Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

Bild:
<< vorherige Seite

Zuschrifft.
Fleisch allzu langweilig, derowegen sprache man den Becken an, er
sollte eine Fladen machen, und damit es ein Ansehen habe, so
ward ein Priester geweihet, der mußte mit noch weit geringerer
Mühe, als der Beck, nehmlich mit etlichen wenigen Worten und
Gebärden den Leib Christi daraus machen, das dem armen Volck
geben, und es bereden, sie hätten nun Christum in sich empfangen
zum ewigen Leben. Darmit ward der rechte, in alle Ewigkeit le-
bende, und über Sünd, Teufel und Welt zur Rechten GOttes
triumphirende JEsus aus der Acht gelassen, der gemeinsame Umgang
mit ihm denen Gläubigen abgesprochen, mit ihme der Welt gecreu-
tzigt zu werden a, hinaus zu gehen vor das Lager, und seine
Schmach zu tragen b, sich selbst zu verläugnen, das Creutz täglich
auf sich zu nehmen c, und sich stäts zur Anfechtung zu schicken, wie
eine Braut zur Hochzeit, und JEsu nachzufolgen, vor unnöthig
gehalten; ja die allen Reichs-Genossen GOttes scharff eingedingte
Armuth deß Geistes, die Abgeschiedenheit von allem Anhang der
Creatur d, die Reinigkeit des Hertzens GOtt zu schauen e, die un-
verdroßne Zerbrechung des eigenen Willens, in gehorsamer Unter-
werffung unter GOtt und Menschen, wurden überflüßige Werck, ope-
ra super erogacoria
gescholten, und wurde dieses der Braut des
Lamms unumgänglich-nöthige Hochzeit-Geschmeid jenen abgezogen,
hin und her auf die Jahr-Märckte verschickt, zu verkauffen, und wie-
der andern feil zu bieten, biß an der Welt Ende. O GOTT!
lasse dichs doch endlich der armen köstlichen Seelen erbarmen!

Das We-
sen der Re-
ligion ist
lauter
Geist und
Leben.

§. 3. Wollet ihr aber nicht, daß euch ein erschröcklich Gericht
treffe; ach so bettet ohne Unterlaß f, daß das allmächtige und sieg-
reiche Leben JEsu euch gantz einnehme g, hanget GOtt recht an im
Glauben h, wachset fein in JEsum hinein, zu lebendigen, saffti-
gen, fruchtbaren Zweigen i, hasset alles Böse, sterbet der Sünd und
Welt ab. Ach welche verborgene Wercke GOttes sind das in der
Seele, geb wie gemein sonst die Wort davon sind! Dann es bleibt
eine unlaugbare ewige Wahrheit, daß kein Mensch mehr von GOt-
tes Wort verstehet, als er in Ubung bringt k; dieses kame mir auch

ehemahls
a Gal. VI. 14.
b Hebr. XII. 13.
c Luc. IX. 23.
d Ps. LXXIII.
25. 26.
e Matth. V. 8.
f 1 Thess. V. 17.
g Gal. III. 20.
h 1 Cor.
VI.
17.
i Eph. IV. 15.
k Joh. VII. 17.

Zuſchrifft.
Fleiſch allzu langweilig, derowegen ſprache man den Becken an, er
ſollte eine Fladen machen, und damit es ein Anſehen habe, ſo
ward ein Prieſter geweihet, der mußte mit noch weit geringerer
Muͤhe, als der Beck, nehmlich mit etlichen wenigen Worten und
Gebaͤrden den Leib Chriſti daraus machen, das dem armen Volck
geben, und es bereden, ſie haͤtten nun Chriſtum in ſich empfangen
zum ewigen Leben. Darmit ward der rechte, in alle Ewigkeit le-
bende, und uͤber Suͤnd, Teufel und Welt zur Rechten GOttes
triumphirende JEſus aus der Acht gelaſſen, der gemeinſame Umgang
mit ihm denen Glaͤubigen abgeſprochen, mit ihme der Welt gecreu-
tzigt zu werden a, hinaus zu gehen vor das Lager, und ſeine
Schmach zu tragen b, ſich ſelbſt zu verlaͤugnen, das Creutz taͤglich
auf ſich zu nehmen c, und ſich ſtaͤts zur Anfechtung zu ſchicken, wie
eine Braut zur Hochzeit, und JEſu nachzufolgen, vor unnoͤthig
gehalten; ja die allen Reichs-Genoſſen GOttes ſcharff eingedingte
Armuth deß Geiſtes, die Abgeſchiedenheit von allem Anhang der
Creatur d, die Reinigkeit des Hertzens GOtt zu ſchauen e, die un-
verdroßne Zerbrechung des eigenen Willens, in gehorſamer Unter-
werffung unter GOtt und Menſchen, wurden uͤberfluͤßige Werck, ope-
ra ſuper erogacoria
geſcholten, und wurde dieſes der Braut des
Lamms unumgaͤnglich-noͤthige Hochzeit-Geſchmeid jenen abgezogen,
hin und her auf die Jahr-Maͤrckte verſchickt, zu verkauffen, und wie-
der andern feil zu bieten, biß an der Welt Ende. O GOTT!
laſſe dichs doch endlich der armen koͤſtlichen Seelen erbarmen!

Das We-
ſen der Re-
ligion iſt
lauter
Geiſt und
Leben.

§. 3. Wollet ihr aber nicht, daß euch ein erſchroͤcklich Gericht
treffe; ach ſo bettet ohne Unterlaß f, daß das allmaͤchtige und ſieg-
reiche Leben JEſu euch gantz einnehme g, hanget GOtt recht an im
Glauben h, wachſet fein in JEſum hinein, zu lebendigen, ſaffti-
gen, fruchtbaren Zweigen i, haſſet alles Boͤſe, ſterbet der Suͤnd und
Welt ab. Ach welche verborgene Wercke GOttes ſind das in der
Seele, geb wie gemein ſonſt die Wort davon ſind! Dann es bleibt
eine unlaugbare ewige Wahrheit, daß kein Menſch mehr von GOt-
tes Wort verſtehet, als er in Ubung bringt k; dieſes kame mir auch

ehemahls
a Gal. VI. 14.
b Hebr. XII. 13.
c Luc. IX. 23.
d Pſ. LXXIII.
25. 26.
e Matth. V. 8.
f 1 Theſſ. V. 17.
g Gal. III. 20.
h 1 Cor.
VI.
17.
i Eph. IV. 15.
k Joh. VII. 17.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0642" n="546"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Zu&#x017F;chrifft.</hi></fw><lb/>
Flei&#x017F;ch allzu langweilig, derowegen &#x017F;prache man den Becken an, er<lb/>
&#x017F;ollte eine Fladen machen, und damit es ein An&#x017F;ehen habe, &#x017F;o<lb/>
ward ein Prie&#x017F;ter geweihet, der mußte mit noch weit geringerer<lb/>
Mu&#x0364;he, als der Beck, nehmlich mit etlichen wenigen Worten und<lb/>
Geba&#x0364;rden den Leib Chri&#x017F;ti daraus machen, das dem armen Volck<lb/>
geben, und es bereden, &#x017F;ie ha&#x0364;tten nun Chri&#x017F;tum in &#x017F;ich empfangen<lb/>
zum ewigen Leben. Darmit ward der rechte, in alle Ewigkeit le-<lb/>
bende, und u&#x0364;ber Su&#x0364;nd, Teufel und Welt zur Rechten GOttes<lb/>
triumphirende JE&#x017F;us aus der Acht gela&#x017F;&#x017F;en, der gemein&#x017F;ame Umgang<lb/>
mit ihm denen Gla&#x0364;ubigen abge&#x017F;prochen, mit ihme der Welt gecreu-<lb/>
tzigt zu werden <note place="foot" n="a"><hi rendition="#aq">Gal. VI.</hi> 14.</note>, hinaus zu gehen vor das Lager, und &#x017F;eine<lb/>
Schmach zu tragen <note place="foot" n="b"><hi rendition="#aq">Hebr. XII.</hi> 13.</note>, &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t zu verla&#x0364;ugnen, das Creutz ta&#x0364;glich<lb/>
auf &#x017F;ich zu nehmen <note place="foot" n="c"><hi rendition="#aq">Luc. IX.</hi> 23.</note>, und &#x017F;ich &#x017F;ta&#x0364;ts zur Anfechtung zu &#x017F;chicken, wie<lb/>
eine Braut zur Hochzeit, und JE&#x017F;u nachzufolgen, vor unno&#x0364;thig<lb/>
gehalten; ja die allen Reichs-Geno&#x017F;&#x017F;en GOttes &#x017F;charff eingedingte<lb/>
Armuth deß Gei&#x017F;tes, die Abge&#x017F;chiedenheit von allem Anhang der<lb/>
Creatur <note place="foot" n="d"><hi rendition="#aq">P&#x017F;. LXXIII.</hi><lb/>
25. 26.</note>, die Reinigkeit des Hertzens GOtt zu &#x017F;chauen <note place="foot" n="e"><hi rendition="#aq">Matth. V.</hi> 8.</note>, die un-<lb/>
verdroßne Zerbrechung des eigenen Willens, in gehor&#x017F;amer Unter-<lb/>
werffung unter GOtt und Men&#x017F;chen, wurden u&#x0364;berflu&#x0364;ßige Werck, <hi rendition="#aq">ope-<lb/>
ra &#x017F;uper erogacoria</hi> ge&#x017F;cholten, und wurde die&#x017F;es der Braut des<lb/>
Lamms unumga&#x0364;nglich-no&#x0364;thige Hochzeit-Ge&#x017F;chmeid jenen abgezogen,<lb/>
hin und her auf die Jahr-Ma&#x0364;rckte ver&#x017F;chickt, zu verkauffen, und wie-<lb/>
der andern feil zu bieten, biß an der Welt Ende. O GOTT!<lb/>
la&#x017F;&#x017F;e dichs doch endlich der armen ko&#x0364;&#x017F;tlichen Seelen erbarmen!</p><lb/>
          <note place="left">Das We-<lb/>
&#x017F;en der Re-<lb/>
ligion i&#x017F;t<lb/>
lauter<lb/>
Gei&#x017F;t und<lb/>
Leben.</note>
          <p>§. 3. Wollet ihr aber nicht, daß euch ein er&#x017F;chro&#x0364;cklich Gericht<lb/>
treffe; ach &#x017F;o bettet ohne Unterlaß <note place="foot" n="f">1 <hi rendition="#aq">The&#x017F;&#x017F;. V.</hi> 17.</note>, daß das allma&#x0364;chtige und &#x017F;ieg-<lb/>
reiche Leben JE&#x017F;u euch gantz einnehme <note place="foot" n="g"><hi rendition="#aq">Gal. III.</hi> 20.</note>, hanget GOtt recht an im<lb/>
Glauben <note place="foot" n="h">1 <hi rendition="#aq">Cor.<lb/>
VI.</hi> 17.</note>, wach&#x017F;et fein in JE&#x017F;um hinein, zu lebendigen, &#x017F;affti-<lb/>
gen, fruchtbaren Zweigen <note place="foot" n="i"><hi rendition="#aq">Eph. IV.</hi> 15.</note>, ha&#x017F;&#x017F;et alles Bo&#x0364;&#x017F;e, &#x017F;terbet der Su&#x0364;nd und<lb/>
Welt ab. Ach welche verborgene Wercke GOttes &#x017F;ind das in der<lb/>
Seele, geb wie gemein &#x017F;on&#x017F;t die Wort davon &#x017F;ind! Dann es bleibt<lb/>
eine unlaugbare ewige Wahrheit, daß kein Men&#x017F;ch mehr von GOt-<lb/>
tes Wort ver&#x017F;tehet, als er in Ubung bringt <note place="foot" n="k"><hi rendition="#aq">Joh. VII.</hi> 17.</note>; die&#x017F;es kame mir auch<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ehemahls</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[546/0642] Zuſchrifft. Fleiſch allzu langweilig, derowegen ſprache man den Becken an, er ſollte eine Fladen machen, und damit es ein Anſehen habe, ſo ward ein Prieſter geweihet, der mußte mit noch weit geringerer Muͤhe, als der Beck, nehmlich mit etlichen wenigen Worten und Gebaͤrden den Leib Chriſti daraus machen, das dem armen Volck geben, und es bereden, ſie haͤtten nun Chriſtum in ſich empfangen zum ewigen Leben. Darmit ward der rechte, in alle Ewigkeit le- bende, und uͤber Suͤnd, Teufel und Welt zur Rechten GOttes triumphirende JEſus aus der Acht gelaſſen, der gemeinſame Umgang mit ihm denen Glaͤubigen abgeſprochen, mit ihme der Welt gecreu- tzigt zu werden a, hinaus zu gehen vor das Lager, und ſeine Schmach zu tragen b, ſich ſelbſt zu verlaͤugnen, das Creutz taͤglich auf ſich zu nehmen c, und ſich ſtaͤts zur Anfechtung zu ſchicken, wie eine Braut zur Hochzeit, und JEſu nachzufolgen, vor unnoͤthig gehalten; ja die allen Reichs-Genoſſen GOttes ſcharff eingedingte Armuth deß Geiſtes, die Abgeſchiedenheit von allem Anhang der Creatur d, die Reinigkeit des Hertzens GOtt zu ſchauen e, die un- verdroßne Zerbrechung des eigenen Willens, in gehorſamer Unter- werffung unter GOtt und Menſchen, wurden uͤberfluͤßige Werck, ope- ra ſuper erogacoria geſcholten, und wurde dieſes der Braut des Lamms unumgaͤnglich-noͤthige Hochzeit-Geſchmeid jenen abgezogen, hin und her auf die Jahr-Maͤrckte verſchickt, zu verkauffen, und wie- der andern feil zu bieten, biß an der Welt Ende. O GOTT! laſſe dichs doch endlich der armen koͤſtlichen Seelen erbarmen! §. 3. Wollet ihr aber nicht, daß euch ein erſchroͤcklich Gericht treffe; ach ſo bettet ohne Unterlaß f, daß das allmaͤchtige und ſieg- reiche Leben JEſu euch gantz einnehme g, hanget GOtt recht an im Glauben h, wachſet fein in JEſum hinein, zu lebendigen, ſaffti- gen, fruchtbaren Zweigen i, haſſet alles Boͤſe, ſterbet der Suͤnd und Welt ab. Ach welche verborgene Wercke GOttes ſind das in der Seele, geb wie gemein ſonſt die Wort davon ſind! Dann es bleibt eine unlaugbare ewige Wahrheit, daß kein Menſch mehr von GOt- tes Wort verſtehet, als er in Ubung bringt k; dieſes kame mir auch ehemahls a Gal. VI. 14. b Hebr. XII. 13. c Luc. IX. 23. d Pſ. LXXIII. 25. 26. e Matth. V. 8. f 1 Theſſ. V. 17. g Gal. III. 20. h 1 Cor. VI. 17. i Eph. IV. 15. k Joh. VII. 17.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/642
Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 546. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/642>, abgerufen am 24.05.2024.