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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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Weyhnachts-Gedancken.
giert, der wird eigentlich einen majestätischen und recht königlichen
Vorzug über seine Nachbaren, Mit-Burger und Lands-Leut haben,
wann die Beschämung aller Faullentzer, die Verwerffung aller Ver-
zagten und die Bäugung aller widrig-gesinnten Geschöpffen angehen
wird: alldieweil die eiferige Liebhaber sind zu dem allerheiligsten Kuß
dieses Sohns hinzugelassen worden, und haben vermittelst dieses Kus-
ses den unsichtbahren Athem seines Geists in reicher Maaß in sich be-
kommen, sammt seinem Göttlichen Sinn und Art, darum können
sie unmöglich umkommen auf dem Weg.

Er belebet
und besee-
liget alles,

§. 12. Dieser Allmächtige Sohn des allmächtigen GOttes fahret
offt in der stillen Nacht herab auf sein heilig Erbland wie ein Re-
gen mit recht erfrischenden, belebenden, verjüngerenden Einfällen
und gnadenreichen Gedancken: durch diesen blühet der nach GOtt
dürstende und im Versöhnungs-Blut das offene Vatter-Hertz su-
chende Glaubige, und harret in stiller Ubergab auf das unbewegliche
Königreich des ewig-beständigen Wesens, von seinem Thun, eigen
Würcken, selbst fromm machen, ablassende, damit GOtt sein
Werck in ihm habe und es also fortrucke, biß der Mond der Ab-
wechslung nimmer sey. Dieser nimmt in Posseß und beherrschet
alle, die der wüsten Tyrannen überdrüßig, von Hertzen verlangen
unter GOttes Regiment zu leben a, er führet sie vom höllischen
Schwefel-See hinweg immer weiter biß an das Boden-lose Freu-
den-Meer der ewigen Wollüsten b, er lasset nicht unfruchtbar was
besäet kan werden und gantze Stunden aufgespalten bleibt gegen den
Himmel, biß dieser Göttliche Säemann komme und ein Hand voll
Körner hinein werffe zu Gewächsen in die unvergängliche Paradiesi-
sche Welt: und von dem an, da der Strohm des H. Geistes über
die ersten Jünger ausgegossen worden, gehet die gute Bottschafft
von dem erworbenen Heyl aus von einem Volck zu dem anderen biß
an die Ende der Erden c. Durch diesen theilet sich die Gottheit
mit, so viel jede Creatur fähig ist, und diejenigen deren Geist durch
unzähliche Bilde vermanigfaltiget gewesen und im Gestreuch man-
cherley Paßionen behangen, daß sie vor Hunger wären verdorret d,
die werden zu Mitternacht ihrer Verirrung, wann die Angst grös-

ser
a Jes. XXVI. 13. Hos. XIII. 14.
b Jes. LXIII. 13. Apoc. VII. 17.
c Matth.
XXIV.
14.
d Ps. CVII. 3. 9.

Weyhnachts-Gedancken.
giert, der wird eigentlich einen majeſtaͤtiſchen und recht koͤniglichen
Vorzug uͤber ſeine Nachbaren, Mit-Burger und Lands-Leut haben,
wann die Beſchaͤmung aller Faullentzer, die Verwerffung aller Ver-
zagten und die Baͤugung aller widrig-geſinnten Geſchoͤpffen angehen
wird: alldieweil die eiferige Liebhaber ſind zu dem allerheiligſten Kuß
dieſes Sohns hinzugelaſſen worden, und haben vermittelſt dieſes Kuſ-
ſes den unſichtbahren Athem ſeines Geiſts in reicher Maaß in ſich be-
kommen, ſammt ſeinem Goͤttlichen Sinn und Art, darum koͤnnen
ſie unmoͤglich umkommen auf dem Weg.

Er belebet
und beſee-
liget alles,

§. 12. Dieſer Allmaͤchtige Sohn des allmaͤchtigen GOttes fahret
offt in der ſtillen Nacht herab auf ſein heilig Erbland wie ein Re-
gen mit recht erfriſchenden, belebenden, verjuͤngerenden Einfaͤllen
und gnadenreichen Gedancken: durch dieſen bluͤhet der nach GOtt
duͤrſtende und im Verſoͤhnungs-Blut das offene Vatter-Hertz ſu-
chende Glaubige, und harret in ſtiller Ubergab auf das unbewegliche
Koͤnigreich des ewig-beſtaͤndigen Weſens, von ſeinem Thun, eigen
Wuͤrcken, ſelbſt fromm machen, ablaſſende, damit GOtt ſein
Werck in ihm habe und es alſo fortrucke, biß der Mond der Ab-
wechslung nimmer ſey. Dieſer nimmt in Poſſeß und beherrſchet
alle, die der wuͤſten Tyrannen uͤberdruͤßig, von Hertzen verlangen
unter GOttes Regiment zu leben a, er fuͤhret ſie vom hoͤlliſchen
Schwefel-See hinweg immer weiter biß an das Boden-loſe Freu-
den-Meer der ewigen Wolluͤſten b, er laſſet nicht unfruchtbar was
beſaͤet kan werden und gantze Stunden aufgeſpalten bleibt gegen den
Himmel, biß dieſer Goͤttliche Saͤemann komme und ein Hand voll
Koͤrner hinein werffe zu Gewaͤchſen in die unvergaͤngliche Paradieſi-
ſche Welt: und von dem an, da der Strohm des H. Geiſtes uͤber
die erſten Juͤnger ausgegoſſen worden, gehet die gute Bottſchafft
von dem erworbenen Heyl aus von einem Volck zu dem anderen biß
an die Ende der Erden c. Durch dieſen theilet ſich die Gottheit
mit, ſo viel jede Creatur faͤhig iſt, und diejenigen deren Geiſt durch
unzaͤhliche Bilde vermanigfaltiget geweſen und im Geſtreuch man-
cherley Paßionen behangen, daß ſie vor Hunger waͤren verdorret d,
die werden zu Mitternacht ihrer Verirrung, wann die Angſt groͤſ-

ſer
a Jeſ. XXVI. 13. Hoſ. XIII. 14.
b Jeſ. LXIII. 13. Apoc. VII. 17.
c Matth.
XXIV.
14.
d Pſ. CVII. 3. 9.
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[590/0686] Weyhnachts-Gedancken. giert, der wird eigentlich einen majeſtaͤtiſchen und recht koͤniglichen Vorzug uͤber ſeine Nachbaren, Mit-Burger und Lands-Leut haben, wann die Beſchaͤmung aller Faullentzer, die Verwerffung aller Ver- zagten und die Baͤugung aller widrig-geſinnten Geſchoͤpffen angehen wird: alldieweil die eiferige Liebhaber ſind zu dem allerheiligſten Kuß dieſes Sohns hinzugelaſſen worden, und haben vermittelſt dieſes Kuſ- ſes den unſichtbahren Athem ſeines Geiſts in reicher Maaß in ſich be- kommen, ſammt ſeinem Goͤttlichen Sinn und Art, darum koͤnnen ſie unmoͤglich umkommen auf dem Weg. §. 12. Dieſer Allmaͤchtige Sohn des allmaͤchtigen GOttes fahret offt in der ſtillen Nacht herab auf ſein heilig Erbland wie ein Re- gen mit recht erfriſchenden, belebenden, verjuͤngerenden Einfaͤllen und gnadenreichen Gedancken: durch dieſen bluͤhet der nach GOtt duͤrſtende und im Verſoͤhnungs-Blut das offene Vatter-Hertz ſu- chende Glaubige, und harret in ſtiller Ubergab auf das unbewegliche Koͤnigreich des ewig-beſtaͤndigen Weſens, von ſeinem Thun, eigen Wuͤrcken, ſelbſt fromm machen, ablaſſende, damit GOtt ſein Werck in ihm habe und es alſo fortrucke, biß der Mond der Ab- wechslung nimmer ſey. Dieſer nimmt in Poſſeß und beherrſchet alle, die der wuͤſten Tyrannen uͤberdruͤßig, von Hertzen verlangen unter GOttes Regiment zu leben a, er fuͤhret ſie vom hoͤlliſchen Schwefel-See hinweg immer weiter biß an das Boden-loſe Freu- den-Meer der ewigen Wolluͤſten b, er laſſet nicht unfruchtbar was beſaͤet kan werden und gantze Stunden aufgeſpalten bleibt gegen den Himmel, biß dieſer Goͤttliche Saͤemann komme und ein Hand voll Koͤrner hinein werffe zu Gewaͤchſen in die unvergaͤngliche Paradieſi- ſche Welt: und von dem an, da der Strohm des H. Geiſtes uͤber die erſten Juͤnger ausgegoſſen worden, gehet die gute Bottſchafft von dem erworbenen Heyl aus von einem Volck zu dem anderen biß an die Ende der Erden c. Durch dieſen theilet ſich die Gottheit mit, ſo viel jede Creatur faͤhig iſt, und diejenigen deren Geiſt durch unzaͤhliche Bilde vermanigfaltiget geweſen und im Geſtreuch man- cherley Paßionen behangen, daß ſie vor Hunger waͤren verdorret d, die werden zu Mitternacht ihrer Verirrung, wann die Angſt groͤſ- ſer a Jeſ. XXVI. 13. Hoſ. XIII. 14. b Jeſ. LXIII. 13. Apoc. VII. 17. c Matth. XXIV. 14. d Pſ. CVII. 3. 9.

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 590. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/686>, abgerufen am 22.11.2024.