, und auch etwas weniges leyden, ja lieber alles fah-
ren laſſen, als den Hertzens-Frieden zu verliehren, uns ohne Verzug
in GOttes Kammer, die uns JESUS aufgethan zu verbergen,
und wie ein Turtel-Taͤublein uns in den Felß-Ritzen Chriſti ſtille zu
halten, biß das Zorn-Gewitter vorbey, und uns, o ſuͤſſe Gnad!
durch kein widriges Wort oder Werck da heraus locken zu laſſen:
Dann ſo bald wir der zaͤrtlichen, fleiſchlich-geſinnten Natur Gehoͤr
geben, ſo meynen wir gleich, wir koͤnnen dieſes Woͤrtlein nicht un-
beantwortet, dieſe feindliche That nicht ungeahndet laſſen; und dar-
mit thun wir das Thuͤrlein unſers Willens dem Zorn-Thier auf, daß
es hinein witſcht, und einen Unfrieden uͤber den anderen anrichtet.
Der kluge Heyd Socrates wird wider uns auftretten am Juͤngſten
Gericht, und wird uns verdammen; dann er hat ſich ſelbſt beſſer
konnen uͤberwinden mit dem bloſſen Vernunffts-Liecht als wir, die
wir ſo klare himmliſche Lehr, Exempel und Huͤlffe GOTTES
haben.
Welch
Gluͤcke
dieſe Liebe
nach ſich
ziehen
werde.
§. 10. Welcher Hauß-Vatter wollte nun nicht den ſanfftmuͤthi-
gen lieb-vollen JEſum mit groſſen Freuden aufnehmen, herbergen,
ja
a Act. II. 1.
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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 766. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/862>, abgerufen am 21.11.2024.
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