Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

Bild:
<< vorherige Seite

hervor blühende Lilien-Zweig.
"erfaulest und verderbest. Wie froh sollt du also seyn, wann dir die er-
barmende, bewahrende, ewige Liebe den Kosten erspart, und dir den
Rechten über den Halß schickt, alldieweil du doch immer den unrech-
ten erwehlest, der dir dein eigen Leben nicht scharff angreifft, und
den alten Adam nur obenhin streichlete, und kützelte; dann die listi-
ge Natur stirbt nimmer mit Freuden!

§. 3. Darum so giebe der Vernunfft kein Gehör, sie macht offt einZu diesem
End solle
man der
Vernunfft
kein Gehör
geben,

solch Geplauder im Menschen, daß man keine kräfftige Erinnerung
noch die sanfft warnende Stimm des heiligen Geistes davor hören
kan; ja der Zorn macht das Geblüt brausen und wallen, wie ein un-
gestümm Meer, und setzt sich tieff hinein ins Marck, daß ein veralte-
ter Groll und Widerwillen draus wird, der hernach mit keinem lieb
ausgetrieben werden mag, daß sich nicht unterweilen etwas davon
mercken lasse. Es führen die wütigen, zornigen, hochmüthigen,
rachsüchtigen Gedancken-Geister offt solch ein mörderlich Zetter-Ge-
schrey durch einander, daß wann sich schon Höll und Himmel vor
ihnen aufthäten, der elende Mensch dennoch von seinem Toben nicht
still werden könnte, und bratet also schon bey Leibes-Leben in einer
lebendigen Hölle.

§. 4. Schließlich geb ich dir den Rath, halte dich so genau, naheDer
Stimme
JEsu Ohr
und Hertz
öffnen.

und beständig zu JEsu, daß seine Liebes-Stimm in dir so starck thö-
ne wie eine Posaune; Liebet eure Feinde, segnet die euch fluchen, bit-
tet vor die so euch beleidigen, verfolgen; Wer seinem Bruder Narr
sagt, ist des höllischen Feurs schuldig; Daß das Zorn-Teufelgen mit
seinem Lock-Pfeifflein nicht einmahl von dir gehört werde. Dann es
plaudert doch nur schändlich Ding, und mutzt alles hoch auf, wer,
wie offt, wie hart, boßhafft man dich beleidiget, was Schand und
Schaden dir daraus erwachse: Durch solch Nachdencken schüret der
Teufel den Verdruß, Zorn und Rach-Feur auf, und behält dich bey
sich in seinem finsteren, unruhigen Höllen-Reich, und ziehet dich im-
mer weiter zuruck von der Himmels-süssen Gemeinschafft JESU.

Dieselbe
aber vor
den Einre-
den der
blinden
Vernunfft
zu schlies-
sen.

§. 5. Derowegen verstopfe dein Ohr vor der Zauber-Stimm der
blinden Vernunfft, und begegne ihr in der Krafft JEsu; fasse das
Schwerd des Geistes, und haue ihr die Schlangen-Köpf ab, die so
gifftig zischen. Sie sagt; a Jch will ihms einträncken: Setze dagegen,
könnte mich GOtt nicht mit einem Wetter-Streich zu Boden schla-

gen.
a Prov. XIV 17. 29.
T t t t 3

hervor bluͤhende Lilien-Zweig.
„erfauleſt und verderbeſt. Wie froh ſollt du alſo ſeyn, wann dir die er-
barmende, bewahrende, ewige Liebe den Koſten erſpart, und dir den
Rechten uͤber den Halß ſchickt, alldieweil du doch immer den unrech-
ten erwehleſt, der dir dein eigen Leben nicht ſcharff angreifft, und
den alten Adam nur obenhin ſtreichlete, und kuͤtzelte; dann die liſti-
ge Natur ſtirbt nimmer mit Freuden!

§. 3. Darum ſo giebe der Vernunfft kein Gehoͤr, ſie macht offt einZu dieſem
End ſolle
man der
Vernunfft
kein Gehoͤꝛ
geben,

ſolch Geplauder im Menſchen, daß man keine kraͤfftige Erinnerung
noch die ſanfft warnende Stimm des heiligen Geiſtes davor hoͤren
kan; ja der Zorn macht das Gebluͤt brauſen und wallen, wie ein un-
geſtuͤmm Meer, und ſetzt ſich tieff hinein ins Marck, daß ein veralte-
ter Groll und Widerwillen draus wird, der hernach mit keinem lieb
ausgetrieben werden mag, daß ſich nicht unterweilen etwas davon
mercken laſſe. Es fuͤhren die wuͤtigen, zornigen, hochmuͤthigen,
rachſuͤchtigen Gedancken-Geiſter offt ſolch ein moͤrderlich Zetter-Ge-
ſchrey durch einander, daß wann ſich ſchon Hoͤll und Himmel vor
ihnen aufthaͤten, der elende Menſch dennoch von ſeinem Toben nicht
ſtill werden koͤnnte, und bratet alſo ſchon bey Leibes-Leben in einer
lebendigen Hoͤlle.

§. 4. Schließlich geb ich dir den Rath, halte dich ſo genau, naheDer
Stimme
JEſu Ohꝛ
und Hertz
oͤffnen.

und beſtaͤndig zu JEſu, daß ſeine Liebes-Stimm in dir ſo ſtarck thoͤ-
ne wie eine Poſaune; Liebet eure Feinde, ſegnet die euch fluchen, bit-
tet vor die ſo euch beleidigen, verfolgen; Wer ſeinem Bruder Narr
ſagt, iſt des hoͤlliſchen Feurs ſchuldig; Daß das Zorn-Teufelgen mit
ſeinem Lock-Pfeifflein nicht einmahl von dir gehoͤrt werde. Dann es
plaudert doch nur ſchaͤndlich Ding, und mutzt alles hoch auf, wer,
wie offt, wie hart, boßhafft man dich beleidiget, was Schand und
Schaden dir daraus erwachſe: Durch ſolch Nachdencken ſchuͤret der
Teufel den Verdruß, Zorn und Rach-Feur auf, und behaͤlt dich bey
ſich in ſeinem finſteren, unruhigen Hoͤllen-Reich, und ziehet dich im-
mer weiter zuruck von der Himmels-ſuͤſſen Gemeinſchafft JESU.

Dieſelbe
aber vor
den Einre-
den der
blinden
Vernunfft
zu ſchlieſ-
ſen.

§. 5. Derowegen verſtopfe dein Ohr vor der Zauber-Stimm der
blinden Vernunfft, und begegne ihr in der Krafft JEſu; faſſe das
Schwerd des Geiſtes, und haue ihr die Schlangen-Koͤpf ab, die ſo
gifftig ziſchen. Sie ſagt; a Jch will ihms eintraͤncken: Setze dagegen,
koͤnnte mich GOtt nicht mit einem Wetter-Streich zu Boden ſchla-

gen.
a Prov. XIV 17. 29.
T t t t 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0797" n="701"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">hervor blu&#x0364;hende Lilien-Zweig.</hi></fw><lb/>
&#x201E;erfaule&#x017F;t und verderbe&#x017F;t. Wie froh &#x017F;ollt du al&#x017F;o &#x017F;eyn, wann dir die er-<lb/>
barmende, bewahrende, ewige Liebe den Ko&#x017F;ten er&#x017F;part, und dir den<lb/>
Rechten u&#x0364;ber den Halß &#x017F;chickt, alldieweil du doch immer den unrech-<lb/>
ten erwehle&#x017F;t, der dir dein eigen Leben nicht &#x017F;charff angreifft, und<lb/>
den alten Adam nur obenhin &#x017F;treichlete, und ku&#x0364;tzelte; dann die li&#x017F;ti-<lb/>
ge Natur &#x017F;tirbt nimmer mit Freuden!</p><lb/>
          <p>§. 3. Darum &#x017F;o giebe der Vernunfft kein Geho&#x0364;r, &#x017F;ie macht offt ein<note place="right">Zu die&#x017F;em<lb/>
End &#x017F;olle<lb/>
man der<lb/>
Vernunfft<lb/>
kein Geho&#x0364;&#xA75B;<lb/>
geben,</note><lb/>
&#x017F;olch Geplauder im Men&#x017F;chen, daß man keine kra&#x0364;fftige Erinnerung<lb/>
noch die &#x017F;anfft warnende Stimm des heiligen Gei&#x017F;tes davor ho&#x0364;ren<lb/>
kan; ja der Zorn macht das Geblu&#x0364;t brau&#x017F;en und wallen, wie ein un-<lb/>
ge&#x017F;tu&#x0364;mm Meer, und &#x017F;etzt &#x017F;ich tieff hinein ins Marck, daß ein veralte-<lb/>
ter Groll und Widerwillen draus wird, der hernach mit keinem lieb<lb/>
ausgetrieben werden mag, daß &#x017F;ich nicht unterweilen etwas davon<lb/>
mercken la&#x017F;&#x017F;e. Es fu&#x0364;hren die wu&#x0364;tigen, zornigen, hochmu&#x0364;thigen,<lb/>
rach&#x017F;u&#x0364;chtigen Gedancken-Gei&#x017F;ter offt &#x017F;olch ein mo&#x0364;rderlich Zetter-Ge-<lb/>
&#x017F;chrey durch einander, daß wann &#x017F;ich &#x017F;chon Ho&#x0364;ll und Himmel vor<lb/>
ihnen auftha&#x0364;ten, der elende Men&#x017F;ch dennoch von &#x017F;einem Toben nicht<lb/>
&#x017F;till werden ko&#x0364;nnte, und bratet al&#x017F;o &#x017F;chon bey Leibes-Leben in einer<lb/>
lebendigen Ho&#x0364;lle.</p><lb/>
          <p>§. 4. Schließlich geb ich dir den Rath, halte dich &#x017F;o genau, nahe<note place="right">Der<lb/>
Stimme<lb/>
JE&#x017F;u Oh&#xA75B;<lb/>
und Hertz<lb/>
o&#x0364;ffnen.</note><lb/>
und be&#x017F;ta&#x0364;ndig zu JE&#x017F;u, daß &#x017F;eine Liebes-Stimm in dir &#x017F;o &#x017F;tarck tho&#x0364;-<lb/>
ne wie eine Po&#x017F;aune; Liebet eure Feinde, &#x017F;egnet die euch fluchen, bit-<lb/>
tet vor die &#x017F;o euch beleidigen, verfolgen; Wer &#x017F;einem Bruder Narr<lb/>
&#x017F;agt, i&#x017F;t des ho&#x0364;lli&#x017F;chen Feurs &#x017F;chuldig; Daß das Zorn-Teufelgen mit<lb/>
&#x017F;einem Lock-Pfeifflein nicht einmahl von dir geho&#x0364;rt werde. Dann es<lb/>
plaudert doch nur &#x017F;cha&#x0364;ndlich Ding, und mutzt alles hoch auf, wer,<lb/>
wie offt, wie hart, boßhafft man dich beleidiget, was Schand und<lb/>
Schaden dir daraus erwach&#x017F;e: Durch &#x017F;olch Nachdencken &#x017F;chu&#x0364;ret der<lb/>
Teufel den Verdruß, Zorn und Rach-Feur auf, und beha&#x0364;lt dich bey<lb/>
&#x017F;ich in &#x017F;einem fin&#x017F;teren, unruhigen Ho&#x0364;llen-Reich, und ziehet dich im-<lb/>
mer weiter zuruck von der Himmels-&#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;en Gemein&#x017F;chafft JESU.</p>
          <note place="right">Die&#x017F;elbe<lb/>
aber vor<lb/>
den Einre-<lb/>
den der<lb/>
blinden<lb/>
Vernunfft<lb/>
zu &#x017F;chlie&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en.</note><lb/>
          <p>§. 5. Derowegen ver&#x017F;topfe dein Ohr vor der Zauber-Stimm der<lb/>
blinden Vernunfft, und begegne ihr in der Krafft JE&#x017F;u; fa&#x017F;&#x017F;e das<lb/>
Schwerd des Gei&#x017F;tes, und haue ihr die Schlangen-Ko&#x0364;pf ab, die &#x017F;o<lb/>
gifftig zi&#x017F;chen. Sie &#x017F;agt; <note place="foot" n="a"><hi rendition="#aq">Prov. XIV</hi> 17. 29.</note> <hi rendition="#fr">Jch will ihms eintra&#x0364;ncken:</hi> Setze dagegen,<lb/>
ko&#x0364;nnte mich GOtt nicht mit einem Wetter-Streich zu Boden &#x017F;chla-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">T t t t 3</fw><fw place="bottom" type="catch">gen.</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[701/0797] hervor bluͤhende Lilien-Zweig. „erfauleſt und verderbeſt. Wie froh ſollt du alſo ſeyn, wann dir die er- barmende, bewahrende, ewige Liebe den Koſten erſpart, und dir den Rechten uͤber den Halß ſchickt, alldieweil du doch immer den unrech- ten erwehleſt, der dir dein eigen Leben nicht ſcharff angreifft, und den alten Adam nur obenhin ſtreichlete, und kuͤtzelte; dann die liſti- ge Natur ſtirbt nimmer mit Freuden! §. 3. Darum ſo giebe der Vernunfft kein Gehoͤr, ſie macht offt ein ſolch Geplauder im Menſchen, daß man keine kraͤfftige Erinnerung noch die ſanfft warnende Stimm des heiligen Geiſtes davor hoͤren kan; ja der Zorn macht das Gebluͤt brauſen und wallen, wie ein un- geſtuͤmm Meer, und ſetzt ſich tieff hinein ins Marck, daß ein veralte- ter Groll und Widerwillen draus wird, der hernach mit keinem lieb ausgetrieben werden mag, daß ſich nicht unterweilen etwas davon mercken laſſe. Es fuͤhren die wuͤtigen, zornigen, hochmuͤthigen, rachſuͤchtigen Gedancken-Geiſter offt ſolch ein moͤrderlich Zetter-Ge- ſchrey durch einander, daß wann ſich ſchon Hoͤll und Himmel vor ihnen aufthaͤten, der elende Menſch dennoch von ſeinem Toben nicht ſtill werden koͤnnte, und bratet alſo ſchon bey Leibes-Leben in einer lebendigen Hoͤlle. Zu dieſem End ſolle man der Vernunfft kein Gehoͤꝛ geben, §. 4. Schließlich geb ich dir den Rath, halte dich ſo genau, nahe und beſtaͤndig zu JEſu, daß ſeine Liebes-Stimm in dir ſo ſtarck thoͤ- ne wie eine Poſaune; Liebet eure Feinde, ſegnet die euch fluchen, bit- tet vor die ſo euch beleidigen, verfolgen; Wer ſeinem Bruder Narr ſagt, iſt des hoͤlliſchen Feurs ſchuldig; Daß das Zorn-Teufelgen mit ſeinem Lock-Pfeifflein nicht einmahl von dir gehoͤrt werde. Dann es plaudert doch nur ſchaͤndlich Ding, und mutzt alles hoch auf, wer, wie offt, wie hart, boßhafft man dich beleidiget, was Schand und Schaden dir daraus erwachſe: Durch ſolch Nachdencken ſchuͤret der Teufel den Verdruß, Zorn und Rach-Feur auf, und behaͤlt dich bey ſich in ſeinem finſteren, unruhigen Hoͤllen-Reich, und ziehet dich im- mer weiter zuruck von der Himmels-ſuͤſſen Gemeinſchafft JESU. Der Stimme JEſu Ohꝛ und Hertz oͤffnen. §. 5. Derowegen verſtopfe dein Ohr vor der Zauber-Stimm der blinden Vernunfft, und begegne ihr in der Krafft JEſu; faſſe das Schwerd des Geiſtes, und haue ihr die Schlangen-Koͤpf ab, die ſo gifftig ziſchen. Sie ſagt; a Jch will ihms eintraͤncken: Setze dagegen, koͤnnte mich GOtt nicht mit einem Wetter-Streich zu Boden ſchla- gen. a Prov. XIV 17. 29. T t t t 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/797
Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 701. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/797>, abgerufen am 23.11.2024.