daß kein Platz mehr übrig sey für den Zorn, Verdruß als gar zu bittere herbe Jngredientzien, die dem Werck als der Frucht so eine unangenehme Kust geben, daß, so bald sie den Gaumen JEsu nur berührt, sie alsofort von ihme ausgespeyt wird, und eitel verdorbe- ne Arbeit ist. Es sollte aber wohl zu weitläuffig werden hier ferner zu reden von Gütigkeit, Gerechtigkeit, Wahrheit, Fried, Freud, Keuschheit, Langmüthigkeit, Freundlichkeit als der Feigen-Bäum ihren Früchten; was nehmlich das herbe bittere darinn sey, wie und durch welcherley Weg das ausgetrieben, geheilet und mit Göttlicher JEsus-Süsse durchwürtzt werde, so daß JESUS seine Heil-Art und Natur durchaus darinn finde.
Die Früch- ten wircket GOTT.
§. 5. Es gehet unzehlich vieles in den Gedancken vor, und die Treu unsers HErrn JEsu Christi ist so groß, daß er so bald die feindseligen Kräfften Belials offenbahret, einen Streit dargegen im Menschen erreget, nach seiner Gnaden Einflüssen schreyen macht, dardurch eben die Eingäng der Seelen den balsamischen Geistes Säfften geöffnet und darvon angefüllt werden, alles durch die kräffti- ge Fürbitt des grossen Hohenpriesters bey dem himmlischen Vatter, der diese edle Bäum gepflantzet zum Lob der Herrlichkeit seiner Gnad; darinn wird mein Vatter geehret, daß ihr viel Frucht bringet a, denn werdet ihr meine Jünger seyn, welche Früchte auch der Näch- ste kan essen, sintemahl ein seeliger Liebes-Wandel tüchtig ist den Nächsten GOtt zu gewinnen b, und o! der wunderbaren Liebe Chri- sti was seine langmüthige Gnad durch unzehliche Liebes-Strahle und viel Gedult und Güte aus dürren, bitteren verdorbenen Sündern hervor gezogen, das schreibt er ihnen zu, als hätten sie es ausge- richtet; Ach wo hätte der wüste Stoder oder Strumpf die Gewürtze wollen hernehmen, wann sie nicht von oben her kommen wäre. Wann GOtt zeucht so geht der Mensch, wann er würckt das Wollen und Vollbringen, so würckt der Mensch seine Seeligkeit, wann er sein Angesicht leuchten lasset und Augen und Hertz aufthut, so schauet der Mensch Christi Schönheit und erlustiget sich in seiner Herrlichkeit, wann er das Hertz wie Wachs zerschmeltzt, und sein Bild drein drucket so scheinet es hell am Menschen, wann er der Seele den Mund und Appetit nach dem Brod und Wein des Lebens wieder-
kommen
aJoh. XV. 8.
b 1 Petr. III. 1.
Der geiſtliche Fruͤhling.
daß kein Platz mehr uͤbrig ſey fuͤr den Zorn, Verdruß als gar zu bittere herbe Jngredientzien, die dem Werck als der Frucht ſo eine unangenehme Kuſt geben, daß, ſo bald ſie den Gaumen JEſu nur beruͤhrt, ſie alſofort von ihme ausgeſpeyt wird, und eitel verdorbe- ne Arbeit iſt. Es ſollte aber wohl zu weitlaͤuffig werden hier ferner zu reden von Guͤtigkeit, Gerechtigkeit, Wahrheit, Fried, Freud, Keuſchheit, Langmuͤthigkeit, Freundlichkeit als der Feigen-Baͤum ihren Fruͤchten; was nehmlich das herbe bittere darinn ſey, wie und durch welcherley Weg das ausgetrieben, geheilet und mit Goͤttlicher JEſus-Suͤſſe durchwuͤrtzt werde, ſo daß JESUS ſeine Heil-Art und Natur durchaus darinn finde.
Die Fruͤch- ten wircket GOTT.
§. 5. Es gehet unzehlich vieles in den Gedancken vor, und die Treu unſers HErrn JEſu Chriſti iſt ſo groß, daß er ſo bald die feindſeligen Kraͤfften Belials offenbahret, einen Streit dargegen im Menſchen erreget, nach ſeiner Gnaden Einfluͤſſen ſchreyen macht, dardurch eben die Eingaͤng der Seelen den balſamiſchen Geiſtes Saͤfften geoͤffnet und darvon angefuͤllt werden, alles durch die kraͤffti- ge Fuͤrbitt des groſſen Hohenprieſters bey dem himmliſchen Vatter, der dieſe edle Baͤum gepflantzet zum Lob der Herrlichkeit ſeiner Gnad; darinn wird mein Vatter geehret, daß ihr viel Frucht bringet a, denn werdet ihr meine Juͤnger ſeyn, welche Fruͤchte auch der Naͤch- ſte kan eſſen, ſintemahl ein ſeeliger Liebes-Wandel tuͤchtig iſt den Naͤchſten GOtt zu gewinnen b, und o! der wunderbaren Liebe Chri- ſti was ſeine langmuͤthige Gnad durch unzehliche Liebes-Strahle und viel Gedult und Guͤte aus duͤrren, bitteren verdorbenen Suͤndern hervor gezogen, das ſchreibt er ihnen zu, als haͤtten ſie es ausge- richtet; Ach wo haͤtte der wuͤſte Stoder oder Strumpf die Gewuͤrtze wollen hernehmen, wann ſie nicht von oben her kommen waͤre. Wann GOtt zeucht ſo geht der Menſch, wann er wuͤrckt das Wollen und Vollbringen, ſo wuͤrckt der Menſch ſeine Seeligkeit, wann er ſein Angeſicht leuchten laſſet und Augen und Hertz aufthut, ſo ſchauet der Menſch Chriſti Schoͤnheit und erluſtiget ſich in ſeiner Herrlichkeit, wann er das Hertz wie Wachs zerſchmeltzt, und ſein Bild drein drucket ſo ſcheinet es hell am Menſchen, wann er der Seele den Mund und Appetit nach dem Brod und Wein des Lebens wieder-
kommen
aJoh. XV. 8.
b 1 Petr. III. 1.
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Der geiſtliche Fruͤhling.
daß kein Platz mehr uͤbrig ſey fuͤr den Zorn, Verdruß als gar zu
bittere herbe Jngredientzien, die dem Werck als der Frucht ſo eine
unangenehme Kuſt geben, daß, ſo bald ſie den Gaumen JEſu nur
beruͤhrt, ſie alſofort von ihme ausgeſpeyt wird, und eitel verdorbe-
ne Arbeit iſt. Es ſollte aber wohl zu weitlaͤuffig werden hier ferner
zu reden von Guͤtigkeit, Gerechtigkeit, Wahrheit, Fried, Freud,
Keuſchheit, Langmuͤthigkeit, Freundlichkeit als der Feigen-Baͤum
ihren Fruͤchten; was nehmlich das herbe bittere darinn ſey, wie und
durch welcherley Weg das ausgetrieben, geheilet und mit Goͤttlicher
JEſus-Suͤſſe durchwuͤrtzt werde, ſo daß JESUS ſeine Heil-Art
und Natur durchaus darinn finde.
§. 5. Es gehet unzehlich vieles in den Gedancken vor, und die
Treu unſers HErrn JEſu Chriſti iſt ſo groß, daß er ſo bald die
feindſeligen Kraͤfften Belials offenbahret, einen Streit dargegen im
Menſchen erreget, nach ſeiner Gnaden Einfluͤſſen ſchreyen macht,
dardurch eben die Eingaͤng der Seelen den balſamiſchen Geiſtes
Saͤfften geoͤffnet und darvon angefuͤllt werden, alles durch die kraͤffti-
ge Fuͤrbitt des groſſen Hohenprieſters bey dem himmliſchen Vatter,
der dieſe edle Baͤum gepflantzet zum Lob der Herrlichkeit ſeiner Gnad;
darinn wird mein Vatter geehret, daß ihr viel Frucht bringet a,
denn werdet ihr meine Juͤnger ſeyn, welche Fruͤchte auch der Naͤch-
ſte kan eſſen, ſintemahl ein ſeeliger Liebes-Wandel tuͤchtig iſt den
Naͤchſten GOtt zu gewinnen b, und o! der wunderbaren Liebe Chri-
ſti was ſeine langmuͤthige Gnad durch unzehliche Liebes-Strahle und
viel Gedult und Guͤte aus duͤrren, bitteren verdorbenen Suͤndern
hervor gezogen, das ſchreibt er ihnen zu, als haͤtten ſie es ausge-
richtet; Ach wo haͤtte der wuͤſte Stoder oder Strumpf die Gewuͤrtze
wollen hernehmen, wann ſie nicht von oben her kommen waͤre. Wann
GOtt zeucht ſo geht der Menſch, wann er wuͤrckt das Wollen und
Vollbringen, ſo wuͤrckt der Menſch ſeine Seeligkeit, wann er ſein
Angeſicht leuchten laſſet und Augen und Hertz aufthut, ſo ſchauet der
Menſch Chriſti Schoͤnheit und erluſtiget ſich in ſeiner Herrlichkeit,
wann er das Hertz wie Wachs zerſchmeltzt, und ſein Bild drein
drucket ſo ſcheinet es hell am Menſchen, wann er der Seele den
Mund und Appetit nach dem Brod und Wein des Lebens wieder-
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a Joh. XV. 8.
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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 326. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/422>, abgerufen am 22.11.2024.
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