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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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Der geistliche Frühling.
gen Sinn nur Christi Willen und Geist überall in grossen und klei-
nen Dingen zu folgen a, und nur dem süssen Himmel-Thau seiner gna-
den-reichen Einflüssen offen zu seyn; Aber wie bald gerathe ich in fal-
sche Freyheit, daß ich diß und das vor unschädlich achte, da doch
der Schlangen-Angel darunter verstecket ist, ich höre leyder noch all-
zu leicht des Satans Stimm und verstatte ihm den Zutritt das Gu-
te in mir zu schänden, und mich darauf aufs neue zu verklagen, wor-
zu er immer frische Materi findet, ich weiß nicht was es endlich für
ein Ausgang mit mir nehmen wird; Jch hab wohl bißweilen ein Blick-
lein der Hoffnung, JEsu in die Händ zu kommen, und zu bleiben
ewiglich, aber die allzu öfftere Ruckfälle nehmen mir offt allen Muth,
sonderlich weil ich ein ziemlich Alter auf mir hab, ach wäre ich doch
nur noch so und so viel Jahr jünger, daß ich noch Zeit hätte, O hät ich
doch das Böse nicht so tieff einwurtzlen lassen in mir! O wäre ich doch
denen Anfängen der Gnad getreuer geblieben! hätte ich doch steiffer
auf GOtt gemercket, und seinem heiligen Liebes-Zug! wie glückselig
sind doch, die sich in ihren jungen Jahren mit Ernst zu GOtt halten,
wie leicht ists einem jungen Menschen aufzublühen in denen Göttlichen
Verheissungen, und die Gnaden-Quell zu finden; Wie schwär wird
mir die Ruckkehr, nachdem ich im Garten Christi bereits gestanden,
aber mich von Satans Unziefer verderben lassen, wieder zu recht zu
kommen, und den ehmahligen seeligen Stand zu erreichen; Ach daß
ich doch vor ein und allemahl in JEsu Gemeinschafft verschlossen seyn
und bleiben möchte! Aber die heimliche Neigung zu meinen gewohn-
ten Sünden, die sich zu meinem grösten Leydwesen noch immer in mir
reget, macht mich besorgen, ich werde noch jämmerlich fallen, und
gar abgefressen werden und verfaulen.

§. 15. Antwort: Es ist billich, daß du empfindest, was es vorzur Unge-
dult oder
Abfall lei-
ten lassen,

Hertzen-Schmertzen bringe, den HErren verlassen, seinen GOTT
verschmähen, und untreu an seinem Seligmacher werden, und das
so offt: Jndessen soll dir nicht unbekannt seyn, daß JEsus Reich wun-
derbahr gehet ohne Menschen-Hülff, allein in GOttes Krafft b. Wo
sich ein Rößgen zeiget, da will alles an ihm zum Ritter werden, aber
es wird dennoch bleiben im Creutzes-Thal, die Leydens-Dörne ver-

wahrens
a Hebr. III. 14. & 2 Cor. XI.
b 1 Petr. I. 5. 2 Cor IV. 7.

Der geiſtliche Fruͤhling.
gen Sinn nur Chriſti Willen und Geiſt uͤberall in groſſen und klei-
nen Dingen zu folgen a, und nur dem ſuͤſſen Himmel-Thau ſeiner gna-
den-reichen Einfluͤſſen offen zu ſeyn; Aber wie bald gerathe ich in fal-
ſche Freyheit, daß ich diß und das vor unſchaͤdlich achte, da doch
der Schlangen-Angel darunter verſtecket iſt, ich hoͤre leyder noch all-
zu leicht des Satans Stimm und verſtatte ihm den Zutritt das Gu-
te in mir zu ſchaͤnden, und mich darauf aufs neue zu verklagen, wor-
zu er immer friſche Materi findet, ich weiß nicht was es endlich fuͤr
ein Ausgang mit mir nehmen wird; Jch hab wohl bißweilen ein Blick-
lein der Hoffnung, JEſu in die Haͤnd zu kommen, und zu bleiben
ewiglich, aber die allzu oͤfftere Ruckfaͤlle nehmen mir offt allen Muth,
ſonderlich weil ich ein ziemlich Alter auf mir hab, ach waͤre ich doch
nur noch ſo und ſo viel Jahr juͤnger, daß ich noch Zeit haͤtte, O haͤt ich
doch das Boͤſe nicht ſo tieff einwurtzlen laſſen in mir! O waͤre ich doch
denen Anfaͤngen der Gnad getreuer geblieben! haͤtte ich doch ſteiffer
auf GOtt gemercket, und ſeinem heiligen Liebes-Zug! wie gluͤckſelig
ſind doch, die ſich in ihren jungen Jahren mit Ernſt zu GOtt halten,
wie leicht iſts einem jungen Menſchen aufzubluͤhen in denen Goͤttlichen
Verheiſſungen, und die Gnaden-Quell zu finden; Wie ſchwaͤr wird
mir die Ruckkehr, nachdem ich im Garten Chriſti bereits geſtanden,
aber mich von Satans Unziefer verderben laſſen, wieder zu recht zu
kommen, und den ehmahligen ſeeligen Stand zu erreichen; Ach daß
ich doch vor ein und allemahl in JEſu Gemeinſchafft verſchloſſen ſeyn
und bleiben moͤchte! Aber die heimliche Neigung zu meinen gewohn-
ten Suͤnden, die ſich zu meinem groͤſten Leydweſen noch immer in mir
reget, macht mich beſorgen, ich werde noch jaͤmmerlich fallen, und
gar abgefreſſen werden und verfaulen.

§. 15. Antwort: Es iſt billich, daß du empfindeſt, was es vorzur Unge-
dult oder
Abfall lei-
ten laſſen,

Hertzen-Schmertzen bringe, den HErren verlaſſen, ſeinen GOTT
verſchmaͤhen, und untreu an ſeinem Seligmacher werden, und das
ſo offt: Jndeſſen ſoll dir nicht unbekannt ſeyn, daß JEſus Reich wun-
derbahr gehet ohne Menſchen-Huͤlff, allein in GOttes Krafft b. Wo
ſich ein Roͤßgen zeiget, da will alles an ihm zum Ritter werden, aber
es wird dennoch bleiben im Creutzes-Thal, die Leydens-Doͤrne ver-

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a Hebr. III. 14. & 2 Cor. XI.
b 1 Petr. I. 5. 2 Cor IV. 7.
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[351/0447] Der geiſtliche Fruͤhling. gen Sinn nur Chriſti Willen und Geiſt uͤberall in groſſen und klei- nen Dingen zu folgen a, und nur dem ſuͤſſen Himmel-Thau ſeiner gna- den-reichen Einfluͤſſen offen zu ſeyn; Aber wie bald gerathe ich in fal- ſche Freyheit, daß ich diß und das vor unſchaͤdlich achte, da doch der Schlangen-Angel darunter verſtecket iſt, ich hoͤre leyder noch all- zu leicht des Satans Stimm und verſtatte ihm den Zutritt das Gu- te in mir zu ſchaͤnden, und mich darauf aufs neue zu verklagen, wor- zu er immer friſche Materi findet, ich weiß nicht was es endlich fuͤr ein Ausgang mit mir nehmen wird; Jch hab wohl bißweilen ein Blick- lein der Hoffnung, JEſu in die Haͤnd zu kommen, und zu bleiben ewiglich, aber die allzu oͤfftere Ruckfaͤlle nehmen mir offt allen Muth, ſonderlich weil ich ein ziemlich Alter auf mir hab, ach waͤre ich doch nur noch ſo und ſo viel Jahr juͤnger, daß ich noch Zeit haͤtte, O haͤt ich doch das Boͤſe nicht ſo tieff einwurtzlen laſſen in mir! O waͤre ich doch denen Anfaͤngen der Gnad getreuer geblieben! haͤtte ich doch ſteiffer auf GOtt gemercket, und ſeinem heiligen Liebes-Zug! wie gluͤckſelig ſind doch, die ſich in ihren jungen Jahren mit Ernſt zu GOtt halten, wie leicht iſts einem jungen Menſchen aufzubluͤhen in denen Goͤttlichen Verheiſſungen, und die Gnaden-Quell zu finden; Wie ſchwaͤr wird mir die Ruckkehr, nachdem ich im Garten Chriſti bereits geſtanden, aber mich von Satans Unziefer verderben laſſen, wieder zu recht zu kommen, und den ehmahligen ſeeligen Stand zu erreichen; Ach daß ich doch vor ein und allemahl in JEſu Gemeinſchafft verſchloſſen ſeyn und bleiben moͤchte! Aber die heimliche Neigung zu meinen gewohn- ten Suͤnden, die ſich zu meinem groͤſten Leydweſen noch immer in mir reget, macht mich beſorgen, ich werde noch jaͤmmerlich fallen, und gar abgefreſſen werden und verfaulen. §. 15. Antwort: Es iſt billich, daß du empfindeſt, was es vor Hertzen-Schmertzen bringe, den HErren verlaſſen, ſeinen GOTT verſchmaͤhen, und untreu an ſeinem Seligmacher werden, und das ſo offt: Jndeſſen ſoll dir nicht unbekannt ſeyn, daß JEſus Reich wun- derbahr gehet ohne Menſchen-Huͤlff, allein in GOttes Krafft b. Wo ſich ein Roͤßgen zeiget, da will alles an ihm zum Ritter werden, aber es wird dennoch bleiben im Creutzes-Thal, die Leydens-Doͤrne ver- wahrens zur Unge- dult oder Abfall lei- ten laſſen, a Hebr. III. 14. & 2 Cor. XI. b 1 Petr. I. 5. 2 Cor IV. 7.

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 351. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/447>, abgerufen am 22.11.2024.