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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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Der geistliche Frühling.
Die Herr-
lichkeit der
neuen Ge-
burt solle
uns dazu
gelustig
machen.

§. 10. Es ist ein wunderlich Ding, an dem Kommen des leibli-
chen Sommers zweiflet niemand, aber das Werck der neuen Geburt
ist der Vernunfft und verdorbenen Natur ungläublich a. Aber o
schöner Himmel! O helles Liecht! daß eine Seel, so die Geburts-
Weh durchbricht, durch den Zorn in die Sanfftmuth, durch Un-
keuschheit in die Heiligung, durch Geitz in die Liebe Christi, durch
Aufblähen und eigen Gefallen in die Demuth, durch die Welt und
Höll in GOtt, in den Himmel sich hindurch arbeitet, in der neuen
Gnaden-Welt zu sehen bekommt; Ein Land allda Bäume voll edle-
ster Früchte hangen; Ach was grosser Wunder! die sie nie hätten
glauben können! O nein fast niemand wills recht glauben! drum
schmecken wenige solche Lieblichkeit; haben lieber Winter und unstät
Wetter, da es mit Sünd, Lust, Forcht, Unruh auf die Seele zu-
schneyet und regnet; da Catharen und Flüsse fallen von tausenderley
ängstlichen Einbildungen, so einem das Leben erstecken; Ey wer sollte
nicht gelustig werden über JEsu, als der Sonne durchläuchtige, le-
bendigmachende, Seele und Geist erquickende Nachfolg, darinn man
des vorigen frostigen Sünden-Lebens allgemach vergisset. O man-
nigfaltige Sommer-Freud b! O daß alle junge Leut im frühen Mor-
gen ihrer Jugend hingiengen, in den Cedern-Wald Libanon zu JE-
su die Seel durchdringende Himmels-Music aller Bekehrten da zu-
hören c.

Die Blät-
ter und
Baum-
Früchten
lehren uns
die Mög-
lichkeit der
Bekeh-
rung.

§. 11. Wohlan so mancher blühender und fruchtreicher Baum
euch vor die Augen kommt, so manche Gedenck-Säul, Prediger und
Zeugen habt ihr des grossen Wunderwercks der Bekehrung; ein je-
des Blättlein, ein jede Kirsch, Birn, Apfel schreyet dich an: Du
elende verdorrete Seel, schaue die Wunder der ewigen Güte, Weiß-
heit und Krafft an uns, wie durch einen kleinen Stiehl uns so viel
Saffts zugeflossen, daß eine so schöne Frucht aus uns worden, von
der Sonn durchsüsset, ausgekochet und gefärbt; Sollte es dann
GOTT nicht möglich seyn dich zu besafften und lebendig zu machen d,
vermeinst du es seye gantz aus mit dir, es seye nicht möglich, soltest
dich wohl vor den Bäumen schämen, ja vor uns allen, die dir solch
GOttes Macht jährlich vor Augen stellen: Du wirst noch mit gros-
sem Lust einen vollen Weinwachs bekommen e.

§. 12.
a 1 Cor. II. 14.
b Esai. XXXV. 10. Apoc. XXI. 4. Esai. LXV. 16-19. Joh.
XVI.
2[2].
c Luc. XV. 25.
d Num. XVII. 8.
e Esai. XXV. 6. LXV. 14. Zach. IX. 15.
Der geiſtliche Fruͤhling.
Die Herr-
lichkeit der
neuen Ge-
burt ſolle
uns dazu
geluſtig
machen.

§. 10. Es iſt ein wunderlich Ding, an dem Kommen des leibli-
chen Sommers zweiflet niemand, aber das Werck der neuen Geburt
iſt der Vernunfft und verdorbenen Natur unglaͤublich a. Aber o
ſchoͤner Himmel! O helles Liecht! daß eine Seel, ſo die Geburts-
Weh durchbricht, durch den Zorn in die Sanfftmuth, durch Un-
keuſchheit in die Heiligung, durch Geitz in die Liebe Chriſti, durch
Aufblaͤhen und eigen Gefallen in die Demuth, durch die Welt und
Hoͤll in GOtt, in den Himmel ſich hindurch arbeitet, in der neuen
Gnaden-Welt zu ſehen bekommt; Ein Land allda Baͤume voll edle-
ſter Fruͤchte hangen; Ach was groſſer Wunder! die ſie nie haͤtten
glauben koͤnnen! O nein faſt niemand wills recht glauben! drum
ſchmecken wenige ſolche Lieblichkeit; haben lieber Winter und unſtaͤt
Wetter, da es mit Suͤnd, Luſt, Forcht, Unruh auf die Seele zu-
ſchneyet und regnet; da Catharen und Fluͤſſe fallen von tauſenderley
aͤngſtlichen Einbildungen, ſo einem das Leben erſtecken; Ey wer ſollte
nicht geluſtig werden uͤber JEſu, als der Sonne durchlaͤuchtige, le-
bendigmachende, Seele und Geiſt erquickende Nachfolg, darinn man
des vorigen froſtigen Suͤnden-Lebens allgemach vergiſſet. O man-
nigfaltige Sommer-Freud b! O daß alle junge Leut im fruͤhen Mor-
gen ihrer Jugend hingiengen, in den Cedern-Wald Libanon zu JE-
ſu die Seel durchdringende Himmels-Muſic aller Bekehrten da zu-
hoͤren c.

Die Blaͤt-
ter und
Baum-
Fruͤchten
lehren uns
die Moͤg-
lichkeit der
Bekeh-
rung.

§. 11. Wohlan ſo mancher bluͤhender und fruchtreicher Baum
euch vor die Augen kommt, ſo manche Gedenck-Saͤul, Prediger und
Zeugen habt ihr des groſſen Wunderwercks der Bekehrung; ein je-
des Blaͤttlein, ein jede Kirſch, Birn, Apfel ſchreyet dich an: Du
elende verdorrete Seel, ſchaue die Wunder der ewigen Guͤte, Weiß-
heit und Krafft an uns, wie durch einen kleinen Stiehl uns ſo viel
Saffts zugefloſſen, daß eine ſo ſchoͤne Frucht aus uns worden, von
der Sonn durchſuͤſſet, ausgekochet und gefaͤrbt; Sollte es dann
GOTT nicht moͤglich ſeyn dich zu beſafften und lebendig zu machen d,
vermeinſt du es ſeye gantz aus mit dir, es ſeye nicht moͤglich, ſolteſt
dich wohl vor den Baͤumen ſchaͤmen, ja vor uns allen, die dir ſolch
GOttes Macht jaͤhrlich vor Augen ſtellen: Du wirſt noch mit groſ-
ſem Luſt einen vollen Weinwachs bekommen e.

§. 12.
a 1 Cor. II. 14.
b Eſai. XXXV. 10. Apoc. XXI. 4. Eſai. LXV. 16-19. Joh.
XVI.
2[2].
c Luc. XV. 25.
d Num. XVII. 8.
e Eſai. XXV. 6. LXV. 14. Zach. IX. 15.
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[374/0470] Der geiſtliche Fruͤhling. §. 10. Es iſt ein wunderlich Ding, an dem Kommen des leibli- chen Sommers zweiflet niemand, aber das Werck der neuen Geburt iſt der Vernunfft und verdorbenen Natur unglaͤublich a. Aber o ſchoͤner Himmel! O helles Liecht! daß eine Seel, ſo die Geburts- Weh durchbricht, durch den Zorn in die Sanfftmuth, durch Un- keuſchheit in die Heiligung, durch Geitz in die Liebe Chriſti, durch Aufblaͤhen und eigen Gefallen in die Demuth, durch die Welt und Hoͤll in GOtt, in den Himmel ſich hindurch arbeitet, in der neuen Gnaden-Welt zu ſehen bekommt; Ein Land allda Baͤume voll edle- ſter Fruͤchte hangen; Ach was groſſer Wunder! die ſie nie haͤtten glauben koͤnnen! O nein faſt niemand wills recht glauben! drum ſchmecken wenige ſolche Lieblichkeit; haben lieber Winter und unſtaͤt Wetter, da es mit Suͤnd, Luſt, Forcht, Unruh auf die Seele zu- ſchneyet und regnet; da Catharen und Fluͤſſe fallen von tauſenderley aͤngſtlichen Einbildungen, ſo einem das Leben erſtecken; Ey wer ſollte nicht geluſtig werden uͤber JEſu, als der Sonne durchlaͤuchtige, le- bendigmachende, Seele und Geiſt erquickende Nachfolg, darinn man des vorigen froſtigen Suͤnden-Lebens allgemach vergiſſet. O man- nigfaltige Sommer-Freud b! O daß alle junge Leut im fruͤhen Mor- gen ihrer Jugend hingiengen, in den Cedern-Wald Libanon zu JE- ſu die Seel durchdringende Himmels-Muſic aller Bekehrten da zu- hoͤren c. §. 11. Wohlan ſo mancher bluͤhender und fruchtreicher Baum euch vor die Augen kommt, ſo manche Gedenck-Saͤul, Prediger und Zeugen habt ihr des groſſen Wunderwercks der Bekehrung; ein je- des Blaͤttlein, ein jede Kirſch, Birn, Apfel ſchreyet dich an: Du elende verdorrete Seel, ſchaue die Wunder der ewigen Guͤte, Weiß- heit und Krafft an uns, wie durch einen kleinen Stiehl uns ſo viel Saffts zugefloſſen, daß eine ſo ſchoͤne Frucht aus uns worden, von der Sonn durchſuͤſſet, ausgekochet und gefaͤrbt; Sollte es dann GOTT nicht moͤglich ſeyn dich zu beſafften und lebendig zu machen d, vermeinſt du es ſeye gantz aus mit dir, es ſeye nicht moͤglich, ſolteſt dich wohl vor den Baͤumen ſchaͤmen, ja vor uns allen, die dir ſolch GOttes Macht jaͤhrlich vor Augen ſtellen: Du wirſt noch mit groſ- ſem Luſt einen vollen Weinwachs bekommen e. §. 12. a 1 Cor. II. 14. b Eſai. XXXV. 10. Apoc. XXI. 4. Eſai. LXV. 16-19. Joh. XVI. 22. c Luc. XV. 25. d Num. XVII. 8. e Eſai. XXV. 6. LXV. 14. Zach. IX. 15.

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 374. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/470>, abgerufen am 22.11.2024.